Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
Melodien. An den Seiten standen Tischreihen mit Snacks und opulenten Gerichten, zauberhaft mit Gemüse und frischen Früchten und Eisfiguren dekoriert. Nadja lief das Wasser im Mund zusammen; das würde sie sich keinesfalls entgehen lassen. Auf diese Weise konnte sie unauffällig Kontakte knüpfen und Fragen stellen.
Für die älteren und ermüdeten Herrschaften standen Sitzgelegenheiten für einen oder zwei bereit. Von der etwa zehn Meter hohen Decke hingen gewaltige Lüster herab, die teils elektrisch gedimmtes, teils echtes Kerzenlicht verbreiteten. Dazwischen waren Schaukeln und Kugeln angebracht, auf denen wie Ballerinas gekleidete junge Frauen ihre biegsamen Akrobatikkünste darboten. In der Halle waren zudem kleine Podien aufgestellt, auf denen Feuerschlucker, Pantomimen und Jongleure Kunststücke vorführten. Es gab auch Kartenspieler und Zauberer, und sogar ein Kasperletheater.
Nadja war beeindruckt. Das alles war sehr dekadent, aber großartig inszeniert. Dementsprechend war auch die Stimmung; wer sich hier nicht amüsierte, dem war nicht zu helfen.
Nachdem sie die Pressemappe in ihrer Tasche verstaut hatte, arbeitete sich Nadja zum Büfett vor und belud einen Teller mit allerhand Leckereien, die allesamt teuer und kalorienreich waren. Alles, was sie sich sonst nie gönnen würde. Sie setzte sich auf ein rotes Plüschsofa, legte den Teller auf dem Schoß ab und begann zu essen. Es war sehr angenehm, sich hinter dem Schutz der Maske verstecken und gleichzeitig während des Essens unauffällig beobachten zu können. Nicht, dass sie jemand gekannt hätte – aber die Maskerade verhinderte von vornherein Verwechslungen und Nachfragen. Es wäre unhöflich gewesen, nach dem Namen hinter einem Auftritt zu fragen. Genau darum ging es ja: für eine Nacht jemand ganz anderes zu sein, sich in eine Rolle fallen zu lassen, die man sonst nie einnehmen würde.
Nadja holte sich noch einen Nachschlag und etwas zu trinken; aber dann musste es genug sein, entschied sie bedauernd, denn das Mieder spannte bereits ordentlich um die Taille. Als sie zu ihrem Platz zurückkehrte, saß dort eine blaue Dame.
Nadjas Schritt stockte für einen Moment. Diese Edeldame hatte sich besonders auffällig und gleichzeitig einzigartig zurechtgemacht: Ihre Haut war völlig blau, die Augenmaske weiß, mit silbernen Pailletten und Federn besetzt, und das Rokokokleid von unbestimmbarer Farbe – nicht Weiß, aber auch nicht Blau, und je nach Lichteinfall sogar mit einem Hauch von Türkis. Sie trug keine Perücke, und die schwarze Flut ihrer Haare war zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt worden. Die Ohren waren frei gehalten, und wiesen einen anmutigen Schwung und eine lange Spitze nach oben auf. Die Haut der schönen Dame war unglaublich glatt, mit einem seidigen Schimmer.
Alles an der Frau war echt, das erkannte Nadja sofort. Sie war eindeutig eine Elfe, was hier auf dem Maskenball jedoch niemandem auffallen dürfte. Unwillkürlich schaute Nadja nach ihrem Schatten; er saß perfekt an ihr. Sie trug keinen Schmuck, mit Ausnahme eines silberfarbenen breiten Armbandes am rechten Handgelenk. Von dem schimmernden Metall ging eine eigenartige Aura aus, und Nadja vermutete, dass es einen Schutz darstellte, vielleicht ein Symbol irgendeines Banns. Bei Nadja funktionierte er möglicherweise nicht.
Die Elfenfrau wollte sich erheben, als sie Nadja kommen sah. »Ich habe Ihren Platz weggenommen.«
»Bitte, bleiben Sie!«, sagte Nadja. »Wir haben beide genug Platz – wenn es Sie nicht stört, dass ich nebenbei esse.« Sie hoffte, dass ihr die Aufregung nicht anzusehen war. Zum ersten Mal traf sie eine Elfe, die so wie die Zwillinge und die Kobolde direkt aus der Anderswelt kam! Es war gar nicht anders möglich; der blauen Dame haftete der ganz bestimmte Duft an und diese wunderbare Aura. Ganz anders als bei Elfen, die schon lange in der Menschenwelt lebten.
»Nur zu«, sagte die blaue Dame. »Sie haben nicht zufällig frische oder getrocknete Blüten gesehen?«
»Bedaure, nein.« Nadja wusste, dass auch Rian manchmal ein Heißhunger danach überfiel, obwohl sie sich sonst annähernd normal ernährte. »Aber fragen Sie doch jemanden vom Service.«
»Es ist nicht so wichtig«, versetzte die Dame. »Ich esse normalerweise zu Hause. Außerdem bin ich nie sehr hungrig.«
Nadja lächelte innerlich. Sie fragte sich, ob die Dame sie im Gegenzug genauso erkannt hatte. Es lag zwar Fabios Schutz über ihr, aber Byron und Casanova hatte dieser nicht
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