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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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hergetragen. Mein treuer Bluthase Cucurr sprang freudig erregt auf und ab. In seinem Maul hielt er eine Klaue der Bestie. Er zermanschte die Knochen mit seinen unglaublich starken Kiefern.
    Mein – unser! – Kampf hatte sich bereits bis ins Schloss herumgesprochen. Vorauseilende Jagdgefährten hatten ihn, berauscht von ihrer Gier nach Sensationen und Außergewöhnlichkeiten, bis zur Unkenntlichkeit aufgebauscht.
    Laetico und ich galten nun als die Bezwinger einer durch Magie verzauberten Sau, die, wenn wir sie nicht besiegt hätten, alles Ungetier des Waldes gegen Tiollo gehetzt hätte. Unsere Heldentaten wurden größer und größer, je öfter sie erzählt wurden.
    Von den Korallenauslegern des Schlosses winkten uns Freunde und Bekannte zu. Ich sah Suidhan, Levelle und Crosspartit nebeneinanderstehen. Sie schwenkten grün und weiß gestreifte Tücher, die Farben meines Elternhauses. Die gazeähnlichen Stoffe, die sie um ihre Körper gewickelt hatten, waren nahezu transparent und versprachen auf unnachahmliche Art, dass mich die drei Mädchen gebührend entlohnen würden.
    König Golpash nickte mir zu. Sein meist griesgrämig verzogenes Gesicht verbarg sich hinter einem weit ausufernden Bart, den er zur Feier des Tages golden und violett gefärbt hatte. Eirinya stand neben ihm. Hoch aufgerichtet, stolz, vom Fuß bis zum Scheitel eine Vertreterin des elfischen Hochadels. Ihr zartes, blasses Gesicht wirkte wie in Stein gemeißelt. Es wurde von einem Tuch umrahmt, das die lockige, dunkle Haarpracht nur mühsam bändigen konnte. Ihren Körper verbarg sie wie immer unter einem weiten, wallenden Gewand, das ihre Körpermaße nicht preisgab.
    Es ging das Gerücht um, dass ihre Kleider magisch gewirkt waren, um körperliche Unzulänglichkeiten zu verbergen. Man hielt sie für fett und schwabbelig, doch ich glaubte nicht daran. Eirinya stand weit über so profanen Dingen wie Eitelkeit und den Tuscheleien am Hof ihres Reichs. Sie war ... eine Königin.
    Wir erreichten die Torkoralle. Mit mehreren gut gezielten Stichen seines Dressurschwerts brachte der Wächter den Arm dazu, den breiten Graben zu überbrücken.
    Weiterhin schallten Hochrufe zu uns herab, während sich das Tor für uns öffnete. Ich winkte nach oben und schleuderte Kusshände ins Publikum. Laetico, der eine nicht minder prominente Rolle im Lügenmärchen unseres Kampfes gegen die Sau spielte, tat es mir nach.
    Abermals begegnete ich Eirinyas Blicken. Sie sah mich hochnäsig und verächtlich an. Als wäre ich ein Nichts, ein Niemand, der sie gezwungen hätte, dieses Schauspiel des Pöbels über sich ergehen zu lassen. Aus ihrem Mund löste sich eine winzige magische Blase. Sie kam zu mir herabgeschwebt, unsichtbar für alle anderen Bewohner des Reiches Escur. Langsam und gemächlich kam sie näher, immer näher, und landete zielgenau auf der Spitze meines linken Ohrs. Dort zerplatzte sie.
    Ich vernahm die raue, fordernde Stimme der Königin: »Zur Morgendämmerung halte dich bereit, entlohnt zu werden. Eine Zofe wird dich in mein Zimmer geleiten.«
    Man feierte ausgelassen in der großen Hauptwurzel des Korallenschlosses. Menschliche Skalden, die zur Belustigung an Escurs Hof geholt worden waren, reimten in ihrer ungelenken Sprache derbe Zoten. Knechte plünderten auf Geheiß des Königs die gut gefüllten Vorratskammern. Tänzerinnen bewiesen ihre Gelenkigkeit, ein Tierdompteur ließ seine sechsbeinige Hangebotten-Sippe zu wehmütiger Musik Kunststücke aufführen, und ein Blendmagier verzauberte seine Zuseher – im wahrsten Sinne des Wortes.
    Dann kam Pagonni an die Reihe. Der begabteste aller Streicher in Earrachs Ländern, der von Hof zu Hof zog und sein Talent bewies. Mit zittrigen Beinen stellte der Alte die schwere Burtonne vor sich hin, zupfte ein wenig an den sechs Saiten – und entfernte schließlich alle bis auf zwei. Pagonni zog den Streichhandschuh über und fiedelte ein paarmal über die g-Saite. Eine brummige, tiefe Stimme erklang. Mit Mittel- und Ringfinger zupfte er über die e-Saite, entlockte ihr hohe und ruhige Töne.
    Andachtsvoll hörten wir zu, als der Meisterstreicher »Liebeswerben« interpretierte, eines seiner großartigsten Werke. Immer wieder wechselte er zwischen den beiden Saiten, symbolisierte damit ein Gespräch zwischen Mann und Frau. Er warf die Stimmen hin und her, ließ sie intensiver, drängender und nuancierter werden, bis sie endlich zueinanderfanden und in einem unglaublich virtuos gespielten Duett einem Höhepunkt

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