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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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nach. Immer wieder kehrte ich zu den beiden schrecklichen »Göttern« der Römer zurück. Wir tauschten unser Wissen über die Annuna aus. Bellona und Quirinus besaßen Schafsgesichter, wie sie ihrem ganzen Volk zu eigen waren. In blutroten Augen trieben schwarze Pupillen. Ihr Furcht einflößender Anblick wurde durch zehn Zentimeter lange Hauer verstärkt, und flüssiges Feuer drang aus dem vernarbten, lippenlosen Mund, um auf der Brust eine Kruste zu bilden, die von Zeit zu Zeit abgebrochen werden musste. Sie fraßen rohes Fleisch, und es verwunderte mich nicht, als uns Gerüchte zu Ohren kamen, dass sie bevorzugt die Herzen ihrer Gegner verspeisten ...
    Als ich in die Gegenwart zurückkehrte, dunkelte es bereits, und Pieva war nirgendwo zu sehen. War ich eingeschlafen?
    Ein Schatten näherte sich mir; wenige Momente später beleuchtete das Licht einer trüben Funzel Estellas Gesicht. Estella, die junge Druiden-Adeptin, die es sich seit meiner Zurückweisung zur Aufgabe gemacht hatte, mich mit den Geheimnissen des Menschseins vertraut zu machen. Mittlerweile musste sie 16 oder 17 Jahre zählen, doch immer noch trug sie diesen Ausdruck kindlicher, unberührbarer Schönheit in ihrem Gesicht.
    »Du siehst müde aus«, sagte sie.
    »Je länger ich in der Menschenwelt bin, desto weniger verstehe ich euch.«
    Estella tauschte die nassen Tücher auf meiner Schulter aus. Ich fühlte die Wirkung ihrer Kräutertinktur. Die Nackenverspannung ließ fast augenblicklich nach.
    »Wir legen Wert darauf, unsere Geheimnisse zu bewahren«, sagte Estella altklug. »Wir mögen es nicht, verstanden zu werden.«
    »Du sagst manchmal so seltsame Dinge. Als wärst du viel älter, als du aussiehst.«
    »Mag sein, Fiomha.« Sie lächelte. »Manch ein Druide glaubt an Seelenwanderung. Möglicherweise war ich schon einmal oder mehrmals in dieser Welt.« Nachdenklich geworden, fügte sie hinzu: »Oder in der Elfenwelt.«
    »Das glaube ich nicht. Wir Elfen besitzen keine Seele. Ich wüsste nicht, wozu sie gut sein sollte.«
    Estella löste den Wickel von meiner Schulter, trat einen Schritt zurück und betrachtete prüfend ihr Werk. »Du wirst es wissen. Bald.«
    »Ich verstehe nicht ...«
    »Ich bin eine angehende Meisterin der Heilkunde, und ich fühle, was in einem Wesen vor sich geht. Ist es nicht so, dass von Zeit zu Zeit ein Feuer in deiner Brust brennt? Dass du Trauer fühlst oder Freude, ohne dass es einen Anlass dazu gibt? Dass irgendetwas in dir steckt, was du so gerne rauslassen möchtest, aber aus irgendeinem Grund nicht kannst?«
    »Mag schon sein, aber ...«
    Wieder trat Estella auf mich zu und legte eine ihrer Hände auf die Muskulatur unterhalb des Brustbeins. Ihre Finger fühlten sich kalt an.
    »Deine Seele ist grau und rot«, murmelte die Druidin. »Derzeit wächst sie im Schlaf, doch es ist nicht mehr lange hin, bis sie erblüht. Es wird dir ungeheuren Schmerz bereiten, weil nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.« Mit einer grässlichen Monotonie sprach sie weiter, als fällte sie ein Urteil über mich. »Du wirst zu Boden gehen und dich krümmen wie ein Wurm, du wirst es nicht verstehen, und es wird drei Tage und Nächte andauern, bis du deinen neuen Zustand akzeptierst. Dann kommen die Tränen und der Schmerz. Der Hunger. Dieser schreckliche, unersättliche Hunger danach, die noch fast leere Blase deiner Seele mit Inhalt zu füllen. Nach weiteren drei Tagen wirst du die Kraft finden, weiterzumachen – oder zu sterben. Dann fällt die Entscheidung. Ob du ein Mensch gewordener Elf sein wirst oder ob es dir für immer versagt bleibt.« Estellas Körper zitterte. »Du musst jemanden bei dir haben, der dir hilft, wenn es so weit ist. Denn allein wirst du es nicht schaffen.«
    Sie zog die Hand zurück, öffnete die Augen und starrte mich an, erschrocken über ihren eigenen Mut, der sie dazu gebracht hatte, diese unsinnigen Worte zu sagen. Dann sprang sie auf und hastete davon.
    Dort, wo sie mich berührt hatte, brannte ein Feuer.
    Viriatus verwickelte die Römer in kleinere Scharmützel. Stets zog er sich rechtzeitig zurück, bevor unsere Feinde ihre Truppen organisieren und zum Gegenangriff übergehen konnten. Die Verluste, die der Lusitanier verursachte, waren marginal, doch sie verunsicherten die Römer.
    Der neue Praetor der Provinz
hispania citerior
, Servius Sulpicius Galba, zeigte sich wenig beeindruckt. Er verwüstete Dörfer, vernichtete Ernten und ließ die Frauen seiner Feinde durch Legionäre schänden.
    Wir

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