Elfenschiffe (Mithgar 03)
könnte er Jinnarin sehen, und er hat keinen Eid der Geheimhaltung geleistet.«
Aravan nickte und wandte sich an die Pysk. »Lady Jinnarin, ich schlage vor, dass Ihr und Euer Fuchs ein Versteck aufsucht – unter Deck.«
»Aber ich will mir das ansehen, Aravan.«
»Sofort, Pysk…«, sagte Alamar bestimmt.
»Hört her, Rux und ich verstecken uns unter einem der Beiboote.«
»Pysk…«
Jinnarin stampfte mit dem Fuß auf. »Nein, Alamar. Ihr könnt gerne nach unten gehen, wenn Ihr uns hier nicht sehen wollt, aber Rux und ich bleiben oben. Wir verstecken uns, aber wir bleiben oben.«
Alamar sah Aravan an und zuckte die Achseln, als wolle er sagen, Ich habe mein Möglichstes getan.
Der Insasse des Boots kletterte die Strickleiter empor und schwang sich über die Reling.
Im Schatten unter einem der Beiboote hielt Jinnarin den Atem an, denn es handelte sich um eine Frau, gertenschlank und in braunes Leder gehüllt. Ihre hellbraunen Haare waren schulterlang und schienen im hellen Sonnenlicht mit rotbraunen Funken durchwirkt zu sein. Ihre Hautfarbe war hell und weiß, bis auf ein paar Sommersprossen hoch oben auf den Wangen, und die Augen waren grün und golden gesprenkelt. Und sie war groß: Ihr Kopf reichte Aravan bis zu dessen verblüfft dreinschauenden Augen.
Was das Volk betraf, dem sie entstammte, so wurde ihre Herkunft rasch ersichtlich, denn kaum war sie an Bord, wandte sie sich dem Magier Alamar zu.
»Vater«, sagte sie mit sehr weicher Stimme.
»Aylis«, erwiderte er und umarmte sie.
10. Kapitel
DIE SEHERIN
Frühherbst, 1E9574
[Die Gegenwart]
Während Aylis die Umarmung ihres Vaters erwiderte, weiteten sich ihre Augen voller Staunen, denn über die Schulter des alten Mannes sah sie eine winzige, zwölf Fingerbreit große Frau auf sich zukommen, an deren Seite ein Fuchs schritt.
»Eine Pysk!«, rief sie erstaunt und löste sich von ihrem Vater, um ihn voller Verwunderung anzusehen. »Vater, ich wusste wohl, dass du in seltsamer Gesellschaft unterwegs bist, aber eine Pysk?«
Alamar drehte sich um. »Tochter, das ist Jinnarin, die Gemahlin von Farrix, der mich vor dem Eber gerettet hat.«
Aylis kniete nieder und streckte mit einem strahlenden Lächeln die Hand aus. »Jinnarin.«
Die Pysk berührte federleicht Aylis’ Handfläche. »Ich habe schon von Euch gehört, Aylis.«
Aylis warf ihrem Vater einen Blick zu und wandte sich dann lächelnd wieder an die Pysk. »Es würde mich nicht wundern, wenn er Euch alle möglichen Geschichten über meinen Eigensinn erzählt hat.«
»O nein«, erwiderte Jinnarin vollkommen ernst. »Er hat Euch sehr gern, müsst Ihr wissen.«
Aylis nickte. »Ja, das weiß ich«, sagte sie leise.
»Ahem«, räusperte Alamar sich sehr laut. »Tochter…«
Aylis grinste und erhob sich. »Ja, Vater.«
»Ich möchte dir Kapitän Aravan vorstellen.«
Aylis drehte sich zu Aravan um, ihre grünen Augen schauten in seine blauen, und plötzlich stieg Farbe in ihre Wangen, und sie schien weder reden noch atmen zu können.
»Seid Ihr wohlauf, Lady?«, fragte Aravan, der vortrat und ihre Hand ergriff, um sie zu stützen. Als ihre Finger sich berührten, sprang ein Funke zwischen ihnen über, der sowohl Aravan als auch Aylis zusammenfahren ließ. Dennoch behielt er ihre Hand in seiner, und Aylis, die ihre Röte allmählich verlor, grinste ihn an und sagte: »Absolut, Kapitän. Es ist nur so, dass ich nicht mit… Euch gerechnet habe.«
Aravan zog die Augenbrauen in die Höhe, und Aylis errötete erneut. »Ich meine…«, begann sie und dann schienen ihr die Worte zu fehlen, und sie wandte verlegen den Blick ab, obwohl sie keinen Versuch unternahm, ihm ihre Hand zu entziehen.
Alamar sah plötzlich aus, als dämmere ihm etwas, und er fing an zu kichern, und schließlich lachte er lauthals und vergnügt.
Jinnarin sah den Alten verwirrt an. »Was ist denn los, Alamar? Was ist denn so lustig?«
Immer noch glucksend, hob er einen Finger an die Lippen und schaute zu Jinnarin herab. »Nichts, Pysk. Gar nichts. Oder vielleicht doch – ein silberner Spiegel…«
Aylis ließ Aravans Hand fallen wie glühende Kohle, fuhr herum und sagte scharf: »Vater!«
Alamars Stimme senkte sich zu einem lauten Flüstern. »Wir reden später darüber, Pysk.«
In diesem Augenblick trat Jatu neben Aravan. »Kapitän, ich habe befohlen, das Boot der Lady an Bord zu holen. Die Männer legen gerade den Mast um. Wir können in Kürze weitersegeln.«
Aravan nickte. »Lady Aylis, das ist mein
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