Elfentausch
»Gut, dass du von allein wieder hergefunden hast. Und das nach über einer Woche. Ich habe gar nicht mehr damit gerechnet, dich wieder zu sehen. Aber jetzt bist du ja wieder da und du musst erst einmal baden und etwas essen und dann musst du uns alles erzählen!« Frau Busch schob ihre Tochter ins Haus und zog ihr die dreckigen Klamotten aus. Dabei fielen die Kastanie, der Stein, das kaputte Jo-Jo und der Anhänger aus der Tasche. Evelin bückte sich rasch und schloss die Fäuste um die kleinen Schätze.
»Das gehört mir!«, erklärte sie. Frau Busch wusste, dass die Kinder oft seltsame Sachen mit nach Hause brachten. Aber den Anhänger und das Jo-Jo kannte sie ja und gegen einen Kiesel und eine Kastanie hatte sie nichts einzuwenden. Sowieso nicht in einem so wichtigen Moment. Sie hatte ihre Tochter soeben wieder zurückbekommen und da war es ihr völlig egal, welchen Krimskrams sie in ihren Taschen dabeihatte.
Frau Busch nahm Evelin die Gegenstände aus der Hand und legte sie sorgfältig auf den Nachttisch, bevor sie Evelin in die Wanne steckte. »Wo hast du denn deine Kette gelassen, Schatz?«, fragte Frau Busch.
Ups! dachte Evelin. Sollte sie ihrer Mutter erklären, dass ein Brechvogel diese noch um den Hals trug? »Die habe ich wohl verloren«, meinte sie Schulter zuckend.
Aber Frau Busch ging nicht näher darauf ein. Was war schon eine alte Silberkette im Vergleich dazu, dass sie endlich ihre Tochter gesund zurück hatte?
Die Geschichte, die Evelin den Eltern und Geschwistern später erzählte, glaubte ihr natürlich niemand. Herr und Frau Busch waren verwirrt, hörten der Tochter aber geduldig zu, auch wenn sie ihr kein Wort abnahmen und sich nebenher ihre eigenen Gedanken machten. Nur der kleine Axel ahnte, dass diese Erlebnisse wohl wahr sein mussten, und hing regelrecht an ihren Lippen, damit er auch ja nichts verpasste. Er wäre gerne selbst dabei gewesen. Vielleicht hätte er doch ausreißen und Evelin mit Rudis Hilfe suchen sollen?
Der später hinzugezogene Arzt beruhigte die Eltern damit, dass dies leichte Halluzinationen aufgrund des Schlaf- und Nahrungsmangels und der ganzen Aufregung seien. Das würde sich schon wieder legen, sie sollten sich nicht weiter beunruhigen. Alles war wieder in Ordnung.
Und wo war Rüdiger gelandet? Die weise alte Hexe hatte ihn nicht zur Bergwachtel Berta oder zu einem anderen Vogel versetzt, nein sie hatte ihn in weiser Voraussicht bei Börti auftauchen lassen, damit der arme Wichtel endlich erfuhr, wie es seinen Freunden ergangen war. Börti hatte inzwischen Gelegenheit gehabt, die Müllwichtel kennenzulernen. Aber er hatte immer noch Angst vor dem Sumpf und wollte nicht bei seinen Verwandten bleiben. Gut, dass Rüdiger noch die Silberkette trug.
So konnte er Börti aufsteigen lassen und ihn nach Hause fliegen. Das heißt, das hätte er wohl können, wenn sie nicht beschlossen hätten, gemeinsam nach Tamara zu sehen. Rüdiger konnte zwar nicht in Elfenhausen wohnen, aber er konnte Tamara jederzeit besuchen und Börti natürlich auch.
Und er suchte sich ein schönes Plätzchen ganz in der Nähe – der Wald war ja groß genug, um noch einen weiteren Brechvogel zu beherbergen. Bald lernte er sogar eine ganz nette Brechvogel-Dame kennen, der er den Hof machen konnte. Nachdem Rüdiger und Börti in Elfenhausen aufgetaucht waren und ihre Geschichte gemeinsam mit Tamara noch einmal vor einer Menge gespannter Zuhörer erzählen konnten, waren die Elfen und Wichtel schwer beeindruckt und man bot Börti spontan eine eigene Hütte in Wichtelhofen an. Börti war außer sich vor Freude. Damit hätte er überhaupt nicht gerechnet. Die Wichtel mochten ihn! Das war ja super! Und er war ganz nahe bei seiner besten Freundin, in die er sich heimlich ein wenig verliebt hatte. Nur schade, dass Evelin nicht auch da war.
EPILOG
Natürlich hatten die Freunde Evelin nicht vergessen. Was sie tuschelnd bei der Hexe besprochen hatten, setzten sie auch in die Tat um. Rüdiger behielt die silberne Kette wie ein Zaumzeug um und konnte Börti deshalb jederzeit zu Evelin fliegen. Bei der Hexe auf dem Sofa hatte Evelin dem Brechvogel nämlich genau erklärt, wo sie wohnte, damit er sie auch ganz sicher wieder finden konnte. Tamara konnte auch ohne fremde Hilfe zu Evelin fliegen, aber mit Rüdiger ging es natürlich viel schneller und noch einfacher. Deshalb schloss sie sich den beiden »Männern« gerne an, sodass sie die Freundin stets gemeinsam besuchen konnten. Das Problem war
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