Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
sich, ihm zu folgen. Doch sie kamen nur wenige Schritte weit.
»Sie wissen, wo die Engel sind, und wollen es nicht sagen!«, schrie die Frau hinter ihnen.
Ein anderer fiel ein: »Lasst sie nicht weg!«
Auf einmal drängten die Leute heran und streckten unter sinnlosen Drohungen ihre Arme nach ihnen aus. Nadja duckte sich und versuchte, eine Lücke zu finden, während Robert wütend die nach ihnen ausgereckten Arme beiseitestieß.
»Sie sind ja alle übergeschnappt!«, rief er. »Das ist Unsinn! Lassen Sie uns in Ruhe!«
»Zurück ins Krankenhaus«, sagte Nadja und versuchte, Robert mitzuziehen, als sie zwischen zwei Leuten hindurchschlüpfte. Doch einige hatten bereits seinen Mantel gepackt und hielten ihn fest. Die beiden wurden getrennt.
»Sagt uns, wo die Engel sind!«, »Los, spuckt es aus!«, »Ruft sie her mit euren Bändern!«, hörte Nadja die Menge schreien, während sie bei ihrem Versuch, die Türen des Krankenhauses zu erreichen, hin und her gestoßen wurde. Sie spürte ein Zerren an ihrer Kleidung, ihrer Tasche und ihrem Haar. Schließlich packte jemand ihre Hand und drehte ihr den Arm auf den Rücken, ehe sie mit einer Aikido-Technik reagieren konnte.
Sie schrie auf.
In diesem Moment hörte sie den schrillen Ton einer Trillerpfeife, und sofort schien jeder in der Bewegung zu stocken.
»Machen Sie Platz da!«, rief ein Mann in Befehlston. »Was ist hier los? Gehen Sie auseinander und geben Sie den Mann frei!«
Nadja gelang es, sich etwas zu winden, und sie sah über die Köpfe der anderen hinweg die Schirmmütze eines Polizisten. Sie dankte dem Schicksal im Geiste dafür, dass dem Durchschnittsdeutschen der Respekt vor einem Polizisten noch immer mehr galt als die Beeinflussungsmacht des Spriggans.
Inzwischen hatte der Mann hinter ihr den Griff an ihrem Handgelenk weit genug gelockert, dass sie sich mit einer schnellen Drehung und einem Tritt auf seinen Fuß befreien konnte. Sie drängte sich zwischen den Leuten hindurch auf den Polizisten zu, der dicht neben Robert stand und die Menge musterte. Mit einem schnellen Blick versicherte sich Nadja, dass Robert zwar ähnlich zerzaust war wie sie, aber offensichtlich unverletzt.
»Herr Wachtmeister«, setzte sie an.
»Die Leute haben uns beleidigt«, rief in diesem Moment die Frau von zuvor.
»Sie haben gelästert und blasphemische Dinge gesagt«, schrie ein anderer. »Müssen wir uns so etwas gefallen lassen?«
Nadja schüttelte den Kopf, während rings um sie wieder ein bedrohliches Gemurmel anhob. Der Polizist musterte sie kritisch.
»Stimmt das? Haben Sie die Leute hier provoziert?«
»Aber nein, das ist kompletter Unsinn! Die sind aus heiterem Himmel über uns hergefallen, nur weil wir die junge Frau kennen …«
»Lügner!«
»Provokateure!«
»Lästerer!«
Der Polizist runzelte die Stirn und sah sich um.
»Ruhe!«, brüllte er mit einer Stimmlautstärke, die nur auf jahrelange Übung zurückgeführt werden konnte. Dann wandte er sich wieder Nadja zu. »Wo Rauch ist, ist auch ein Feuer. Unbescholtene Bürger fallen nicht so mir nichts, dir nichts über andere Leute her. Irgendetwas steckt dahinter, und das werden wir herausfinden. Hannes!«
Er winkte seinen jüngeren Partner herbei, der am Straßenrand stehen geblieben war.
»Wir nehmen die beiden Leutchen hier vorläufig mit aufs Revier«, wies er ihn an und ließ seinen Blick über die versammelten Menschen schweifen. »Sie anderen können sich im Laufe des Tages bei uns melden und Ihre Aussagen machen, falls Sie etwas zu sagen haben. Fragen Sie einfach nach Herrn Schönthaler.«
Mit einem festen Griff packte er Nadja am Oberarm. Erbost starrte sie ihn an und wollte gerade eine Schimpftirade über ihn ergießen, die ihren italienischen Vorfahren alle Ehre gemacht hätte, als sie das leichte Zwinkern in seinem Augenwinkel bemerkte. Sie sah zu Robert, der den zweiten Polizisten mit einem heftigen Stirnrunzeln bedachte. Als er bemerkte, dass die Leute von ihm abließen, folgte er dem Jüngeren jedoch widerstandslos. Nadja und Schönthaler schlossen sich ihnen an.
Die beiden Polizisten führten sie zu einem in der Nähe stehenden Streifenwagen und ließen sie auf der Rückbank Platz nehmen, ehe sie selbst vorne einstiegen. Nadja warf einen letzten Blick zurück. Sie hatte den Eindruck, dass sich bei einigen Leuten die Aggressivität bereits wieder auflöste und durch Verwirrung ersetzt wurde. Es war fraglich, ob sie sich später überhaupt noch an das erinnern würden, was sie
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