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Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Titel: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Manchmal glaube ich, dass sie eine eigene Zeitrechnung für sich gefunden hat.«
    »In York scheint man im Umgang mit der Zeit generell ein gewisses Problem zu haben.« Neuerlich betrachtete sie die Schnitzereien. Jetzt, da sie genauer hinblickte, sah sie Jahreszahlen und Zeichen, die übereinander geritzt worden waren. Schicht über Schicht hatten sich die Bürger Yorks hier verewigt, seit vielen Jahrhunderten.
    »Was ist das für ein Holz?« Nadja stand auf und ließ ihre Finger über das Halbrund des Blocks gleiten.
    »Eibe.« Auch O’Gill erhob sich. »Das heilige Holz der Stadt. Es ist hart und biegsam. Ideal, um daraus Bögen zu fertigen.« Er schloss die Augen und lehnte sich gegen den Stamm. »Wenn du dich konzentrierst, meinst du, die Vergangenheit spüren zu können.«
    Nadja nahm das Du kommentarlos hin. Es schien ihr in diesem Umfeld nur natürlich.
    »Denk dir endlose Wälder«, sagte Darby O’Gill mit entrückter Stimme. »Dunkelheit, von wenigen vereinzelten Sonnenstrahlen durchdrungen. Zwei Flüsse durchteilen das Gestrüpp, treffen nach seltsamen Irrwegen aufeinander und vereinigen sich. Die silbrig glänzenden Leiber der Lachse kämpfen gegen die Wasser an, wollen mit all ihrer Kraft zurück an die Quellen, um dort in einem letzten Kraftakt Nachwuchs zu zeugen und so ihren Lebenskreis zu schließen.«
    Nadja ließ sich ebenfalls gegen den Stamm sinken. Sie meinte, eine geheimnisvolle, ewige Kraft zu spüren, die hinter der geschwärzten Borke verborgen war. Das Stimmengewirr der Yorker wurde leiser, verstummte endgültig. Um sie war das, was ihr Darby beschrieb ...
    »Seltsame Gestalten schleichen durch den Wald«, fuhr der seltsame Mann fort. »Kelten sind sie. Halbwilde, die dennoch mit bemerkenswerter Überlebensintelligenz ausgestattet sind. Ihre Oberkörper sind blau und braun bemalt, die Zähne zum Teil angeschliffen. Sie halten einfache Bronzewerkzeuge und Schleuderwaffen in ihren Händen. Frauen und Kinder verschwinden im Gehölz. Sie werden nach Beeren und Feuerholz suchen. Die Männer und Halbwüchsigen hingegen steigen ins Wasser, dünne und biegsame Speere in den Händen haltend. Sie bewegen sich sachte im ufernahen Flusswasser. Sie tun dies so langsam und so unendlich vorsichtig, dass man meinen könnte, die Zeit stünde still.«
    Darby O’Gills Hand legte sich über Nadjas. Sie ließ es geschehen. Es schien ihr nichts Unanstößiges in dieser Situation. Dies alles war so merkwürdig und fremd, dass sie froh darüber war, die Anwesenheit des Mannes zu spüren. Wer wusste schon, was geschah, wenn sie die Augen wieder öffnete? Würde sie sich dann im Lager der Kelten befinden – oder zurück am Ausgangspunkt dieser gedanklichen Reise, im Eborachonn?
    »Die Männer jagen mit einer Geduld, die uns neuzeitlichen Menschen völlig fremd ist. Stundenlang stehen sie da, mehrere Schritte voneinander entfernt, sodass keiner die Kreise des anderen stören kann. Plötzlich, unvermittelt, stößt einer der Krieger zu. Sein Speer ruckt hinab, trifft auf zappeliges Fleisch. Er bringt seine Beute rasch hoch, lässt sie die meiste Energie an der ungewohnten Luft verlieren und beißt ihr nach geraumer Zeit an einer bestimmten Stelle in den Nacken. Das Zappeln endet. Der Mann schleudert den Lachs ans Ufer, dorthin, wo bereits ein Dutzend oder mehr dieser prächtigen, fast meterlangen Tiere liegen.«
    Darby O’Gill holte Atem. Nadja konnte hören, wie er einen Schluck vom Whisky nahm.
    »Am späten Nachmittag kehren die Männer zurück ans Ufer. Ihre Leiber sind blau von der Kälte, und sie zittern. Kinder und Frauen haben mittlerweile mehrere Feuerstellen und Holzgerüste errichtet. Die Lachse werden aufgebrochen, an einfache Haken gesteckt und an grobem Schnurwerk über breite Äste gehängt. Manche bereitet man fürs Abendmahl zu, andere werden geräuchert, um dem Stamm viele nahrhafte Tage zu garantieren.
    Alle sind zufrieden. Dies ist ein Fleck, der dank des Flussverlaufs Sicherheit nach drei Seiten hin bietet. Die Wälder sind reich an Wild und Früchten, das Wasser frisch. Krebse, kleine und große Fische garantieren ausreichend Nahrung für die dunklen Jahreszeiten.
    Der Stammesführer beschließt, dass sie hier ihr Winterquartier aufschlagen werden. Bäume werden gefällt, Fallen gelegt, erste und primitive Waldhäuser entstehen, deren Fundamente nach und nach mit Steinen verbessert werden, welche die Kelten in der Umgebung finden. Dank mehrerer umsichtiger Raubzüge gelangen sie an Vieh, das

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