Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök
hielt er die Arme nach oben; sie stützte sich auf seine Hände, stemmte sich hoch und kam mit elegantem Schwung herab.
»Danke«, sagte der Prinz erleichtert. »Ich wäre dort fast wahnsinnig geworden.«
»Und ich noch vor ihm, bei diesem Bruder!« Die Prinzessin rollte mit den Augen.
Der Corvide war gerührt. »Wisst Ihr … für einen Augenblick fühlte ich mich in jene Zeit zurückversetzt, als Ihr noch winzig wart, kaum größer als ein Fingerhut, so kam es mir vor, und ich Euch in meinen Armen hielt.«
Die beiden starrten ihn an. »Ihr habt uns in Euren Armen gehalten?«, fragte Rhiannon.
»Ich habe Euch gern ein wenig getragen, wenn die Amme Euch gestillt hatte«, gestand Regiatus. »Ihr wart so entzückend … Ein so zauberhaftes Wunder, an das niemand mehr hatte glauben wollen. Und das nach dem furchtbaren Krieg, wisst Ihr …« Seine Nase schnüffelte, und er leckte sich erneut die Nüstern.
Dafydd räusperte sich. »Wie … wie ist Euch unsere Rettung gelungen?«
Die Blaue Dame winkte ab. »Götter sind ignorant, sie haben keine Ahnung vom Elfenhandwerk. Und Wasser … wisst Ihr, das kennt keinerlei Grenzen. Es ist nun einmal mein Element, das diese Himmlischen gern vergessen. Sie bedienen sich des Feuers und der Luft, manchmal auch der Erde, aber das Wasser übergehen sie zumeist.«
Der Prinz sah sich um. »Ich nehme an, Vater erwartet uns«, sagte er zögernd.
»Selbstverständlich«, bestätigte Regiatus. »Andererseits wird er nicht wollen, dass Ihr in der Schlacht, die jeden Moment beginnt, in Gefahr geratet.«
Die Prinzessin grinste. »Stimmt. Also schleichen wir uns zum Schloss, und Ihr richtet Vater aus, dass wir brav außer Schussweite bleiben und ihn erwarten.«
»
Schleichen
«, wiederholte ihr Bruder prustend.
»Ja, genau das meine ich«, beharrte sie. »Wir warten, bis alle beschäftigt sind, und dann suchen wir einen Weg nach innen.«
Die Blaue Dame griff in ihr Gewand und zog zwei Tücher hervor, die wie von Schlieren überzogen aussahen. »Setzt sie auf, und Ihr werdet unsichtbar«, sagte sie. »Es ist kaum mehr als Kinderspielzeug, aber im Getümmel hat keiner Zeit, den Trug zu durchschauen. Viel Glück.«
Sie trennten sich, und die Zwillinge machten sich auf den Weg zum Schloss. Vor ihnen standen berittene Walküren auf Wachtposten, hinter ihnen warteten die Riesen, bereit zum Angriff, und an der linken Seite, vor dem Panorama des gewaltigen Gletschers, lagerten die verfeindeten Heere, die beide dasselbe Ziel hatten.
Kurz darauf erscholl das Horn.
14 Der Wolf
Das ist Hochleistungssport!« Saul Tanner stöhnte, während er die eisige Felswand betrachtete, die sie besteigen sollten. Zum Glück hatte er eine entsprechende Ausrüstung mitgenommen, weil er gelernt hatte, durch seinen elfischen Partner auf alles gefasst zu sein – und vor allem, weil es auf dieser Insel der Extreme angebracht war.
Anstatt nach der Eroberung des Gletschers weiter Richtung Schloss zu fahren, hatte Darby plötzlich eine Kursänderung befohlen. Ja, befohlen! Tanner konnte sich gar nicht erinnern, wann ihm das letzte Mal jemand einen Befehl erteilt hatte. In der Army wahrscheinlich.
Zuerst hatte der Elf die ganze Zeit vor sich hin gedöst, sich dann abrupt aufgerichtet und auf den Gletscher gedeutet. »Da hinein, sofort!« Das alles völlig übergangslos.
Saul, der ein wenig in den Tag geträumt hatte, hatte vor Schrecken das Steuer verrissen. Das wunderte ihn allerdings nicht weiter, denn der Land Rover war ohnehin schon die ganze Zeit ohne Benzin gefahren. Ein mit Magie betriebener Motor, leise und äußerst umweltschonend, war sicher keine Freude für die Ölindustrie. Jedenfalls waren sie nicht ins Schleudern geraten, sondern hatten schnurstracks auf das leuchtende Weiß zugehalten.
Als Saul eine Frage dazu stellen wollte, war Darby ihm unwirsch ins Wort gefallen. »Tu, was ich sage! Und fahr, so schnell es geht!« Also gut, er hatte seine verletzte Eitelkeit hintangestellt. Wenn er eines als Soldat gelernt hatte, dann im Ernstfall sofort auf die Instinkte eines anderen zu hören, ohne lange zu zögern. Das hatte ihm mehrere Male das Leben gerettet.
Nach einigem Zickzackkurs zwischen den Eisausläufern war der Wagen letztlich doch in einem Loch vor einer Schneewand stecken geblieben. Da hatte auch keine Magie mehr geholfen. Tiefe Schneefalten in allen Richtungen, als würde sich der Gletscher wie ein Vorhang ausbreiten. Immerhin waren sie bis zur Steilwand gelangt.
Darby war aus dem Wagen
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