Elfensturm (Mithgar 04)
Bugspriet, und Farrix sagte zu Jinnarin: »Hörst du das?«
»Was?«
»Glocken. Ich höre Glocken.«
»Kairn ist als die Stadt der Glocken bekannt.«
»Läuten sie normalerweise am Vormittag?«
Jinnarin zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht, aber da kommt Alamar. Fragen wir ihn.«
»Glocken?«, fragte der Alte mit zittriger Stimme, während er einen Blick auf den Stand der Sonne warf. »Seid Ihr sicher?«
»Ja«, erwiderte Jinnarin. »Farrix hat sie zuerst gehört, aber jetzt höre ich sie auch.«
»Geht und sagt Aravan Bescheid«, zischte der Magier. »Um diese Tageszeit kann das nur ein Alarm sein.«
Unter vollen Segeln eilte das Elfenschiff den Docks auf Rwn entgegen und holte die Seide erst im letzten Moment ein, um zügig an die Kais zu gleiten. Hoch am Rand der Insel schien ein ziemlicher Aufruhr zu herrschen. Überall liefen Leute hin und her, und über dem Tosen des Kairn, der in einem Wasserfall in den Ozean stürzte, konnten alle an Bord die Glocken der Stadt hören, die Alarm läuteten.
Rasch gingen sie an Land, Jinnarin in Jatus Kapuze verborgen und Farrix in Aravans. Und als sie zur langen Treppe gingen, die vom Hafen hoch in die Stadt führte, durchlief die ganze Insel ein Beben und ließ selbst das Gestein des Kais erzittern.
17. Kapitel
DER ZUSAMMENSCHLUSS DER MAGIER
Sommer, 1E9575
[Die Gegenwart]
Die Stadt war in Aufruhr, Leute rannten hin und her, und Häuser bebten und kippten. Manche waren bereits eingestürzt und lagen in Trümmern. An einigen Stellen brannte es, und lange Reihen aus Männern und Frauen reichten Wassereimer weiter und kämpften tapfer, um die Flammen zu löschen. Galoppierende Pferde jagten durch die gepflasterten Straßen, die Reiter tief über den Hals ihrer Reittiere gebeugt, als rechneten sie mit einem Beschuss von Pfeilen. Gespanne donnerten vorbei und zogen rumpelnde Wagen hinter sich her. Wie Scharen schnatternder Gänse trieben rufende Mütter weinende Kinder aus bebenden Häusern. Dabei schlugen die Glocken von Kairn ständig Alarm.
Inmitten dieses Chaos marschierten Aravan, Aylis, Alamar, Bokar und Jatu durch die Straßen zur Fähre, die zur Akademie der Magier führte. Aus ihrem Versteck in Jatus zurückgeschlagener Kapuze betrachtete Jinnarin den Tumult und sammelte Schatten um sich. In Aravans Kapuze tat Farrix es ihr nach.
Schließlich erreichten sie die Fähre, die jedoch nicht bemannt war. Während Kairn von einem weiteren Beben erschüttelt wurde, bemannten Jatu und Bokar die Zugseile und zogen die Barke über den Kairn, um am Nordpier der Insel der Magier anzulegen.
»Tochter, wir müssen Drienne finden. Kennst du ihre Aura?«
Aylis nickte und murmelte: »Ubi est Drienna?«
Alle folgten der Seherin zur Akademie, und überall liefen Magier entschlossenen Schrittes hierhin und dorthin. Sie betraten den Mittelturm, und schließlich fand Aylis Drienne an einem Tisch mitten in der Bibliothek vor einem dicken Wälzer, den sie durchblätterte. Sie schaute auf und strich sich eine widerspenstige Locke ihrer rabenschwarzen Haare zurück, als die Gefährten sich näherten. Ihre haselnussbraunen Augen weiteten sich beim Anblick des greisen Alamars. Doch ohne Vorrede sagte sie: »Es geschieht etwas. Die ganze Insel Rwn ist in Gefahr.«
»Das ist Durloks Werk«, sagte Alamar.
»Durlok?«
»Der Schwarzmagier«, rief Jinnarin, die in Schatten gehüllt Jatu über die Schulter schaute.
Wieder weiteten sich Driennes Augen, in denen sich smaragdgrüne Sprenkel bewegten, aber ihr Blick kehrte zu Alamar zurück. »Durlok? Ich hielt ihn für tot.«
»Verdammt unwahrscheinlich, Dree«, sagte Alamar. »Wir haben ihn im Großen Wirbel aufgespürt.«
»Im Großen Wirbel?«
»Das ist eine lange Geschichte, die jedoch noch warten muss.«
Drienne nickte bestätigend und fragte dann: »Unabhängig davon, wo Ihr ihn gefunden habt, was hat Durlok mit diesen Beben zu tun?«
Alamar setzte sich ihr gegenüber. »Er hat ein großes Hochzeitsgeschenk für mich und alle von meinem Schlag versprochen.«
»Große Hochzeit?«, murmelte Drienne, dann zog sie eine dunkle Augenbraue hoch. »Die Konjunktion am zwölften Augusttag? In sechs Tagen?«
Alamar nickte. »Diese Hochzeit oder die nächste im September.«
»Dann müssen wir ihm Einhalt gebieten. Wo ist er?«
Alamar ballte eine Hand zur Faust und schlug schwach auf den Tisch, dann sagte er: »Verdammt! Das ist es ja gerade! Wir wissen es nicht! Er ist entkommen.«
»Und ohne etwas von ihm, das seine
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