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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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zurück zu der Tür, die mit einem Holzriegel verschlossen war. Sie hob den Riegel hoch und schob die Tür auf.
    Sie trat in einen lang gezogenen Raum mit niedriger Decke und nur einem einzigen kreisrunden Fenster an der gegenüberliegenden Wand.
    »Na klar!« Tania erinnerte sich, wie sie von draußen durch dieses Fenster geblickt hatte. Das war der Raum, in dem sie die einsame Gestalt gesehen hatte.
    Tania ging weiter und ihre Schritte hallten auf dem Holzfußboden. Die Wände und Decke waren verrußt. Plötzlich glaubte Tania, Umrisse im Halbdunkel zu sehen. Sie blieb stehen und starrte angestrengt auf eine Stelle an der Wand. Sie hätte schwören können, dort ein groteskes Gesicht gesehen zu habe n – doch da war nichts. Gleich darauf bemerkte sie aus den Augenwinkeln ein weiteres Gesicht an einer anderen Stelle.
    Der verzerrte Mund bewegte sich und eine dünne, schrille Stimme ertönte: »Der Narr, der diesen Raum betritt, wird sterbe n – die Krähen kratzen dir die fauligen Augen aus.«
    Tania fuhr herum, doch da verschwand das Gesicht.
    Aber kurz darauf erschien ein anderes Gesicht, das finstere Grimassen zog und mit durchdringender Stimme rief: »Verschwinde von hier, solange du noch kannst. Denn wenn du bleibst, wird dir das Blut in den Adern gerinnen.«
    Panisch drehte Tania sich um, doch wieder sah sie nichts.
    Sie holte tief Luft und nahm ihren ganzen Mut zusammen. »Ich habe keine Angst vor euch!«, sagte sie und hoffte, dass sie furchtloser klang, als sie sich fühlte. »Entweder zeigt ihr euch oder ihr haltet gefälligst die Klappe und lasst mich in Ruhe!«
    Ein geisterhaftes Gelächter ertönte. Immer mehr grauenhafte Gesichter erschienen, lösten sich aber auf, sobald Tania direkt hinsah.
    Sie hielt kurz innen und ging dann auf das runde Fenster zu.
    Bösartige Augen starrten sie mit finsteren Mienen an und grinsten höhnisch von Wänden und Decke. Zischend und knirschend stießen sie ihre schauderhaften Drohungen aus.
    Als Tania unbeschadet das Fenster erreichte, fasste sie neuen Mut: Sie war überzeugt, dass die verzerrten Gesichter, die sie finster von allen Seiten anglotzten und ihr lauter grausame Dinge androhten, nicht in der Lage waren, ihr wirklich etwas anzutun. Wahrscheinlich dienten sie als eine Art mystischer Schutz, um Unbefugte abzuschrecken. Nun, Oberons siebte Tochter ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen.
    Endlich stand sie direkt vor dem runden Fenster, das so breit war wie ihre ausgestreckten Arme. Der untere Rand befand sich auf Taillenhöhe. Sie versuchte zu erkennen, welches Muster die rußigen, von Blei eingefassten bunten Glasscheiben ergaben. Sie konnte sogar die hellere Stelle in der Scheibe ausmachen, die sie am Vortag von draußen sauber gewischt hatte.
    Während sie dort stand, bemerkte sie plötzlich ein Leuchten, das von einem kleinen hellen Punkt auszugehen schien und langsam größer wurde.
    Überrascht trat Tania zurück. Dann wurde ihr klar, was es war: Die Sonne war über das Palastdach gewandert und stand jetzt so hoch, dass ihre Strahlen den Hof erreichten. Tania lächelte. Durch das Sonnenlicht sah man den Ruß und Schmutz jetzt kaum noch und die Glasscheiben erstrahlten in leuchtenden Farben.
    Nun erkannte Tania auch das Muster: Es war ein vielfarbiges Labyrinth aus Glas, das so hell strahlte, dass es blendete und sie kaum hinsehen konnte.
    Auf einmal erklangen Stimmen hinter dem Fenster.
    »Hey, Christina! Mach mal ’n Foto von mir hier!«
    »Laut dem Plan ist das hier der Brunnenhof. Das heißt, die Tudor-Küche muss da lang sein.«
    »Die Bahnen fahren alle halbe Stunde von der Hampton-Court-Station weg, wir haben also alle Zeit der Welt.«
    »Was für ein herrlicher Tag! Wir haben echt Glück mit dem Wetter bis jetzt.«
    Tania trat näher ans Fenste r – das Geplapper kam nicht aus dem Elfenreich.
    Sie schirmte die Augen gegen das grelle Licht ab und blickte durch das Fenster. Der Hof sah verändert aus. Statt des Kopfsteinpflasters war da jetzt gepflegter Rasen und anstelle des Brunnens gab es ein breites Steinbecken, aus dem Wasserfontänen in die Höhe schossen. Wo die Mauern des Elfenpalastes gestanden hatten, befanden sich jetzt verzierte Kreuzgänge und Gebäude mit hohen Fenstern und dekorativen weißen Ornamenten in den Backsteinmauern.
    Menschen in Jeans, mit Rucksäcken, Kameras und Baseball-Kappen tummelten sich im Hof.
    Tania blickte auf die Welt der Sterblichen.
    Ihr Herz setzte einen Moment lang aus. Sie legte die Finger ans

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