Elfensturm (Mithgar 04)
ich sehe, lasst Ihr Segel reffen. Das Schiff soll langsamer fahren, wie?«
Aravan nickte. »Aye. Es wäre nicht klug, mit voller Kraft durch diese gefährlichen Gewässer zu segeln.«
Jatu zog die Leine heran. »Nur eine kleine Menge Algen, Kapitän. Überhaupt keine Gefahr. So könnten wir eine Ewigkeit fahren.«
Aravan schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, Jatu, das wird sich ändern.«
»Und nicht zum Besseren«, rief Bokar der Zwerg, der soeben in Begleitung seiner gerüsteten und bewaffneten Krieger die Treppe heraufkam. Die Zwerge gingen sofort zu den Ballisten und machten sie schussbereit. Bokar nahm kurz seinen Kriegstrupp in Augenschein und wandte sich dann an Aylis und Jinnarin. »Wenn es in diesen Schlingpflanzen ein Ungeheuer mit grünen Tentakeln gibt, werden wir vorbereitet sein.«
Sie segelten weitere achtundzwanzig Stunden stetig dem Zentrum des Wirbels entgegen, wobei das Schiff hundertsechzig Meilen zurücklegte. Die Algen wurden beständig dichter, bis die vom Lot hereingeholte Menge beträchtlich war. Aravan stand wieder auf dem Vordeck und rief schließlich: »Alles klarmachen zum Ankern!« Jatu drehte die Eroean in den Wind und ließ die Segel reffen, bis das Elfenschiff sacht schaukelnd dalag, da die Algen den Wellengang zu einer sanften Dünung abschwächten.
Aravan wandte sich an die Zwerge, welche die vorderen Ballisten bemannten. »Seid auf der Hut, denn wir liegen tot im Wasser.«
Gemächlich trieb das Schiff in der Strömung, die den Großen Wirbel bildete, sodass es sich langsam mit der Sonne drehte. »Wären wir nördlich der Mittellinie«, sann Aravan, »würden wir uns wohl andersherum drehen.«
»Gibt es einen Unterschied?«, fragte Jinnarin.
»Aye, Lady Jinnarin. Im Norden neigt alles – Luft, Stürme, Wasser – dazu, sich gegen den Lauf der Sonne zu drehen. Im Süden ist es genau umgekehrt. Warum? Das weiß ich nicht. Vielleicht gehört es einfach zu Adons Plan.«
»Oh«, sagte Jinnarin, während sie verwirrt nach unten in die treibenden Algen und das hellgrüne Wasser lugte. Die Pysk verstand immer noch nicht, warum Dinge nördlich der Mittellinie anders sein sollten als südlich davon. Schließlich sagte sie: »Ich nehme an, dies hat denselben Grund wie die vertauschten Jahreszeiten.«
Aravan schätzte den Stand der Sonne und sah die Pysk an, als wolle er etwas sagen, doch bevor er den Mund öffnen konnte, drehte Jinnarin sich weg und schaute nach achtern. »Tja, jetzt ist Alamar an der Reihe. Wo ist er?«
»Als ich ihn zuletzt gesehen habe, war er in der Messe und hat mit Bokar darüber gestritten, ob Krieger für diese Aufgabe nötig seien.«
»Und…?«
»Seht selbst, Lady Jinnarin«, antwortete Aravan, indem er in Richtung des Hecks zeigte.
Bokar und Alamar kamen aus dem Achterquartier, der Waffenmeister mit finsterer Miene, der Magier mit einem triumphierenden Grinsen. Aylis und Jatu folgten ihnen, die Seherin aufgebracht, der schwarzhäutige Mensch lachend. Jatu rief Rico zu sich und gab ihm Anweisungen, und der Bootsmann versammelte rasch eine Rudermannschaft, darunter auch zwei Zwerge. Bokar ließ die anderen zurück und stapfte vor sich hin murmelnd zum Vordeck. Jinnarin verstand nur einen Teil seines Gebrummels – die Worte »halsstarriger alter Trottel«.
Aylis umarmte ihren Vater und küsste ihn auf die Wange, und der Alte stieg in eines der neu gebauten Dingis. Die Rudermannschaft folgte ihm, dann wurde das Boot zu Wasser gelassen. Aylis beobachtete den Vorgang, bis das Boot frei auf dem Wasser schwamm, dann ging sie mit Jatu nach vorne.
Als sie das Vordeck betraten, grollte Bokar: »Lady Aylis, hört Euer Vater niemals auf die Worte der Vernunft?«
Bevor Aylis antworten konnte, sagte Jatu: »Ach, Bokar, hört schon auf, er hatte doch Recht.«
Bokar fuhr auf. »Jatu, wir wissen doch gar nicht, was für Kreaturen unter diesen Algen lauern.«
»Zugegeben«, erwiderte Jatu. »Aber eines wissen wir ganz genau: Kein Kind des Meeres wird zu Alamar kommen, solange jemand von uns dabei ist – sei es Mensch, Zwerg, Magierin, Pysk, Elf oder sonst jemand.«
»Und warum wissen wir das?«
Aylis wandte sich an Bokar. »Wir wissen es, weil mein Vater es gesagt hat.«
»Hat er immer Recht?«
»Nein, Waffenmeister, aber er hält sich immer an die Wahrheit, wenn er sie kennt.«
Bokar schaute auf das Meer und beobachtete das sich entfernende Dingi. »Dann wollen wir hoffen, dass er ebenso Recht hat, wie er aufrichtig ist.«
Tivir kam mit einer Kanne Tee auf
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