Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
treiben, bevor Fabio den Motor startete und zur Stadt zurückfuhr.
Nadja fror erbärmlich, aber sie genoss es. Den Fahrtwind, der von Freiheit erzählte, die Lichter der Stadt und David, der zusammengesunken auf dem Sitz lag.
»Du hast dich ins Boot gesetzt?«, sagte sie zu Pirx.
»Wieso auch nicht?«, erwiderte der Igel munter. »Wir wären ja schon viel früher gekommen, aber da war dieser verflixte Sturm! Zwar nur über Tramonto, aber wir konnten nicht anlegen. Seit Stunden kurven wir schon hier rum!«
»Das war der Getreue«, sagte Nadja. »Er hat den Schutzbann eingerissen.«
Pirx kugelten fast die Knopfaugen aus dem Kopf. »Der war auch da? Na, alles, was Recht ist!«, krähte er begeistert. »Mannomann, du legst aber auch alles in Schutt und Asche, wo du aufkreuzt, oder?«
»Und dabei warst du nicht mal dabei.« Auflachend packte Nadja den überraschten Pixie und zerquetschte ihn fast an ihrer Brust. »Was bin ich froh, euch zu sehen!«
17 Abschied
Gegen halb fünf Uhr morgens kamen sie in der Ca’ d’Oreso an. Grog erwartete sie bereits am Hintereingang. Bevor Nadja protestieren konnte, wurde sie in eine Badewanne mit heißem Wasser verfrachtet und mit einem stärkenden Tee versorgt. Als Grog, der ihr den Tee brachte, ihre misshandelte Schulter sah, setzte er zuerst seine Heilkräfte ein, dann bestrich er die geschwollene und heiß pochende Stelle mit einer klebrigen Paste. Nach dem Bad ging Nadja ins Wohnzimmer, wo die ganze Familie versammelt war, einschließlich des Katers, der sie schnurrend begrüßte. Fabio hatte David von den Eisenringen befreit, die tiefe Spuren hinterlassen hatten. David und Rian saßen nebeneinander auf dem Sofa; sie konnten sich kaum wach halten, aber keiner wollte schlafen gehen, bevor Nadja nicht ihre Geschichte erzählt hatte.
Und das tat sie, so ausführlich und gleichzeitig so knapp wie möglich. Alle hörten aufmerksam und staunend zu. Was das Bündnis mit dem Getreuen betraf, so reagierten sie eher ungläubig als geschockt; das würde vermutlich noch kommen. Sie alle, Nadja einbezogen, mussten die ganze Geschichte erst einmal verdauen.
»Also gut«, sagte Fabio abschließend und erhob sich. »Es ist jetzt fünf Uhr und Zeit, schlafen zu gehen. Ich trage erst Rian rauf, und dann David.«
»Mich trägt niemand rauf!«, protestierte David, stand auf und sackte zwischen Tisch und Sofa zu Boden.
»Also gut«, sagte Fabio. »Ich bringe zuerst David rauf.«
Der Prinz war viel zu schwach, um sich zu wehren. Noch auf der Treppe verlor er das Bewusstsein. Anschließend wurde Rian in ihr Bett gebracht. Grog und Pirx räumten auf und der Kater bezog die gewohnte Wache vor der Tür.
Zuletzt packte Fabio Nadja und trug sie nach oben. Auch sie war nicht mehr fähig, sich zu wehren. »Du bist sehr stark für dein Alter«, murmelte sie.
Er lachte leise und legte sie im Bett ab, rückte das Kissen zurecht und deckte sie zu. Dann setzte er sich zu ihr und ergriff ihre Hand. »Nadja«, sagte er mit einem zitternden Klang in der Stimme, den sie bei ihm noch nie gehört hatte. »Was du da getan hast, war unglaublich dumm.«
»Ich weiß«, flüsterte sie. »Aber anders hätten wir es nicht geschafft. Ich bin froh, dass ihr gekommen seid, weil ich das Boot wahrscheinlich an der Rialto versenkt hätte. David und ich wären jämmerlich ertrunken.«
»Jetzt ist alles gut. Schlaf und erhol dich.«
»Die Zwillinge …«
»In ein paar Tagen sind sie wieder wohlauf. Wir werden uns ausführlich über alles unterhalten, aber dazu ist noch Zeit genug.«
Am Sonntag wachte Nadja um neun Uhr auf. Das Haus war still, aber das war kein Wunder. Sie alle brauchten Ruhe. Nadja jedoch hatte eine Menge zu tun – und einige Schulden zu bezahlen. Obwohl sie sich sehr zerschlagen fühlte, duldete das keinen Aufschub. Sie konnte sich erst erholen, wenn alles erledigt war.
Kurz nach elf verließ sie heimlich das Haus und lief hinunter zur Redaktion. Angesichts des herrlichen Wetters erwachten ihre Lebensgeister schnell wieder. Auf den Straßen war nicht besonders viel los; die wenigen Touristen, die noch in Venedig weilten, würden erst am Nachmittag für ein oder zwei Stunden eintreffen.
Sie hatte ordentliches Herzklopfen, als sie die knarzenden Stiegen hinaufging und vorsichtig den Kopf zur Tür hineinsteckte.
Giorgio war da und allein. Als er Nadja sah, warf er einen Radiergummi nach ihr, und sie duckte sich, kam aber herein.
»Du hast vielleicht Nerven, hier aufzukreuzen, Nadja!«, rief
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