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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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sich vor, um die Bilder betrachten zu können, die er daneben an die Wand gepinnt hatte.
    Es waren jede Menge Postkarten, manche weit gereist und lange aufbewahrt, wie es schien. Gemäldereproduktionen klebten neben Urlaubsgrüßen und mittendrin hing, halb verdeckt, eine Fotografie. Sie zeigte Jolyon, braun gebrannt, mit etwas längeren Haaren, wie er auf jemanden hinunterlächelte. Lily legte vorsichtig einen Finger auf das Bild und drehte es ein wenig um den Pinn, der in der oberen rechten Ecke steckte. Jetzt sah sie das Motiv der zweiten Bildhälfte, ein Mädchen, das in Jolyons Arm lehnte. Brünett, hübsch und ihn mit solcher Hingabe anschmachtend, dass es Lily ganz anders wurde.
    Sie ließ das Foto los, als habe sie sich verbrannt. Es rutschte mit so viel Schwung zurück, dass der Stecker sich löste und samt Bild zu Boden fiel. Lily unterdrückte einen Fluch. Blitzschnell ging sie in die Knie, schnappte sich erst das Foto, dann den Pinn.
    War es die Form oder die Farbe, die ihre Aufmerksamkeit weckte? Lily starrte auf das, was sie da in der Hand hielt. Das Ende einer langen silbernen Nadel zierte ein rundes Wappen, eine in Gold gefasste Emaillearbeit, die eine stilisierte Blüte mit weißen und roten Blütenblättern zeigte. Eine Rose.
    Lily musste sich an der Schreibtischkante festhalten, um nicht umzufallen. Die zweite Rose innerhalb weniger Stunden. War das ein Zufall? Konnte das ein Zufall sein? Mit zitternden Fingern steckte Lily das Bild zurück an seinen Platz.
    „Du bewegst dich wirklich wie auf Katzenpfoten“, sagte eine Stimme hinter ihr.
    Lily wirbelte herum.
    Jolyon lag auf der Seite, den Kopf mit seinem strubbeligen Haar in eine Hand gestützt, und beobachtete sie. Die andere Hand streckte er jetzt nach ihr aus. „Komm her, Tiger.“
    Lily sah, wie sich seine langen, geschmeidigen Muskeln bei der Bewegung unter der Haut streckten und zusammenzogen. Wie sich sein T-Shirt über dem Bizeps des anderen Arms spannte. Sie wich etwas zurück.
    Er lächelte. „Bitte.“
    In seinen stahlblauen Augen tanzte wieder dieser Funke. Und unwillkürlich tat Lily zwei Schritte auf ihn zu.
    Zwei Schritte waren in dem kleinen Zimmer genug, um sie in Reichweite zu bringen. Jolyon langte nach ihr, schlang blitzschnell seinen Arm um Lilys Mitte und zog sie an sich. Nur einen Augenblick später fand sich Lily gegen seine Brust gepresst. Er grinste sie an, sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt.
    „Guten Morgen, Tigermädchen“, murmelte er.
    Lily konnte nichts sagen, nichts tun. Erst als Jolyon seine Stirn an ihre lehnte, kehrte die Energie in sie zurück. Lily stemmte die Hände gegen seine Brust.
    Er ließ sie sofort los.
    Lily kletterte aus dem Bett und schnappte sich ihre Stiefel. „Ich muss gehen“, sagte sie, während sie den ersten überzog.
    „Warte, Lily.“
    Lily stieg in den zweiten Stiefel.
    „Wie geht es dir denn?“
    Bei der Frage schnellte ihr Kopf hoch. „Keine Ahnung“, antwortete sie, ohne nachzudenken. „Aber Rose kommt bald.“
    Jolyon studierte ihr Gesicht. „Okay“, sagte er dann. Er schwang die langen Beine über die Bettkante und war mit nur einem Schritt an seinem Schreibtisch. Er schob Papiere zur Seite, griff nach einem Kugelschreiber und kritzelte drauflos.
    Lily schlüpfte in ihren Dufflecoat.
    „Hier.“ Er nahm ihre Hand, legte einen Zettel hinein und schloss ihre Finger darum. „Für dich. Ruf an, wenn du mich brauchst, in Ordnung?“
    Sie stopfte den Zettel in ihre Manteltasche. „In Ordnung.“
    Er sah erleichtert aus. Und umwerfend.
    Einem Impuls folgend beugte Lily sich vor und streifte seine Wange mit den Lippen.
    Sie kribbelten noch, als Lily in großen Sätzen den Flur entlanghastete, die Stufen hinuntersprang und sich dabei fragte, was sie von dem jungen Mann dort oben eigentlich halten sollte.
    Lily brauchte all ihre Selbstbeherrschung, um Kates Wohnung betreten zu können. Als sie es endlich geschafft hatte, riss sie die Fenster auf. Sie wollte auch den letzten Hauch der nächtlichen Eindringlinge vertreiben. Während die eisige Dezemberluft sich gehorsam in den Zimmern ausbreitete, nahm Lily eine heiße Dusche.
    Sie wusste nicht, wie lange sie mit geschlossenen Augen und ohne etwas zu denken, unter dem herabprasselnden Wasser gestanden hatte. Aber irgendwann klingelte Rose. Und sie klingelte Sturm. Etwas anderes hatte Lily auch gar nicht erwartet. Sie hüllte sich pitschnass in Kates Bademantel, rannte zur Wohnungstür, drückte den Summer, riss die

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