Elfentausch
hat doch gar nichts zu bedeuten! Die Berge sind so groß, dass man sie natürlich von hier aus sehen kann. Ich will trotzdem etwas essen. Was ist mit dir, Rüdiger?« Der Flugwind zauste an ihren Haaren, als sie sich nach vorn beugte, um Rüdiger zum Anhalten zu bewegen.
»Ja, ich habe auch Hunger, schließlich habe ich schwer an euch zu schleppen.« Rüdiger grinste, wie man eben mit einem Schnabel grinsen konnte. »Ich schlage vor, wir gehen irgendwo runter und machen Rast. Am besten in einem bewaldeten Gebiet. Da fühlen wir uns dann wie zu Hause.« Rüdiger hielt Ausschau nach einer geeigneten Stelle und landete dann in einem kleinen Wäldchen, wo sie hoffentlich Beeren oder Pilze finden konnten.
Als er unten dem Ahorn-Baum landete – vorsichtshalber, damit Evelin nicht etwa beim Abstieg vom Baum fallen konnte – hörten sie eine Stimme hinter sich: »Das ist ja ungeheuerlich, hier einfach so zu landen und meinen Schatten zu benutzen. Man könnte ja wenigstens mal fragen. Aber nein ... Was seid ihr denn für unhöfliche Figuren? Und ihr stinkt übrigens zum Himmel. Habt ihr schon einmal etwas von Hygiene gehört oder was?«
Erschrocken drehten sich die Freunde um und blickten am Ahorn hoch.
»Oh nein!« Tamara schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Wir sind ausgerechnet unter einem Nörgelbaum gelandet.
»Was soll das denn heißen?«, schimpfte der Baum. »Ich bin wohl nicht gut genug, um unter mir zu landen? Ihr habt wohl etwas gegen Bäume? Glaubt ihr etwa, ihr seid etwas Besseres? Was habt ihr denn für ein Problem?«
»Doch, doch, wir mögen Bäume«, beschwichtigte Evelin den Ahorn. »Wir sind nur keine sprechenden Bäume gewöhnt.«
»Ach, ich soll also den Mund halten? Eine Frechheit. Hier herrscht schließlich Redefreiheit. Was glaubt ihr denn, wer ihr seid, dass ihr mir den Mund verbieten könnt? Man wird sich ja wohl noch wehren dürfen, wenn man diskriminiert wird!« Der Ahorn zeterte.
»Kommt mit, hier findet man ja doch nichts zu essen«, meinte Rüdiger und schob die Freundinnen mit dem gespreizten Flügel vorwärts. Der Ahorn zeterte weiter, doch sie schenkten ihm keine Beachtung mehr.
»Wir haben wirklich seltsame Lebewesen kennengelernt«, bemerkte Evelin.
»Ach, das denken die doch von uns auch«, sagte Tamara und schwebte ein Stück voraus, um ihre Flügel wieder zu bewegen. »Da hinten gibt es Himbeeren!« Schnell flog sie voraus. Evelin rannte hinterher. Sie war nach dem langen Flug noch etwas ungelenkig und fiel auch prompt über einen Ast. Leider war der Ast eine Brüllschlange, die sich auch sofort umdrehte, ihr riesiges Maul aufriss und ein so lautes Brüllen von sich gab, dass Evelin beinahe in die Hose gemacht hätte. Schnell flog Rüdiger herbei, pickte Evelin vorsichtig auf und flog sie ein Stückchen weiter weg.
Evelin war ganz weiß im Gesicht. »Geht es dir gut?«, fragt Rüdiger und auch Tamara flog sofort heran, um der Freundin beizustehen.
»Ja, es ist alles in Ordnung«, winkte Evelin ab. »Ich bin nur furchtbar erschrocken. Was war das denn?«
»Das ist eine Brüllschlange. Sie sind harmlos wie Blindschleichen, aber damit sie sich wehren können, haben sie die Gabe, ihre Feinde wie ein Bär anzubrüllen und so zu verscheuchen. Falls sie nicht vorher in Ohnmacht fallen, so wie es dir beinahe passiert wäre.«
Rüdiger grinste. »Na, mich hätte sie beinahe durch einen Herzinfarkt getötet«, keuchte Evelin. »Aber es geht schon wieder.« Sie blickte sich nach der Schlange um, doch die hatte sich sofort ins Gebüsch verkrochen. Im Prinzip war sie ja auch sehr ängstlich und sie hatte zwar erfolgreich das kleine Wesen erschrecken können, war aber selbst in Panik geraten, als sich der Brechvogel ihr genähert hatte. Er hätte sie ja ohne Weiteres fangen und verspeisen können. Ängstlich schlängelte sie sich weiter und machte, dass sie davon kam.
Evelin und Tamara pflückten sich ein paar Himbeeren und packten auch einige in den Korb, den sie immer noch bei Rüdiger an der Silberkette eingefädelt hatten. Rüdiger suchte sich einige Insekten und aß zur Abwechslung eine Himbeere, wenn auch nicht sehr begeistert. »Können wir weiter?«, fragte er dann. Er wollte die Reise endlich hinter sich bringen, damit er einmal Überschall fliegen konnte, ohne sich zu übergeben. Das würde so herrlich werden! Auch die anderen beiden waren nun sehr zappelig. Sie wussten, dass das Mähnenhaar die letzte Aufgabe war und dass die Hexe ihnen dann ihren Wunsch erfüllen
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