Elfenstern
und gar. Ihr Ziel
ist nicht, zu erobern, sondern zu töten.«
»Dann weißt du, was wir tun
müssen, Vater. Wir
müssen die Narren ignorieren, die behaupten, die Riesen
wären unsere Brüder!
Wir müssen die Stadt befestigen und unser Volk mit Waffen
ausrüsten. Ich muß
dir etwas sagen, Vater.« Drugar beugte sich vor und
dämpfte die Stimme, obwohl
sich außer ihnen niemand in der Wohnung aufhielt, der sie
hätte belauschen
können. »Ich habe Verbindung zu einem
Waffenhändler, einem Menschen,
aufgenommen. Kehlbogen von den Elfen, Bolzenschleudern! Eine ganze
Ladung ist
unterwegs!«
Der alte Zwerg schaute seinen Sohn an, ein Feuer
schwelte in den eben noch glanzlosen Augen. »Das ist
gut!« Er legte die
altersfleckige Haut auf die geballte Faust des Sohnes. »Du
bist klug, Drugar.
Du wirst ein guter König sein.« Er wiegte den Kopf
und strich über den
eisengrauen Bart, der ihm fast bis zu den Knien reichte.
»Aber ich bezweifle,
daß die Waffen noch rechtzeitig eintreffen werden.«
»Das sollten sie aber«, knurrte Drugar,
»oder
jemand wird dafür büßen!« Der
Zwerg stand auf und ging in dem kleinen, dunklen
Zimmer auf und ab, das tief unter der Moossteppe lag.
»Ich werde die Armee …«
»Nein«, sagte der alte Zwerg.
»Vater, du bist unvernünftig
…«
»Und du bist ein Khadak 22 !«
Drugars Vater hob den Krückstock, der ebenso knorrig und krumm
war wie er
selbst, und deutete damit auf seinen Sohn. »Ich habe gesagt,
du wirst ein guter
König sein. Und das ist die Wahrheit. Falls du
imstande bist, das Feuer
unter Kontrolle zu halten! Die Flammen deiner Gedanken lodern stark und
hoch,
aber statt sie zu bändigen, läßt du sie
ungezügelt emporschlagen!«
Drugars Gesicht verfinsterte sich, er zog die
dicken Brauen zusammen. Das Feuer, von dem sein Vater sprach, brannte
heiß und
drängte ihn, eine verletzende Antwort zu geben. Er
bekämpfte sein hitziges
Temperament, denn er liebte und ehrte seinen Vater, auch wenn er
glaubte, die
furchtbare Bedrohung, mit der er sich im hohen Alter konfrontiert sah,
hätte
dem Greis das Rückgrat gebrochen.
Er zwang sich, ruhig zu sprechen. »Vater, die
Armee …«
»… wird sich in zwei Lager spalten, die
sich
gegenseitig bekämpfen!« sagte der Zwerg mit leiser
Stimme. »Ist es das, was du
willst, Drugar?«
Der König richtete sich auf, aber der gebeugte
Rücken vermochte die Last der Jahre nicht zu verleugnen, und
der alte Zwerg
mußte sich auf den Krückstock stützen, weil
die Beine zu schwach waren, den
Körper zu tragen. Trotzdem erkannte Drugar, der seinen Vater
überragte, die
Würde der gebrechlichen Gestalt, die Weisheit in den
trüben Augen und hatte das
Gefühl, wieder ein Kind zu sein.
»Die eine Hälfte der Soldaten wird sich
weigern,
gegen ihre ›Brüder‹, die Riesen, die
Waffen zu erheben. Und was dann, Drugar?
Willst du ihnen befehlen zu kämpfen? Und wie willst du sie
zwingen zu
gehorchen? Soll die andere Hälfte der Armee die Waffen gegen ihre Brüder
erheben?«
»Nein!« rief der alte König und
stieß mit dem
Krückstock auf den Boden. »Niemals wird der Tag
kommen, da der Eine Zwerg
uneins wird! Niemals wird der Tag kommen, da der Körper sein
eigenes Blut
vergießt!«
»Vergib mir, Vater. Ich habe unüberlegt
gesprochen.«
Der alte König seufzte. Müde sank er in sich
zusammen und tastete nach der Hand des Sohnes. Mit Hilfe des
Krückstocks und
von Drugar geleitet, setzte der Greis sich wieder auf seinen Stuhl.
»Beherrsche
die Flammen, mein Sohn. Laß dich nicht von ihnen
überwältigen. Oder sie werden
alles auf ihrem Weg verzehren, auch dich, Drugar.«
Drugar kehrte in sein Haus zurück, aber nicht an
den Tisch. Statt dessen wanderte er ruhelos auf und ab. Er gab sich
große Mühe,
das Feuer in seinem Innern einzudämmen,
aber es gelang ihm nicht. Die
Flammen der Sorge um sein Volk ließen sich nicht wieder
ersticken. Er konnte
und wollte seinem Vater nicht den Gehorsam verweigern, immerhin war der
alte
Mann auch sein König. Und doch sah er sich
außerstande, das Feuer ganz zu
löschen. Wenn der Feind kam, sollte er hellodernde Flammen
vorfinden und nicht
kalte, tote Asche.
Die Zwergenarmee wurde nicht mobilisiert. Doch
ohne Wissen seines Vaters entwarf Drugar insgeheim
Schlachtpläne und ermahnte
Freunde und Gleichgesinnte, die Waffen bereitzuhalten. Er
ließ sich von den
Kundschaftern regelmäßig Bericht erstatten und
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