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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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schnell, dann immer langsamer. Lilys Lider wurden schwer. Das dünne Dezemberlicht schwand schon, als ihr die Augen zufielen.
    Erst die ins Schloss fallende Wohnungstür schreckte Lily auf. Jemand knipste das Licht an.
    „Rose!“, rief Kate erstaunt vom Türrahmen her. Schüttelte den Kopf und sagte mehr zu sich selbst als zu ihren Töchtern: „Ich hätte es wissen müssen.“ Sie trat nicht näher, als sie erklärte: „Es war lieb von dir zu kommen, Rose. Aber du hättest das nicht tun sollen. Ich will, dass ihr beide, sobald es geht, zurück nach Pipers Corner fahrt. Heute nicht, es ist schon dunkel. Morgen früh also.“
    „Waaas?“ Rose schoss von der Matratze hoch, die Haare knisternd, die Hände zu Krallen gekrümmt. Ein gewecktes Raubtier, das die Zähne zeigt. „Er ist unser Bruder!“, schrie sie. „Wie kannst du erwarten, dass wir ihn im Stich lassen?“
    Ein Zittern lief über Kates Züge, aber dann war ihr Gesicht wieder so unbewegt wie zuvor. „Sei nicht albern, Rose“, sagte sie kühl.
    Lily spürte, wie sich eine Kluft zwischen ihnen auftat, so deutlich, als hätten die Dielenbretter sich verschoben. Sie erinnerte sich an den Geruch von Einsamkeit und Verzweiflung, der vergangene Nacht durch ihre Träume geweht war.
    „Sind wir schuld?“
    Kate zuckte zurück, als habe sie einen Schlag erhalten. Und doch war es diese Frage Lilys, die eine Brücke schlug über den Abgrund zwischen Mutter und Töchtern.
    „Nein“, stieß Kate hervor, trat hastig zu ihnen ans Bett und ließ sich zwischen ihre Kinder sinken. „Lily! Wie kannst du so etwas denn nur denken?“
    Lily antwortete nicht, Rose tat es. „Na, wieso wohl?“, gab sie bitter zurück. „Die Fey haben unseren Bruder geholt. Wir sind Fey. Wie können wir da nicht drinhängen?“
    „Mit euch beiden hat die Sache nichts zu tun“, sagte Kate heftig. „Und ich will auch, dass das so bleibt, versteht ihr?“
    Die Schwestern sahen sich an.
    „Nein“, sagte Rose. „Wir verstehen kein Wort. Wir verstehen dich nicht. Das macht uns ja so verrückt.“
    „Ich will, dass ihr in Sicherheit seid“, rief Kate gequält aus. Die starre Maske zersprang und Lily sah die Angst ihrer Mutter dahinterliegen.
    „Mummy“, flüsterte sie.
    Und jetzt endlich nahm Kate sie in die Arme. Lily atmete ihren altbekannten Duft ein und hätte vor Erleichterung fast geweint. Wenn wir zusammenhalten, dachte sie, stehen wir das durch. Lily vergrub ihr Gesicht an Kates Schulter, presste die Wange in den Kaschmir, der noch die Erinnerung an Kates Parfüm trug, vermischt mit einer ungewohnt süßlich-herben Note.
    „Ihr seid meine Töchter“, murmelte Kate in Lilys wirren Schopf. „Und ich liebe euch so, wie ihr seid.“ Sie streckte einen Arm nach Rose aus, und wie schon früher als kleines Mädchen kam Rose der Aufforderung nur langsam, fast widerwillig nach, schmiegte sich dann aber eng an Mutter und Schwester. „Ich habe eurem Vater eine Menge vorgeworfen, als er ging“, sagte Kate über ihre aneinandergelehnten Köpfe hinweg. „Aber nie, dass er ein Sohn des Elfenvolkes ist und ihr seine Kinder seid.“
    Lange saßen sie so. Kate in der Mitte, die Schwestern links und rechts. Schließlich seufzte Kate und murmelte: „Meine Mädchen.“ Sie löste sich mit einem traurigen Lächeln aus ihren Umarmungen, stand auf und holte ihr schlichtes schwarzes Cocktailkleid aus dem Schrank.
    „Was ist denn jetzt los?“, fragte Rose aufgeschreckt. „Willst du noch weg?“
    Kate hängte ihr Kleid außen an die Schranktür und begann, sich aus ihren Sachen zu schälen.
    „Mum?“, bohrte Rose. „Warum machst du dich schick? Hast du etwa ein Date?“
    Kate wirbelte in ihrer Unterwäsche herum. „Nein, natürlich nicht.“
    „Sondern?“
    Kate kämpfte sich mit geübten Handgriffen in dünne Nylonstrümpfe, streifte sich ihr kleines Schwarzes über den Kopf, zog es über die Hüften nach unten und zupfte es zurecht. „Lily?“, sagte sie bittend und drehte ihrer Tochter den Rücken mit dem offen stehenden Reißverschluss zu.
    Fast mechanisch stand Lily auf. Sie hörte das Fauchen ihrer Schwester, griff aber trotzdem nach dem Zipper und zog ihn vor-sichtig nach oben. Stück für Stück verschwand Kates Rücken, noch braun gebrannt von den letzten Spätsommertagen, in denen Kate hinter dem Cottage im Bikinioberteil und abgeschnittenen Jeans Äpfel gepflückt und Kartoffeln ausgegraben hatte. Ihre Haut war vielleicht nicht mehr so straff wie Roses, aber samtweich. Mit

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