Elfensturm (Mithgar 04)
Aura trägt, ist er gegen Seher geschützt«, fügte Aylis hinzu. »Wie und wodurch, weiß ich nicht. Außerdem ist da noch eines: Im Großen Wirbel haben wir sein astrales Feuer gesehen. Seine Macht ist beinah unvorstellbar.«
Drienne sah Alamar an, und der Greis seufzte und nickte bestätigend.
Drienne lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und legte die Finger zusammen. Nach einem Augenblick sagte sie: »Ich rufe alle Magier zusammen und schlage vor, dass wir einen großen Zusammenschluss herbeiführen und versuchen, ihn ausfindig zu machen und seinem Treiben ein Ende zu bereiten.«
»Zusammenschluss?«, entfuhr es Aylis, während ihr Blick von ihrem Vater zu Drienne wanderte. »Aber das würde ihn…«
»Ich weiß, Kind«, antwortete Drienne. Und sie fixierte Alamar mit stählernem Blick. »Alle Magier müssen sich vereinen… aber nicht du, Alamar, dein Feuer ist beinah verbraucht. Du musst zurück nach Vadaria. Wenn wir nicht überleben, räche uns.«
Alamar plusterte sich auf, um eine Antwort zu geben, doch Drienne ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Als Regentin der Akademie wird alles so geschehen, wie ich es sage, und ich dulde keinen Ungehorsam.«
Alamar murmelte: »Da sieht man, was passiert, wenn man einer Zauberin ein wenig Autorität anvertraut.«
»Eine Zauberin!«, ächzte Jinnarin. »Ach herrje!« Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete Drienne den Schatten hinter Jatus Schulter. »Sie hat die Geschichte von der Grauen Lady gehört«, sagte Jatu. Drienne verzog das Gesicht und nickte dann.
Bis zum Nachmittag hatten sich alle Magier ebenso wie die Gefährten in einem ummauerten Garten am westlichen Ende der Flussinsel eingefunden. Auf dem Weg dorthin konnte Jinnarin den Kairn nach Westen fließen sehen, wo er unter einer Pontonbrücke durchfloss, um dann außer Sicht über den Rand und die Kairn-Fälle hinab in den Westonischen Ozean zu stürzen. Der eigentliche Garten wurde von zwei Magiern bewacht, die an dem einen Tor standen, denn hier befand sich der einzige bekannte Übergang nach Vadaria, und sie bewachten ihn gut.
Jinnarin hatte Herzklopfen, als sie nach Nordwesten schaute, wo gerade der Halbmond versank, der Tag für Tag weiter abnehmen würde, während er sich der Sonne näherte und sich darauf vorbereitete, der goldenen Scheibe in etwas mehr als fünf Tagen zu begegnen. Jinnarin riss den Blick von der bleichen Sichel los, als Jatu durch das Gartentor trat und die Wächter gleich darauf Drienne zunickten.
Innerhalb der weißen Steinmauern stand ein kleines Wäldchen aus Silberbirken. Die einzelnen Stämme standen nur eine Armeslänge voneinander entfernt und umrahmten ein natürliches Amphitheater. Der Boden war mit grünem Rasen bedeckt, bis auf die Stellen, wo Bäche mit bemoosten Ufern flossen, die aus dem Boden entsprangen und bis zur Mitte des kleinen Tals flossen, wo weiße Hyazinthen auf einem kristallklaren Teich trieben. Es schien keinen Abfluss zu geben, doch der Wasserspiegel stieg nicht an, und Jinnarin nahm an, dass das Wasser unterirdisch weiterzog.
Und in diesen Garten strömten die Magier, während das Land hin und wieder bebte und die Blätter der Birken dabei zitterten und raschelten. Sie setzten sich alle so zwischen die Baumstämme, dass sie den Teich sehen konnten, wo jetzt Drienne stand. Die Gefährten saßen ebenfalls zwischen den Bäumen, Jinnarin und Farrix immer noch in Schatten gehüllt. Schließlich wurden die Tore geschlossen, und Stille kehrte unter den Versammelten ein. Als völlige Ruhe herrschte, erteilte Drienne Alamar das Wort.
Der greisenhafte Magier schlurfte durch das Wäldchen zu ihr, während alle anderen Magier zuschauten und leise miteinander flüsterten, wobei einige den Kopf über seinen altersbedingten Zustand schüttelten: Kann das Alamar sein? Ganz sicher nicht. Er ist so… 50 alt! Was ist ihm bloß zugestoßen? …
Als die Insel wieder von einem Erdstoß erschüttert wurde, deutete Alamar auf den bebenden Boden und sagte mit dünner Stimme: »Das ist das Werk von Durlok, dem Schwarzmagier.« Ein ungläubiges Murmeln durchlief die Reihen, doch Alamar hob die Stimme und übertönte es. »Er will uns alle vernichten, jedenfalls glaube ich das.
Wir haben ihn auf einer Insel mitten im Großen Wirbel aufgespürt, einem Ort, an dem niemand nach ihm suchen würde. Und in einer Kristallkaverne auf dieser Insel betet er Gyphon an, und dort habe ich herausgefunden, dass Durlok über die Mittel verfügt, die Zwischenwelt zu überbrücken
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