Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
Giorgio außer sich. »Der größte Skandal aller Zeiten, und Carla ist nicht dort!«
»Ich weiß«, sagte Nadja.
»Das war eine ganz miese, intrigante und unerhört unkollegiale Egotour!«
»Ich weiß«, wiederholte Nadja.
»Was willst du noch hier? Hast du nicht schon genug Schaden angerichtet?«
»Jetzt beruhige dich.« Nadja reichte ihm zusammen mit Carlas Ausweis eine CD. »Darauf sind Fotos und zwei Berichte in Stichworten, die ich heute Morgen getippt habe. Der eine ist für dich, der andere für Carla. Formuliert es aus, teilt die Bilder auf, setzt eure Namen darunter und veröffentlicht es.«
Giorgios Wut verrauchte augenblicklich, dazu war er viel zu professionell. Er hastete zu seinem Computer, legte die CD ein und rief die Dateien auf. Etwa drei Minuten lang starrte er schweigend auf den Schirm. Dann löste sich seine Miene. »Nadja, das ist …
du
bist genial.« Er sprang auf und umarmte sie impulsiv. »Das ist das Beste, was wir je bekommen haben. Damit wirst du berühmt!«
»Nein.« Nadja schüttelte den Kopf. »Ich sagte es schon: Ihr beide setzt eure Namen darunter. Das bin ich euch schuldig, weil ich euch ausgenutzt habe. Vor allem wegen Carla tut es mir leid. Ich hoffe, sie kann sich inzwischen schon drei Meter von der Toilette entfernen.«
»Hat es sich wenigstens für dich gelohnt?«, fragte Giorgio. Er lehnte sich an den Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie neugierig.
Sie lächelte. »Ich weiß, ich sehe wieder einmal furchtbar aus. Aber ich bin nur müde. Ansonsten – ja, es hat sich gelohnt. David ist wieder bei uns, und er wird sich erholen.«
»Du hattest also den richtigen Riecher …«
»Ja, ein Glück.«
Giorgio winkte ab. »Glück hat damit nichts zu tun. Vielleicht erzählst du mir ja eines Tages, was wirklich los war. Würde mich freuen.«
»Ja, vielleicht, eines Tages, wenn ich dir mein Buch über meine Lebensgeschichte vorstelle«, grinste Nadja. Sie umarmte Giorgio und küsste ihn auf beide Wangen. »Ich danke dir, dass du mir verzeihst. Du bist wirklich ein Freund.«
»Reist du gleich ab?«
»Nein, wir verbringen noch einige Tage hier, bis David und Rian wieder zu Kräften gekommen sind. Mein Vater hat zudem ein paar Termine und ich muss eine Entscheidung treffen. Ich werde also keine Zeit mehr haben, noch einmal hier bei euch vorbeizuschauen – außerdem traue ich mich nicht, Carla über den Weg zu laufen.«
Giorgio prustete los. »Das solltest du besser auch nicht.«
Als Nadja kurz darauf erleichtert das Gebäude verließ, wartete jemand draußen auf sie. Während sie noch überlegte, woher sie die blauen Augen und das unverschämte Grinsen kannte, verbeugte er sich schwungvoll mit einem imaginären Hut.
Überrascht blieb Nadja stehen. »Tom! Ich bin froh, dass du heil rausgekommen bist.«
Er nickte. »Falls es dich interessiert – die Contessa und ihr Vater sind in Sicherheit. Sie haben bereits einen Anwalt, und ich habe den unglaublichen Vertrag für ein Exklusivinterview in der Tasche. Damit werde ich reich, wetten? Allein die Filmrechte …«
»Umso besser«, lächelte sie.
»Warum machst du das?«, fragte er verständnislos. »Du bist jünger als ich und ehrgeizig. Das sehe ich dir nicht nur an, ich weiß es aus dem Internet. Die Geschichte in Paris mit diesem Boy X … Daran hättest du anknüpfen können und wärst schlagartig die begehrteste Sensationsreporterin des Kontinents.
Nadja Oreso – Herrin des Mysteriösen
. Wahrscheinlich würden sie dir eine eigene TV-Sendung geben.«
»Eben das will ich nicht, Tom.«
»Rede keinen Unsinn. Jeder will das.«
Sie schüttelte den Kopf. »Meine Prioritäten haben sich geändert.«
Er musterte sie prüfend. »Dein Freund, eh? Der mit den spitzen Ohren? Ziemlich albern, als Elf verkleidet zu gehen, selbst für Venedig. Und er scheint auf Kettenzeugs zu stehen.«
Nadja lachte. »Er ist ein bisschen komisch.«
»Wie du.«
Eine Weile gingen sie still nebeneinander her. Nadja genoss die Sonnenstrahlen im Rücken, vor allem auf der pochenden Schulter. Grogs Behandlung wirkte schon, aber ein paar Tage Geduld brauchte sie noch. Nun ja, die hatte sie.
Und Venedig zeigte wieder ein strahlendes Gesicht, jede Düsternis war verschwunden. Sie konnte entspannen und die Stadt wie ein ganz normaler Tourist auf sich wirken lassen.
»Wie hast du mich gefunden?«
»Wenn ich keine Kollegin in einem Siebzigtausend-Seelen-Nest finden kann, bin ich ein mieser Reporter«, antwortete er
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