Elfenschwestern
hatte benutzen hören. „Um ihn.“
Lily schüttelte halbherzig den Kopf. „Du verstehst nicht …“
„Doch“, sagte er. „Das tue ich. Genau wie alle anderen auch.“
Er machte eine lässig ausholende Handbewegung und Lily wurde sich dessen bewusst, dass der ganze Jagdtrupp sie in Jolyons Armen gesehen hatte. Schlimmer noch, dass alle Zeugen ihres hysterischen Anfalls gewesen waren. Lily wurde rot, sie wusste selbst nicht, ob vor Scham, Angst oder Wut. Wahrscheinlich ist es alles zusammen, dachte sie. Aber damit ist jetzt Schluss. Wir sind aufgeflogen. Die Scharade ist vorbei.
„Alistair!“, sagte sie zwischen Erleichterung und Panik schwankend. „Ich muss mit dir reden.“
„Oh, ich glaube, das ist überflüssig, liebe Tigerlily. Du hast mich ja ganz schön an der Nase herumgeführt.“ Er lachte humorlos. „Darf ich dir noch einmal sagen, was ich dir schon oft gesagt habe? Das ist mir noch nie passiert!“
Lily ließ Jolyon los und trat dicht vor den jungen Fey. „Alistair“, sagte sie so leise, dass wirklich nur er sie hören konnte. „Ich habe nicht gelogen. Ich mag dich wirklich. Nur“, sie schluckte, „ich bin nicht verliebt in dich.“
„Ja“, sagte er kalt. „Das habe ich jetzt auch verstanden.“ Er hob den Blick und sah über Lilys Kopf hinweg Jolyon an. „Küssen lassen hat sie sich trotzdem, mein Freund. Willst du Einzelheiten?“
Lily wusste, ohne dass sie es sehen musste, wie der eine Muskel in Jolyons Wange zuckte.
Alistair lächelte böse.
„Mach das nicht“, bat Lily ihn. „Jol kann doch nichts dafür, dass ich ihn liebe.“
Alistair zuckte zusammen.
Emma sog hörbar den Atem ein und Rose seufzte tief.
Oh, dachte Lily erschüttert. Das habe ich so jetzt eigentlich nicht sagen wollen.
Ihr war klar, sie musste sich hier mit Alistair auseinandersetzen, aber sie hielt es nicht aus, nicht zu wissen, wie Jolyon auf ihr unbeabsichtigtes Geständnis reagierte. Vorsichtig wandte sie den Kopf und linste über die Schulter zu ihm hinüber.
Jolyon hatte die Hände im Nacken verschränkt und schaute sie mit einem breiten Grinsen an. Als sich ihre Blicke trafen, senkte er kurz den Kopf, bevor er sie unter seinem zerzausten dunklen Haar hervor wieder ansah. Und sein Grinsen noch breiter wurde.
Lily spürte, wie sich ihre Lippen zu einem Spiegelbild seines Grinsens verzogen.
„Ich sag es doch“, sagte Rose gelangweilt. „Ihr seid so niedlich, dass einem ganz anders werden kann.“
„Rose“, zischte Lily, sofort ernüchtert, und drehte sich schnell wieder zu Alistair um.
Der junge Earl war fast krankhaft bleich.
„Es tut mir leid“, flüsterte Lily schuldbewusst. „Ehrlich! Ich wollte das alles nicht.“
Alistair versuchte ein weiteres höhnisches Lachen, doch es geriet etwas wackelig. „Habe ich dich vielleicht gezwungen, mich zu küssen?”
„Nein“, sagte sie ernst. „Aber dein Vater hat.“
Er fuhr zurück.
Es war offensichtlich, dass er das nicht erwartet hatte.
„Tut mir leid“, wiederholte Lily. „Er hat gesagt …“ Wie formulierte sie das bloß, damit es nicht ganz so schlimm klang? „Er hat gesagt, er findet, wir gäben ein gutes Paar ab. Und …“ Es gab keine Möglichkeit, das, was jetzt kam, schönzureden. „Und wenn ich uns keine Chance gäbe, dann sähe ich Grayson nie wieder.“
„Du lügst“, flüsterte Alistair.
„Warum sollte sie?“, fragte Jolyon ruhig.
„Du hältst dich da raus!“ Alistair war plötzlich wieder der Jäger. Die schwarzen Augen brennend vor Wut, das helle Haar wild über seiner Stirn, der Körper gespannt.
Lily legte beide Hände flach auf seine Brust. „Alistair“, sagte sie nur.
Als er sie ansah, erkannte sie für einen Moment den Alistair, den sie mochte, den charmanten jungen Mann, der seine mitfühlende Seite hinter gedankenlosem Gebaren verbarg. Dann blinzelte er und der zornige Fey stand wieder vor ihr. Er holte mit einer Faust aus, als wolle er zuschlagen.
„Du rührst sie nicht an“, sagte Jolyon scharf. „Aber mich darfst du schlagen. Einmal. Dann schlage ich zurück.“
Lily fühlte Alistair beben wie ein Tier. Seiner Brust entrang sich ein zittriges Lachen. Er ließ den Arm sinken. „Nein. Du bist es nicht wert, Mensch. Ihr beide seid es nicht wert.“
Damit machte er auf dem Absatz kehrt und stapfte durch den Schnee zu seinem Pferd.
„Das war unschön“, kommentierte Constance mit etwas wackeliger Stimme aus dem Hintergrund.
„Aber aufschlussreich“, fügte Penelope hinzu.
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