Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
lenkte sie ab: »Aber wenigstens habe ich einiges von Bedeutung herausgefunden. Bandorchu kann aus dem Schattenland ein Tor in die Menschenwelt öffnen, obwohl das angeblich unmöglich sein soll. Ich habe es jedoch selbst gesehen. Und die rätselhaften Komafälle sind damit auch aufgeklärt – die Königin verschlingt die Seelen der Opfer, um quasi ihre Unsterblichkeit zu erhalten.«
Pirx schüttelte sich. »Schauerlich! Wie kann man nur so böse sein.«
»Fanmór muss das erfahren, und zwar auf dem schnellsten Weg«, sagte Fabio ernst. »Wie es aussieht, entflammt der Krieg zwischen Bandorchu und den Crain von Neuem.«
»Das sehen wir auch so«, stimmten die Zwillinge zu. Pirx und Grog nickten.
»Vor allem solltet ihr beide euch dort eine Weile erholen«, fuhr Fabio fort. »Ihr habt euer Leben beinahe verloren und müsst euch regenerieren.«
»Aber wir sind dem Quell keinen Schritt nähergekommen«, wandte David ein.
Fabio wiegelte mit einer Geste ab. »Ihr habt Bedeutsames herausgefunden! Das ist momentan wichtiger als der Quell. Fanmór muss sich darauf einstellen, dass Bandorchu eines Tages freikommt. Und es muss eine neue Strategie hinsichtlich des Quells geplant werden, um dem Getreuen und seinen Helfern zuvorzukommen. Und ihm gleichzeitig aus dem Weg zu gehen. Ihr dürft nicht länger, vor allem nicht ohne Fanmórs Wissen, der Gefahr ausgesetzt werden, in die Gefangenschaft von Bandorchu und dem Getreuen zu geraten.«
»Das bedeutet«, sagte Rian langsam, »wir müssen Abschied nehmen.«
»Das haben wir doch immer gewusst«, sagte David. »Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, und Venedig ist genau der richtige Ort, um durchs Portal zu gehen.«
Grog musterte Nadja, die die ganze Zeit auffällig still dabeigesessen hatte. »Was quält dich?«
»Es ist gut, wenn wir uns trennen, ich habe euch schließlich verraten«, sagte sie traurig. »Ich bin ein Bündnis mit dem Getreuen eingegangen, um meine armselige Haut zu retten, und nur reines Glück ließ uns entkommen.«
Rian legte eine Hand auf ihren Arm. »Du hast das einzig Richtige getan. Dir blieb gar keine andere Wahl.«
»Ich weiß nicht«, murmelte Nadja. Sie richtete die Augen auf den Teller und merkte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich und ihre Haut ungesund kalt wurde. Sie fröstelte.
»Hör auf mit dem Unsinn«, brummte David. »Niemand macht dir einen Vorwurf, also zerrütte dich nicht! Wir verdanken dir unser Leben. Du bist mutiger als jeder große Kriegsheld, dessen Geschichte ich je gelauscht habe.«
Grog sagte sanft: »
Wir
sollten uns schuldig fühlen, weil du dich für uns in Lebensgefahr begibst.«
»Und nicht mehr entkommen kannst!«, fügte Pirx auf seine gewohnte ungeschickte Art hinzu. »Der Getreue hat geschworen, dich zu töten, das wird er …«
»Pirx!«
, fuhr Rian ihn wütend an. »Kannst du nicht
ein Mal
deinen vorlauten Mund halten?«
Der kleine Igel klappte die zierliche Schnauze zu und machte ein verlegenes Gesicht.
Nadja winkte ab. »Lasst nur, er hat ja recht. Das ist nichts Neues für mich, schließlich hat der Getreue mir das schon während unserer ersten Begegnung angedroht. Damals stand ich vor der Entscheidung, euch zu helfen oder weiterzuleben wie bisher. Ich habe mich für euch entschieden, also auch mit allen Konsequenzen. Außerdem glaube ich als unverbesserliche Optimistin daran, dass wir einen Ausweg finden werden und das Gute siegt.«
Fabio sprach plötzlich dazwischen: »Tochter, ich möchte dich für einen Moment gern unter vier Augen sprechen. Entschuldigt uns bitte.« Er packte sie am Arm, ohne ihre Antwort abzuwarten, und zog sie mit sich ins Büro nebenan. Mit ernster Miene drückte er Nadja auf einen Stuhl und schloss dann sorgfältig die Tür.
»Was ist los?«, fragte sie verunsichert.
Fabio holte sich einen zweiten Stuhl und zog ihn nahe zu ihr, setzte sich und ergriff ihre Hände. »Was hat er dir angetan?«
Nadja wich dem Blick ihres Vaters aus.
»Rede mit mir, Nadja«, sagte er eindringlich. »Was es auch ist, du musst darüber sprechen. Mit mir, hier und jetzt.«
Eine Träne stahl sich in ihren Augenwinkel. »Er hat mir nichts angetan«, wisperte sie.
»Das ist nicht wahr«, widersprach Fabio. »Sag es. Dann hat es keine Gewalt mehr über dich. Es gibt nichts, dessen du dich schämen müsstest.«
Ihre Stimme war fast nicht mehr zu hören. »O doch, Papa. Du weißt ja nicht …«
»Deswegen sitzen wir jetzt hier. Ich will, dass du es mir freiwillig sagst, aber wenn du dich
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