Elfenwinter
Rammbock in Stellung.
»Können sie durch das Tor brechen?«, fragte Alfadas besorgt, der durch eine Schießscharte neben ihm die Angreifer beobachtete.
»Das Tor ist aus massivem Gold und so dick, wie dein Unterarm lang ist. Ich glaube nicht, dass sie es zerstören können. Sie können auch nicht durch die Schwingungen der Schläge irgendwelche Türangeln lockern. Die Torflügel werden durch Kettenzüge seitlich in den Fels gezogen, wenn wir sie öffnen. Allerdings ist Gold leicht verformbar. Es wäre denkbar, dass sie die Tore an der Stelle, wo die beiden Flügel aneinander stoßen, so sehr verbiegen, dass sie einen Durchschlupf finden. Aber durch solch eine Lücke könnten vielleicht ein oder zwei Trolle nebeneinander gelangen. Und auf der anderen Seite des Tores stehen zweihundert Kobolde mit schweren Armbrüsten und fünf Katapulten. Wenn die Trolle sie nicht auf breiter Front angreifen können, dann werden sie an unseren kleinen Waffenbrüdern niemals vorbeikommen.«
Der zweite Rammbock begann gegen die Festungstore zu hämmern. Ollowain spürte den Boden unter seinen Füßen erzittern. Die Trolle mussten riesige Baumstämme unter den Schutzdächern verbergen. Ob sie wohl dumm genug gewesen waren, sich das nötige Holz aus den Wäldern der Maurawan zu holen? Der Schwertmeister trat von der Schießscharte zurück und ging zu den vier goldenen Rohren, die nebeneinander aus der Wand ragten. Jedes von ihnen war mit einem Stopfen aus Nussbaumholz verschlossen. Kleine goldene Ketten verhinderten, dass die Stopfen herabfallen konnten.
Ollowain zog den Holzpfropf aus dem nächstgelegenen Rohr. »Ist das Öl bereit?«, rief er laut hinein. Dann beugte er sich vor und lauschte.
»Das Öl kocht, Kriegsherr!«, erklang es blechern im Rohr.
»Dann verschließt die Schießscharten! Gebt den Befehl an die übrigen Kasematten weiter!« Ollowain trat von dem Sprachrohr zurück und ging wieder zu seinem Ausguck. Unten auf dem Eis zogen die Trolle den dritten Rammbock in Position.
Der Schwertmeister wies Lysilla an, zum Sprachrohr zu gehen. Das Hämmern der Rammböcke war zu einem einzigen Dröhnen geworden. Ollowain winkte der Elfe.
»Jetzt!«
»Wie viele Kessel?«, rief sie.
»Alle zwanzig!«
Er gab den Kriegern an den Katapulten ein Zeichen. »Schließt die Schießscharten.« Ollowain wagte einen letzten Blick in die Tiefe. Aus den flachen Rohrmündungen unterhalb der ersten Kasematte sprühten weit gefächerte Ölfontänen. Hundertfache Schreie erklangen. In wahren Bächen floss das Öl über das Eis hinab. Ollowain schloss die hölzerne Klappe der Schießscharte.
Ein fauchendes Geräusch erklang. Helles Licht strahlte durch die feinen Ritzen der Holzläden. Dann drang ein schwerer, öliger Geruch in die Kasematte, gefolgt vom Gestank nach verbranntem Fleisch. Ollowain kämpfte gegen das Gefühl an, sich erbrechen zu müssen. In diesem Augenblick starben unter ihm auf dem Eis hunderte Trolle. Und er hatte ihren Tod befohlen. Niemand, der dem Festungstor bis auf zwanzig Schritt nahe gekommen war, würde überleben. Heißes Öl verwandelte sich binnen eines Lidschlags in eine Feuerwolke, wenn es mit einem Flämmchen in Berührung kam. Der Schwertmeister dachte an die Flammennacht in Vahan Calyd. Nun war das Feuer, das die Trolle nach Albenmark getragen hatten, auf sie zurückgefallen.
Wieder trat er an das Sprechrohr. »Sind Flammen durch die Ausgüsse zurückgeschlagen?«, fragte er ruhig. »Nein, Kriegsherr. Es ist sehr heiß in der Kasematte, aber es gab keinen Unfall.«
»Dann setzt neues Öl in den Kesseln auf.«
Der Schwertmeister schob das Verschlussstück in den Trichter des Sprachrohrs und trat zu den Schießscharten. Gestank schlug ihm entgegen, als er die Holzklappe öffnete. Dichter schwarzer Qualm versperrte die Sicht auf den Abschnitt unterhalb des Tors. Weiter entfernt sah man brennende Gestalten, die sich schreiend im Schnee wälzten. Einzelne Flammenbäche erstreckten sich bis hundert Schritt weit den Gletscher hinab. Ein großer Teil der Trolle floh in wilder Panik. Doch immer noch harrten einige aus.
Ollowain konnte beobachten, wie sie mit langen Haken versuchten, die brennenden Rammböcke vom Tor wegzuziehen. Ob sie nach dieser Niederlage bereit waren, über einen Frieden zu verhandeln? Selbst ihrem verbohrten König musste doch nach diesem Angriff klar sein, dass er Phylangan niemals erobern konnte! Noch zwei oder drei weitere Angriffe dieser Art, und sein Heer würde beginnen, sich
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