Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
Volk. Und am Ende werde ich beide Welten wieder vereinen … unter mir.«
Der Getreue spürte sein Herz heftig schlagen. Unwillkürlich kniete er vor Bandorchu nieder, um ihr zu huldigen. »Ich werde alles tun, damit es dazu kommt, meine Königin.«
»Und du wirst an meiner Seite sein«, sagte sie leise. »Du wirst mein Mund sein, durch den ich spreche, mein Auge, dem nichts entgeht, mein Ohr, das alles hört. Die Elfenherrscher werden sich unterwerfen müssen, auf Gedeih und Verderb, und mit ihnen das ganze Volk. Aus Furcht vor dir werden sie gehorchen, und sie werden mich anbeten.«
»Wie ich es tue«, flüsterte er ergriffen. »Aber ich werde niemanden in Eure Nähe lassen und jeden töten, der es wagt, Euch anzublicken.«
»So soll es sein.« Ihre Stimme klang scharf. »Aber damit es dazu kommt, müssen wir die Unsterblichkeit zurückerhalten, und zwar das gesamte Elfenvolk. Du musst den Quell bergen, wenn es ihn gibt, hörst du? Und … es
muss
ihn geben, denn ich werde es niemals akzeptieren, dass unser Volk sich dem Ende der Existenz nähert.«
»Aber Ihr braucht Kraft«, wandte der Getreue ein und erhob sich wieder. »Wie kann ich Euch Abhilfe verschaffen, solange die Zeit Euch gefangen hält?«
»Durch Seelen«, antwortete die Königin. »Ich habe es bereits versucht, und sie halten die Sterblichkeit tatsächlich auf. Ich gebe dir zwei Helfer mit, die dir helfen werden, menschliche Seelen zu fangen. Cor, den Spriggans, und den Kau.«
Verdutzt sprach der Getreue: »Diese beiden?«
Sie verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Ich habe keine große Auswahl unter den Anhängern, die mir freiwillig gefolgt sind«, sagte sie. »Du weißt selbst, dass kein Verbannter, einschließlich mir, das Schattenland verlassen kann –
vorerst
noch. Doch auch das wird sich ändern, nachdem die Grenzen der Welten durch den Einfluss der Zeit durchlässiger werden.«
Er hatte plötzlich einen Gedanken. »Glaubt Ihr, dass wir in die Menschenwelt fallen werden?«
»Alles ist möglich, mein Freund. Doch das wird dauern, und wenn es passieren sollte, wird es zu unserem Vorteil geschehen. Nimmst du Cor und den Kau an?«
»Ich brauche keine Helfer und schon gar nicht diese beiden. Aber wenn Ihr darauf besteht …«
»Sie sind willige Diener, für alles zu gebrauchen. Sie sind unsichtbar für die Menschen. Und sie werden dir helfen, Seelen zu beschaffen und mir zu bringen.« Die Königin näherte sich ihm. »Du bist dort draußen allein, mein Getreuer, und ich lasse dich nicht gern ziehen. Aber wen sollte ich sonst schicken?«
»Nur ich kann das tun, das wisst Ihr«, antwortete er fest. »Ich werde Euch nicht enttäuschen. Ich weiß, was Ihr fühlt und was Ihr denkt. Es wird sein, als wärt Ihr selbst dort draußen.«
Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er sah, wie ihre Nasenflügel leicht bebten, als sie dicht vor ihn trat. Ihre Erregung übertrug sich augenblicklich auf ihn.
»Oh, diese tödliche Ausstrahlung«, wisperte sie. »Wie werde ich sie vermissen … und dich …«
»Also sollten wir uns einen langen Abschied gönnen«, meinte er mit belegter Stimme, zog die Handschuhe aus und wagte es, die Hände an ihre schmale Taille zu legen.
»Ja …«, hauchte sie und hob die Hände zu seiner Kapuze. »Zeig mir dein Gesicht … Ich habe es so lange nicht mehr gesehen …« Ihre Miene verzerrte sich in freudiger, zugleich etwas furchtsamer Erwartung, als er es zuließ, dass sie die Kapuze zurückschlug.
10 Der
verlorene Schatten
Robert lag auf dem Sofa in tiefem Schlummer, als Nadja nach Hause kam. Sein Mund war geöffnet, er röchelte leicht, schnarchte aber noch nicht. Sie betrachtete ihn nachdenklich; Robert wirkte in dieser Lage so verletzlich, so harmlos …
Und sie brachte es nicht übers Herz, ihn zu wecken. »Schlaf schön«, flüsterte sie.
Außerdem war sie selbst so müde und ausgelaugt, dass sie nur noch ins Bett wollte. Trotz aller brisanten Neuigkeiten – das konnte warten.
Inzwischen ging es auf halb fünf morgens zu. Sie brauchte kein Licht mehr zu machen, um sich im leichten Dämmer zurechtzufinden. Ihre Schuhe flogen in irgendeine Ecke, nachdem Nadja ihr Zimmer erreicht hatte.
Ächzend sank sie aufs Bett und rieb sich die heißen, schmerzenden Füße. So erschöpft hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt, und sie kam sich vor wie zu Beginn ihrer Tätigkeit als Journalistin.
Bereits im Halbschlaf zog sie sich aus und kuschelte sich in die Kissen. Wenige Sekunden später
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