Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
fast beleidigt.
»Dabei bist du ein ziemlich guter«, schmunzelte sie.
»Aber nicht so gut wie du«, konterte er. »Also, warum hast du mir die Chance auf den Pulitzer-Preis gegeben?«
Nadja antwortete so offen wie möglich. »Du hast David und mir das Leben gerettet und einer Menge anderer Leute auch. Das war ziemlich mutig. Ich schulde es dir.«
Tom seufzte. »Na schön, geheimnisvolle Colombina, belassen wir es dabei. Bleiben wir wenigstens miteinander in Kontakt?«
Es konnte nicht schaden. Nadja gab ihm ihre Visitenkarte.
»Tatsächlich, einfach so?« Er lachte und zückte seine Adresse. »Aber nicht gleich wegwerfen, ja?«, drohte er. »Ich werde mich bei dir melden.«
»Ich mich bei dir auch. Nicht in den nächsten Wochen, aber irgendwann … sicher.«
»Vielleicht könnten wir mal was zusammen machen.«
»Ja, vielleicht. Aber jetzt brauche ich erst ein bisschen Zeit für mich. Und für David. Er muss das alles noch verarbeiten, und ich will bei ihm sein.« Nadja ergriff Toms Schultern und küsste ihn auf beide Wangen, wie zuvor Giorgio. »Ich muss jetzt gehen, Tom. Lauf doch in die Redaktion rauf und unterhalte dich mit unserem Kollegen Giorgio über unser gemeinsames Abenteuer. Er wird dich umbringen, wenn er erfährt, dass du das Exklusivrecht an der Contessa hast – und wieder ins Leben zurückholen, wenn du ihm dafür ein Augenzeugeninterview mit dir anbietest.«
»Du bist eine erstaunliche Frau, Nadja«, sagte Tom bewundernd und umarmte sie. »Pass auf dich auf.«
»Ich will nur nicht, dass Geschichten verloren gehen«, sagte sie ernst. »Achte auch auf dich, Scaramuccia.« Sie hob die Hand zum Abschied und schlug den Weg nach Hause ein.
Dort rührte sich immer noch nichts, und sie holte sich eine Kleinigkeit zu essen aus der Küche, fütterte den Kater und ließ ihn raus, dann legte sie sich ins Bett und schlief durch bis zum nächsten Morgen.
Am Montagvormittag brachte Nadja das ramponierte Kleid zu Signor Luigi Valderi zurück. Sie wollte sich wegen des Zustands entschuldigen, aber Luigi packte sie und brachte sie in den Lagerraum, weg von allen Kunden.
»Signorina Colombina, ich bin heilfroh, Sie gesund wiederzusehen«, sprudelte es aus ihm heraus. »Was da passiert ist, auf der Insel …«
»Ja, das war ganz schön aufregend. Aber ich habe es nur am Rande mitbekommen.«
Er bewegte verneinend den Finger. »Meine Liebe, solange ich diesen Laden betreibe, war es jedes Jahr dasselbe. Und dann kommen Sie, und die ganze Insel geht unter. Machen Sie mir nichts vor, damit haben Sie zu tun. Außerdem haben sämtliche Zeugen Sie erwähnt.«
»Sie scherzen!«, sagte Nadja erschrocken.
»Aber nein, mein Schwager ist bei der Polizei«, versicherte der Signore. »Er macht gerade die Karriere seines Lebens. Er ist sehr stolz auf mich, weil ich Ihnen das Kleid geliehen habe.«
»Signor Valderi, wegen des Kleides …«
»Das lässt sich leicht restaurieren, Sie haben es ja in einem Stück wiedergebracht.«
Nadja war zutiefst beunruhigt. »Und wann wird die Polizei mich holen kommen?«
»Pfft. Gar nicht.« Luigi blies die Backen auf. »Ich habe meinem Schwager einen erfundenen Namen und eine Beschreibung gegeben, die von Ihrem wahren Aussehen so weit entfernt ist, dass er sich die Füße wundlaufen wird. Aber er muss ohnehin ein paar Pfund abnehmen.«
»Danke … danke. Aber warum …«
»Kindchen, Sie sind jung und sollen leben. Dieser Fall wird die Behörden auf Jahre beschäftigen, und Sie können ja doch nichts dazu beitragen, weil der Conte samt Hofstaat auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.« Luigi zwinkerte verschmitzt. »Irgendetwas sagt mir, dass wir ihn nie wiedersehen werden. Dafür aber finden die Ermittler mit ihren Schaufeln und Spürhunden umso mehr auf dem Anwesen. Mit dieser Geschichte wird sich Venedig den ganzen Winter am Leben erhalten und noch viele weitere Winter nach ihm. Sie haben uns eine neue Legende gebracht und einen Schrecken genommen. Und jeder wird das Kostüm der Colombina sehen wollen, die das alles möglich gemacht hat. Ich werde den begehrtesten Kostümverleih von ganz Venedig leiten! Eigentlich müsste ich Ihnen etwas bezahlen.«
Nadja lächelte gerührt. »Das ganz gewiss nicht, Signore. Dann werde ich jetzt besser gehen, und nochmals danke.«
»Leben Sie wohl, Signorina. Wollen Sie wieder hinten raus?«
»Danke, heute nehme ich die Vordertür.«
Als Nadja den Laden verließ, stand Fabio draußen. »Komm«, sagte er, »gehen wir einen Kaffee
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