Elfenstern
kommen. Die Sache ist ihm zu
wichtig.«
»Allerdings, und das macht mich
nervös.«
»Nanu? Plötzlich Gewissensbisse?«
Rega leerte
ihren Krug Dünnbier und hielt nach dem Schankmädchen
Ausschau.
»Nein, es gefällt mir nur nicht,
ausgerechnet
hier Geschäfte zu machen, in einer Kneipe
…«
»Das kann uns nur recht sein. Keine
Heimlichtuerei, kein Geflüster in dunklen Ecken. Wer sollte
auf die Idee
kommen, uns zu verdächtigen. Ah, da ist er ja. Was habe ich
dir gesagt?«
Die Tür hatte sich geöffnet, und ein Zwerg
stand
im hellen Sonnenlicht der Würfelstunde. Er war eine imposante
Erscheinung; und
fast sämtliche Anwesenden unterbrachen ihr Spiel oder ihre
Unterhaltung, um ihn
anzustarren. Er war ein wenig größer als die meisten
Angehörigen seines Volkes.
Er hatte eine rötlichbraune Gesichtsfarbe, dichtes, schwarzes,
lockiges
Haupthaar und einen mächtigen Bart, dem er seinen Spitznamen
bei den Menschen
verdankte.
Dicke, schwarze Brauen, die über einer kühn
gebogenen Nase zusammenwuchsen, und blitzende schwarze Augen verliehen
seinem
Gesicht einen kämpferischen, drohenden Ausdruck, der ihm in
der Fremde gut
zupaß kam. Ungeachtet der Hitze trug er ein
rotweißgestreiftes, seidenes Hemd
und darüber das bei seinem Volk übliche derbe
Lederwams. Die grellroten Hosen
hatte er in die hohen, festen Stiefel gesteckt.
Die Gäste in der Schänke kicherten
über die
farbenprächtige Kleidung des Zwergs und tauschten vielsagende
Blicke. Hätten
sie auch nur ein wenig mehr über die Gesellschaft der Zwerge
und die Bedeutung
der leuchtenden Farben gewußt, wäre ihnen das Lachen
vergangen.
Der Zwerg blieb in der geöffneten Tür stehen
und
blinzelte, weil er nach dem hellen Sonnenlicht draußen im
ersten Moment so gut
wie blind war.
»Schwarzbart, mein Freund«, rief Roland
und
stand auf. »Hier drüben!«
Der Zwerg setzte sich mit schweren Schritten in
Bewegung; die schwarzen Augen wanderten durch den Gastraum und starrten
jeden
nieder, der sich zu kühn gebärdete. Zwerge tauchten
nur selten in Thillia auf.
Das Zwergenreich lag weit entfernt im Norinth-Est, und zwischen den
beiden
Völkern gab es wenig Kontakt. Dieser eine Zwerg hielt sich
allerdings schon
seit fünf Tagen im Ort auf und war längst
uninteressant geworden. Griffith war
ein Kaff an der Grenze zweier Königreiche, von denen keines
Anspruch auf das
Dorf erhob. Die Einwohner lebten ganz nach ihrer eigenen Fasson
– ein
Arrangement, das den meisten von ihnen sehr behagte, weil sie aus
solchen
Gegenden Thillias hergekommen waren, wo ihre Fasson ihnen über
kurz oder lang
einen Strick um den Hals eingetragen hätte. Die
Bürger von Griffith fragten
sich vielleicht, was ein Zwerg in ihrer Stadt wollte, aber man
würde diese
Frage nicht laut stellen. »Wirt, noch drei!«
bestellte Roland und hielt seinen
Krug in die Höhe. »Wir haben Grund zu feiern, mein
Freund«, sagte er dann zu
dem Zwerg, der sich langsam auf einem Stuhl niederließ.
»Ja?« brummte der Zwerg und musterte die
beiden
mit Mißtrauen.
Roland ignorierte das offensichtliche Unbehagen
seines Gastes und überreichte ihm grinsend die Nachricht.
»Ich vermag diese Worte nicht zu lesen«,
sagte
der Zwerg und warf die Schriftrolle auf den Tisch.
Das Auftauchen des Schankmädchens unterbrach
sie. Krüge wurden ausgeteilt. Das Mädchen, das
ziemlich schlampig aussah,
wischte mit einem schmutzigen Lappen flüchtig über
die Tischplatte, schenkte
dem Zwerg einen neugierigen Blick und schlurfte davon.
»Tut mir leid, ich vergaß, daß
Ihr die
Elfensprache nicht beherrscht.« Roland bemühte sich
um einen möglichst lässigen
Tonfall. »Die Ladung ist unterwegs, Schwarzbart. Anfang
Brachen wird sie hier
eintreffen.«
»Mein Name ist Drugar. Und das ist es, was auf
diesem Papier geschrieben steht?« Der Zwerg tippte mit einem
dicken Finger auf
das Blatt.
»Genau das, Schwarzbart, mein Freund.«
»Ich bin nicht dein Freund, Mensch«,
murmelte
der Zwerg, aber er sagte es in seiner Sprache. Seine Lippen verzogen
sich zu
der Andeutung eines Lächelns. »Das sind gute
Neuigkeiten.« Es klang
widerwillig.
»Darauf trinken wir.« Roland hob den Krug
und
stieß Rega an, die den Zwerg ebenso mißtrauisch
beobachtete wie er sie. »Auf
unser Geschäft.«
»Das ist mir recht«, nickte der Zwerg nach
kurzem Nachdenken. Auch er hob den Krug. »Auf unser
Geschäft.«
Roland leerte seinen Krug
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