Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
beleidigen.«
»Erklärt ihr, was Ihr wünscht.«
Johannes nickte hastig. »Sinenomen hilft mir, den Wunsch Gottes zu erfüllen und ein Reich zu erschaffen, das keine Not kennt.«
Ihr Vater unterbrach ihn schon nach dem ersten Satz, ungeduldig und herrisch, wie Anne ihn kannte. »Meine mageren Fähigkeiten haben gerade für diese Ebene gereicht, aber in dir, Anne, sind sie um ein Vielfaches stärker. Sorge dafür, dass Johannes seinen Traum von einem Reich ohne Sorge erfüllen kann.«
Anne sah sich auf der kahlen Ebene um. »Du willst, dass ich ein ganzes Land erschaffe? So etwas habe ich noch nie getan.«
Er senkte seine Stimme wie immer, wenn ihn etwas wütend machte. »Denkt meine Tochter etwa, ihr Vater würde sie um etwas bitten, was unerfüllbar ist?«
»Natürlich nicht, Vater.« Sie sah ihn nicht an, wandte sich stattdessen Johannes zu. »Sagt mir, was Ihr als Erstes wünscht!«
Er war so nervös, dass der Adamsapfel in seiner Kehle auf und ab hüpfte. »Vielleicht ein wenig Wärme?«
»Natürlich. Meinem Vater fällt Wärme manchmal etwas schwer.«
Er beachtete ihre Spitze nicht. Anne hatte ihm den Gehorsam gezollt, den er von ihr erwartete. Ob sie ihn gern gezollt hatte, war egal.
Johannes hielt sein Gesicht der Sonne entgegen, als sie begann, den grauen Himmel zu erhellen. »Ah«, sagte er. »Das tut gut.«
»Was als Nächstes?«, fragte Anne.
»Vielleicht ...« Johannes runzelte die Stirn. »Das ist etwas kompliziert.«
Sie verbrachten viel Zeit miteinander. Manche Dinge, die Johannes forderte, waren leicht, andere, wie die Quelle der Unsterblichkeit, brachten Anne fast um. Es war nicht die wahre Unsterblichkeit, die konnte sie nicht gewähren. Aber sie hatte Zugang zu Quellen, die denjenigen, der regelmäßig davon zu sich nahm, nicht altern ließen. Dennoch war es beinahe zu viel gewesen, als Anne die Verbindung zu einer solchen Quelle schuf, aber das klare Sprudeln und der Glanz in Johannes’ Augen schienen den Preis wert zu sein. Anderes empfand sie als seltsam: So verlangte Johannes nach Elefanten, Walen und Löwen und nach Dromedaren. Anne glaubte, dass er nicht wusste, was ein Dromedar war; ein Eindruck, der sich verfestigte, als sie sein enttäuschtes Gesicht sah. Und er wollte nicht, dass irgendetwas in seinem Reich etwas anderes umbringen musste, um selbst zu überleben.
Anne gehorchte. Sein Wunsch war der Wunsch ihres Vaters und damit unabänderbar. Gemeinsam erschufen sie den Olymp als einen heiligen Ort und an seinem Fuß, nahe der Quelle der Unsterblichkeit, einen Palast. Johannes weinte, als er die Hallen das erste Mal betrat. Stundenlang wanderte er hindurch, berührte die Wände aus Marmor und Edelsteinen, trank das Wasser, das nach allem schmeckte, was er sich vorzustellen vermochte, und lachte wie ein Kind, als er die Elefanten vor seinem Tor mit Löwen spielen sah.
Er erzählte Anne von dem Leid, das er erlebt hatte, von den Kriegen und den Seuchen, die sein Land verwüsteten, von Gier und Hass, Elend und Armut. Und als sein Reich schließlich vollendet war und seine neuen Untertanen staunend die Wunder betrachteten, ging er vor Anne auf die Knie und dankte ihr.
Sie begriff nur wenig von dem, was er sagte. Sie war unsterblich, Tod und Krankheit berührten sie nicht. Aber sie verstand seinen Wunsch zu herrschen. Darin glichen sich Elfen und Menschen.
Ihr Vater zog in den Palast, als das Reich vollendet war. Ihm, dem Ersten seiner Art, dem Urvampir, der ein neues Geschlecht gegründet hatte, schien es auf einmal zu reichen, im Hintergrund zu stehen und Johannes als Ratgeber zu dienen. Das verstand sie weniger als die Freudentränen auf Johannes’ Gesicht und seine naiven Wünsche. Und so betrat sie eines Abends die Räumlichkeiten ihres Vaters und fragte ihn danach.
»Um ihn scheitern zu sehen«, antwortete er, nachdem er lange über ihre Frage nachgedacht hatte. »Um zu beobachten, wie sich ein Paradies in die Hölle verwandelt. Es sollte nicht allzu lange dauern, ein paar Jahrhunderte vielleicht. So lange wünsche ich nicht gestört zu werden.«
Und mit diesen Worten nahm er Anne die Erinnerung.
23 Die Göttin
Jimmy Raunga staunte.
Er konnte nicht fassen, was Rian Bonet da tat. Sie sah so zierlich und zerbrechlich aus, als müsse man sie vor allem und jedem beschützen, und doch war sie ohne ein Anzeichen von Furcht in diese Vogelhorde hineingegangen. Hatte sie diesen Gruselfilm mit den Vögeln, den dieser fette Regisseur mal vor hundert Jahren oder so gedreht
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