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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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fühlte plötzlich den glühend heißen Stein unter meinem Rücken. Mit einem Schreckensschrei sprang ich auf den Boden und landete weich im Gras. Ich war zurück.
    Jeglicher Schmerz war verschwunden. Ich fühlte nur noch ein leichtes Gefühl der Benommenheit. Gebrochene Knochen waren zusammengewachsen, frisches Gewebe hatte sich selbst über den tiefsten Fleischwunden gebildet.
    Wie viel Zeit war vergangen? Wie lange war ich in Vonlants innerem Reich gewesen?
    Mein eigener Gedanke verwunderte mich, und ich verdrängte ihn. Zeit spielte in der Anderswelt eine untergeordnete Rolle.
    Endlich gaben meine Sinne die Umgebung richtig wieder, und ich sah mich um. Vonlants Ruheplatz war von mystischer Breite und Tiefe. Selbst ich, der nur wenig Interesse an Heilerfähigkeiten besaß, konnte fühlen, dass dies ein ganz besonderer, von Kraft durchdrungener Ort war.
    Ich betrachtete den Steinelfen. Er besaß die ungefähren Umrisse eines liegenden Elfen mit ungeheuer voluminösem Bauch. Das Gestein wirkte verrottet und uralt. Viele winzige Risse hatten die Oberfläche gesprengt.
    Jemand trat zu mir. Laetico. Auch er war gesundet, auch er hatte die Heilung Vonlants über sich ergehen lassen. Der Erbprinz klopfte mir auf die Schulter und umarmte mich wortlos. Dies war seine Art, Danke zu sagen.
    »Hat Vonlant mit dir geredet?«, fragte ich ihn.
    »Geredet?« Laetico lachte. »Er hat mich geheilt und dann von seinem Leib vertrieben. Sag bloß, der alte Griesgram hat sich mit dir unterhalten?«
    »Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet.« Ich wollte mich auf keine Diskussionen einlassen. Auch der Erbprinz vermied tiefsinnige Wortgefechte. Alles, was ich von ihm ernten würde, wenn ich weiterredete, waren Hohn und Spott.
    Sidhac kam nun ebenfalls heran. Er hielt einen fast leeren Lederschlauch in der Hand. Wein hatte seinen dünnen Bart rot gefärbt. Er blickte uns beide prüfend an und nickte dann zufrieden.
    »Vonlant ist in der Tat ein äußerst begabter Heiler«, sagte er. »Aber was seine Lebensplanung betraf, war er nicht besonders schlau.«
    Ich reichte dem Heiler die Hand, schüttelte sie kräftig und bedankte mich. Dabei fühlte ich mich gar nicht wohl, denn ich war mir sicher, dass der alte Trunkenbold irgendwann einmal einen Gefallen einfordern würde.
    »Woher stammen all diese feinen Risse?«, fragte Laetico. Er streichelte dabei vorsichtig über Vonlants »Bauch«.
    »Jeder Heiler zieht den Schmerz aus seinem Patienten«, sagte Sidhac nachdenklich. »Was meinst du, wohin all diese Pein fließt? Dass sie einfach verschwindet, sich in Luft auflöst, als wäre sie nie da gewesen? – Nein, mein Freund! Da könnte man genauso gut behaupten, dass alle Gedanken in der Bedeutungslosigkeit versickern. Nichts, was wir tun, denken oder fühlen, entgeht der Natur. Wir Heiler nehmen den Schmerz in uns auf und speichern ihn. So lange, bis der Druck,
Pandor
genannt, unerträglieh wird und wir ihn in das Reich der Menschen ausatmen. Das mag ihnen gegenüber nicht ganz fair sein; denn sie leiden unter Pandor. Er bringt Epidemien, Krankheit und Siechtum mit sich. Doch bis heute haben wir keine bessere Möglichkeit gefunden, uns davon zu befreien.«
    Sidhac zwinkerte uns zu und grinste. »Na ja: Ein paar Tropfen edlen Weines helfen auch, wenn der Druck zu stark wird.«
    »Was hat das alles mit Vonlant zu tun?«, hakte ich nach. Ich verstand die Zusammenhänge nicht. Die Probleme der Menschen gingen mich nichts an.
    »Wie soll ein Steinelf sein Pandor abgeben? Wie soll er ausatmen?« Sidhac zuckte die Achseln. »Der Schmerz, den er von euch übernommen hat, macht sich durch Brüche in seinem Felsenleib bemerkbar. Nicht mehr lange, und es wird ihn zerreißen. Dann ist es vorbei mit der Unendlichkeit seines Lebens.«
    Wir verließen den Hain und wurden von unseren Jagdkollegen jubelnd in Empfang genommen. Der Barde Llyn ölte seine Stimme. Er begann, ein Loblied auf meine Heldentat zu dichten, in dem auch die Tapferkeit des Erbprinzen erwähnt werden würde. Ich ließ ihn gewähren; was brachte es, wenn ich erzählte, wie dumm und unvernünftig sich Laetico im Vorfeld des Kampfes verhalten hatte? Ich hoffte, dass mein Freund seine Lehren ziehen und das nächste Mal besonnener reagieren würde.
    Im Triumphzug kehrten wir nach Schloss Tiollo zurück. Sechs Sauen waren erlegt worden. Unsere überragte sie alle bei Weitem. Der hässliche, mächtige Kopf mit dem weit aufgerissenen Maul wurde am Ende eines langen Spießes vor uns

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