Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
herbeizuweben.
Zwischenspiel
Eine andere Welt
Alebin trat zwei Schritte vor und öffnete die Augen. Er fand sich in einer Welt wieder, in der die Dunkelheit diffuser war, die Sterne anders leuchteten, der Mond in hartem Silber auf die Wiese herabstrahlte und der Wind das Wasser des nahen Teiches sich scharf kräuseln ließ, anstatt es in weichen Wellen vor sich herzutreiben.
Er war in der Welt der Sterblichen, in der jeder einen Schatten warf, außer denen, die nicht dorthin gehörten.
Für einen längeren Aufenthalt hätte der Elf Vorkehrungen getroffen, einen Schatten zu erzeugen. Er war schon oft hergekommen, denn seine Kunst und sein Leben waren mit dem Volk der Schotten eng verwoben, mit denen ihn auch sein Name verband. »Alebin« hieß nichts anderes als »der Schotte«.
Doch er hatte nicht vor, lange zu bleiben, und auf einen Schatten verzichtet. Er war hier, um ein Tor zu benutzen, von dessen Existenz die Sidhe Crain nichts ahnten.
Das Wissen, dass es aus dem Schattenland inzwischen ein Tor in die Menschenwelt gab, hätte Fanmór außer sich gebracht. Bisher hatte das Verbannungstor vom Elfenreich immer nur in eine Richtung gewiesen: ins Schattenland. Eine Rückkehr gab es nicht – bis zu jenem denkwürdigen Tag, da es Bandorchu gelang, ein Tor zu den Sterblichen zu öffnen. Der Herrscher wusste es nicht, aber dank dieses Tores waren Bandorchus Untertanen, das freiwillige Gefolge der Dunklen Königin, frei. Sie waren nicht länger an sein Urteil, an ihre Verbannung gebunden. Möglicherweise befreite sich die Dunkle Königin eines Tages selbst.
Und das war nicht alles. Fanmór hatte auch keine Ahnung, dass der Schotte den Meidlingsschwur nur geleistet hatte, um in Diensten seiner Königin am Hof der Crain zu spionieren. Das hatte er Gwynbaen geschworen, bevor er sich zu den Abtrünnigen gesellt und Schande auf sich genommen hatte. Alebin hatte alles ertragen und nie die Hoffnung aufgegeben, dass seine Herrscherin einen Ausweg fand.
Wie groß war daher seine Freude gewesen, als ihm ein geflügelter Bote von Bandorchus Toröffnung berichtete! Damit konnte er ihr wieder – natürlich in aller Heimlichkeit – dienen und ihr alle Informationen zutragen, die sie wünschte.
Trotzdem hatte Alebin versucht, Fanmór umzustimmen und ihn um Gnade zu bitten. Dem Schotten war an einer Einigung des Volkes gelegen. Er war überzeugt, dass nur Gwynbaen/Bandorchu der Thron der Crain zustand. Dass ihr bitteres Unrecht zugefügt worden war. Sein letzter Versuch der Versöhnung lag nicht lange zurück und hatte ihn beinahe das Leben gekostet. Alebin hatte alles getan, um das drohende Unheil vom Elfenvolk abzuwenden. Den Rest hatte sich Fanmór, stur und verbohrt, wie er war, selbst zuzuschreiben.
Alebin stieß einen Pfiff aus und wartete, legte den Kopf zurück und genoss den Mondschein auf seiner Haut. Eine Weile später hörte er die Geräusche eines sich nähernden Tieres, und wenige Augenblicke darauf löste sich ein heller Fleck aus der Nacht und jagte auf ihn zu. Kurz vor Alebin verharrte er plötzlich und gab ein lautes Hecheln von sich. Der Elf streckte die Hand aus und tätschelte den Kopf des riesigen weißen Hundes.
»Meine Schöne. Gut, dass du hier bist. Komm her und hilf mir!«
Der Elf zog eine Holzdose aus der Tasche und entnahm ihr eine Salbe, ehe er sie wieder verschloss und in die Tasche fallen ließ. Er beugte sich zu dem Hund und flüsterte ihm ins Ohr, gleichzeitig strich er die Salbe über das dichte zottelige Fell. Silbernes Mondlicht schien sich in der glänzenden Schicht zu fangen und sich über das gesamte Fell zu verteilen.
Die Augen des Tieres wurden groß und begannen von innen zu glühen. In wachsender Unruhe warf es den Kopf herum, und es wirkte wie das Kreisen von Feuerrädern. Das Fell schimmerte stärker und richtete sich auf, und die ganze Gestalt des Hundes folgte ihm.
Alebin stellte sich mit breiten Beinen über den Hund. Binnen weniger Augenblicke war das Tier so groß, dass es ihn vom Boden hob. Dann endete das Wachstum. Der Elf lehnte sich nach vorne, packte das Fell an den Seiten des Kopfes und neigte sich zum Ohr hin.
»Los, meine Schöne. Du kennst den Weg. Bring uns durch die Nacht!«
Die zur Größe eines Ponys angewachsene Hündin bellte einmal tief, ehe sie mit einem Sprung startete und durch die Dunkelheit hetzte. Mit dem Elfen auf dem Rücken jagte sie über Steinmauern, rannte Kieswege entlang und hetzte über eine Straße, auf der in der Ferne die Lichter eines
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