Elfenstern
Gesicht.
Calandra drehte sich um und stürmte mit frostig
knisternden Röcken aus dem Zimmer.
»Callie!« rief Paithan ihr versöhnlich
hinterher.
»Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht
auslachen!« Eine Tür schlug zu.
»Genaugenommen, Lenthan, alter Freund«,
sagte
Zifnab und fuchtelte mit dem Hühnerbein, das er inzwischen
abgenagt hatte, »werden
wir Eure Raketen gar nicht benutzen. Nein, sie sind nicht
annähernd groß genug.
Wir haben eine Menge Leute zu transportieren, seht Ihr, und dazu
braucht’s ein
großes Schiff.« Er klopfte sich gedankenvoll mit
dem Knochen gegen die Nase.
»Und – wie er da drüben mit dem Kragen
schon gesagt hat – es ist ein weiter Weg
zu den Sternen.«
»Wenn Ihr mich entschuldigt, Quindiniar«
– der
Elfenastrologe war aufgestanden, seine Augen schleuderten Blitze
– »werde ich
mich jetzt auch zurückziehen.«
»… besonders da es aussieht, als
würde das
Dessert ausfallen«, bemerkte Aleatha laut genug,
daß der Astrologe es
keinesfalls überhören konnte. Er verstand sehr gut:
Seine Kragenspitzen bebten,
seine Nase reckte sich in einem fast unmöglichen Winkel in die
Luft.
»Aber macht Euch keine Sorgen«, fuhr
Zifnab
fort, ohne sich von der gespannten Atmosphäre aus der Ruhe
bringen zu lassen,
»wir werden ein Schiff haben – ein echtes
Superding. Es wird Krachbumm im
Hinterhof landen, und es gibt auch jemanden, der es fliegt. Ein junger
Mann mit
einem Hund. Nur mit seinen Händen stimmt irgendwas nicht. Sind
immer
bandagiert. Das ist der Grund, weshalb wir auch weiterhin die Raketen
abfeuern
müssen, versteht Ihr? Ungeheuer wichtig. Eure
Raketen.«
»Wahrhaftig?« Lenthan war immer noch
verwirrt.
»Ich gehe!« verkündete der
Astrologe.
»Immer diese leeren Versprechungen.«
Paithan
nahm seufzend einen Schluck Wein.
»Aber ja, selbstverständlich sind die
Raketen
wichtig. Wie sollte er uns sonst finden?« sagte der alte
Mann.
»Wer?« fragte Paithan.
»Er, dem das Schiff gehört. Paß
doch auf,
Söhnchen«, schnappte Zifnab ungeduldig.
»Oh, der.« Paithan
beugte sich zu seiner
Schwester. »Er hat einen Hund«, erklärte
er ihr vertraulich.
»Siehst du, Lenthan – ich darf dich doch
so
nennen, ja?« erkundigte sich der alte Mann höflich.
»Siehst du, Lenthan, wir
brauchen ein großes Schiff, schon allein deshalb, weil deine
Frau bestimmt die
Kinder wiedersehen will. Es ist immerhin ziemlich lange her, nicht
wahr? Und
wie sie gewachsen sind.«
»Was?« Lenthan riß die Augen
auf, sein Gesicht
erbleichte. Er drückte eine zitternde Hand auf sein Herz.
»Was habt Ihr gesagt?
Meine Frau?«
»Blasphemie!« schrie der Astrologe.
Das leise Schwirren der Fächer und das sanfte
Wispern der gefiederten Schwingen waren die einzigen Geräusche
im Zimmer.
»Dieses eine Mal stimme ich mit dem Parasiten
dort drüben überein.« Aleatha erhob sich
von ihrem Stuhl, sie trat hinter ihren
Vater und legte ihm die Hände auf die Schultern.
»Papa«, sagte sie mit einer
für sie ungewöhnlichen Sanftheit, »es war
ein anstrengender Tag. Glaubst du
nicht, daß du zu Bett gehen solltest?«
»Nein, Liebes. Ich bin kein bißchen
müde.«
Lenthan hatte den Blick nicht von dem alten Mann gewandt.
»Bitte, Sir, was habt
Ihr von meiner Frau gesagt?«
Zifnab schien ihn nicht zu hören. In der
eingetretenen Stille war der Kopf des alten Mannes nach vorn gesunken,
das
bärtige Kinn ruhte auf der Brust, und er schnarchte leise.
Lenthan streckte die Hand aus. »Zifnab
…«
»Papa, bitte!« Aleatha schloß
die weichen Finger
um die geschwärzte und mit Brandwunden
übersäte Hand ihres Vaters. »Unser Gast
ist erschöpft. Paithan, ruf die Diener; sie sollen den Magier
auf sein Zimmer
bringen.«
Bruder und Schwester tauschten vielsagende
Blicke; beide hatten denselben Gedanken: Mit etwas Glück
gelingt es uns, ihn
heute nacht aus dem Haus zu schmuggeln. Vielleicht verfüttern
wir ihn an seinen
eigenen Drachen. Dann, wenn er am Morgen nicht aufzufinden ist, glaubt
Vater
uns hoffentlich, daß er nichts weiter gewesen ist als ein
verrückter alter
Mensch.
»Sir …«, sagte Lenthan,
schüttelte die Hand
seiner Tochter ab und griff nach der des alten Mannes.
»Zifnab!«
Der Magier erwachte mit einem Ruck. »Wer?«
fragte er und schaute mit glasigen Augen durchs Zimmer.
»Wo?«
»Papa!«
»Pscht, Liebes. Geh hinaus spielen, sei ein
gutes Mädchen. Papa hat zu tun. Also, Sir, Ihr
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