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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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am Himmel tanzte, und hatten sich während der kurzen Tagesstunden in dichten Wäldern versteckt. Die Kundschafter hatten sich während eines Schneesturms an die Festung herangepirscht. Und doch hatten sie alles verlassen vorgefunden. Fast schien es, als hätten die Elfen auf wunderbare Weise gespürt, dass die Trolle in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Der Aufbruchsbefehl musste an jenem Tag gegeben worden sein, als die Geisterwind am Eingang zum Swelm-Tal vor Anker gegangen war. Der Rudelführer stieg eine Treppe zwischen den Gartenterrassen hinab und sah sich nach dem großen Tisch um, der ihm schon am Vorabend aufgefallen war. Beinahe strauchelte Orgrim. Fluchend griff er nach einer der Steinstelen, die in weiten Abständen die Treppe säumten. Die Stufen waren viel zu niedrig und zu schmal. Für Trolle waren diese Treppen die reinsten Stolperfallen.
    Der seltsame Marmortisch stand inmitten einer Laube aus Rosenranken. Blutrote Blütenblätter lagen auf dem schneeweißen Stein verstreut. Unangenehm süßlicher Geruch hing in der Luft. Orgrim rümpfte die Nase und wischte dann die Blätter von dem Tisch. Die Platte war uneben. Gewundene Linien waren in den Stein gegraben, und an vielen Stellen schien es, als sei er erst gar nicht richtig geglättet worden. Das Ganze ergab kein Muster, im Gegenteil, es wirkte völlig willkürlich. Zunächst hatte Orgrim gedacht, die Platte sei noch nicht fertig bearbeitet gewesen, und war gegangen. Dann hatte er von der Treppe aus noch einmal zurückgeblickt. Es hatte des Abstands bedurft, um zu begreifen, was er dort sah. Es war eine Karte! Jeder Berg war sorgfältig ausmodelliert. Er hatte die Küstenlinie der Walbucht und die Bergketten erkannt, die das Swelm-Tal einfassten. Fluchend kam Mandrag die Treppen hinab. »Das also ist der Kartentisch, von dem du mir erzählt hast!« Der alte Troll stützte sich schwer schnaufend auf die Marmorplatte. »So muss das Land wohl für einen Vogel aussehen, wenn er nur hoch genug fliegt.« Mandrag studierte den Plan kurz und deutete auf einen einzelnen Berg. »Das hier ist die Wolfsgrube.« Er spannte sich und wies dann auf einen viel größeren Berg, der einen Pass versperrte. »Dies ist das Ziel unserer Träume, der Königsstein, die größte und schönste unserer Burgen. Von dort haben unsere Ahnen über die Snaiwamark geherrscht.«
    »In diesem Winter noch wird Branbart seinen alten Thron wiederbekommen«, sagte Orgrim begeistert. »Der Königsstein liegt viel näher, als ich dachte.«
    »Da irrst du, mein Junge.« Der Alte fuhr mit seinem Finger über die Steinplatte und machte einen weiten Bogen um die flachen Ausläufer einer Bergkette. »Dies ist der Weg, den wir nehmen müssen. Von hier aus sind es acht oder neun Tage.«
    Orgrim ließ seine Finger über die unebenen Berge gleiten. »Was ist hier? Man könnte den Weg zum Königsstein halbieren, wenn man durch die Berge geht. Sie scheinen nicht besonders hoch zu sein, falls diese Karte stimmt. Was lässt dich vor ihnen zurückschrecken?«
    »Die Maurawan! Das hier sind die südlichsten Ausläufer der Slanga-Berge. Es ist ihr Land. Ein Wald aus himmelhohen Ei-chen wächst dort. Selbst im kurzen Sommer bleibt es in ihrem Reich unter den Bäumen immer dunkel. Kaum ein Lichtstrahl vermag das dichte Laubdach zu durchdringen. Und die Pfade in diesem Wald sind verhext. Sie führen dich in die Irre. Man kann tagelang im Kreis laufen, ohne es zu merken… « Er räusperte sich. »Das geschieht, wenn man Glück hat. Hat man Pech, dann steckt einem, kaum dass man den Wald betritt, der Pfeil eines Maurawan im Nacken. Es heißt, die Bäume selbst seien die Verbündeten dieses Elfenvolkes, und sie würden sie vor allen neugierigen Blicken verbergen. Die Maurawan sind ständig um einen herum, wenn man den Wald betritt. Doch sehen kann man sie nur, wenn sie auch gesehen werden wollen.«
    »Sind sie nicht das Kleinste aller Elfenvölker, Mandrag? Wie lange könnten sie dem Zorn unserer Rudel widerstehen?«
    »Die Antwort ist leicht. Solange es Bäume gibt, auf denen sie sich verstecken können, du vorwitziger Welpe. Mit den Maura-wan wird man nie eine offene Feldschlacht austragen. Sie locken dich in ihren Wald, wenn sie kämpfen wollen, doch selbst dort stellen sie sich nicht. Schnell wie der Wind laufen sie auf den Ästen der großen Bäume. Und wenn man gerade denkt, man wäre diesen Plagegeistern entgangen, dann fällt der nächste Mann in deiner Nähe. Diese elenden Wichte sind stolz darauf,

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