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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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sollen. Und wenn ich nur Elf gewesen wäre, hätte ich mein Leben vielleicht wirklich so beendet. Doch meine Seele hielt mich davon ab. Etwas in mir flüsterte, dass es einen Ausweg gab und dass die Gelegenheit zur Rache existierte. Diese eine Hoffnung hielt mich widersinnigerweise am Leben.
    Je öfter wir zuschlugen, desto größer und mächtiger wirkten die beiden Annuna. Sie zeigten sich uns, präsentierten stolz ihre Körper. Wir wurden durch Cituvia gejagt. Von einem Haus zum nächsten, an den zu Tode erschrockenen Fischern vorbei, die von den nachdrängenden Römern erbarmungslos niedergemetzelt wurden. Galbas Heer erschien mir wie ein einziger Körper, der im Takt der beiden Götterherzen schlug, und seine Soldaten waren im Blutrausch. Es fehlte nicht mehr viel, und die Männer wären übereinander hergefallen.
    Viriatus fiel zu Boden, keuchend und völlig entkräftet. Ich stützte ihn, sprach ihm Mut zu. Der Lusitanier hatte mit einer Verve gekämpft, die ich einem Menschen niemals zugetraut hätte. Doch jetzt ging es mit ihm zu Ende. Er blutete aus einem guten Dutzend kleinerer und größerer Wunden. Zwei gefiederte Pfeile steckten in der ledernen Rüstung, das nutzlos gewordene linke Bein zog er schmerzverzerrt nach.
    Auch Pieva und ich hatten Wunden erlitten; doch wir schafften es dank elfischen Willens, die Schmerzen zu vergessen.
    »Es hat keinen Sinn mehr!«, ächzte Viriatus. Er hieb nach links, prellte einem Römer die Waffe aus der Hand. »Lassen wir es gut sein.«
    »Nein!«, sagte ich fest. Ich sprang einen Schritt vor, stach zu und glitt wieder in die Deckung meiner beiden Kameraden. »Du wirst nicht sterben. Nicht heute!«
    »Was hast du vor?«, keuchte Pieva.
    »Wir fordern das Schicksal heraus«, gab ich zur Antwort. »Vertraut mir; nur noch dieses eine Mal!«
    Weiter und weiter zogen wir uns zurück und ließen uns, ohne dass die Römer es bemerkten, in eine ganz bestimmte Richtung drängen. Mittlerweile hatte es zu regnen begonnen. Dunkle Wolken standen am Himmel. Blitze zuckten über den Horizont, und lautes Donnergrollen ließ die Römer ein wenig vorsichtiger werden. Sie fürchteten Jupiters Zorn trotz Bellonas schrillem Geschrei.
    Die Annuna-Frau stapfte näher, wischte mit ihren muskulösen Armen die römischen Soldaten beiseite und bahnte sich einen Weg zu uns. »Wartet auf mich, meine Kleinen!«, rief sie uns mit einer krächzenden Stimme zu. Blut – oder Feuer? – drang aus dem weit geöffneten Maul. »Lasst euch umarmen. Ich möchte euch das Leben aus den Leibern pressen, möchte fühlen, wie ihr weniger werdet ...«
    »Du wirst gar nichts!«, unterbrach ich die Göttin. Ich fühlte kreatürliche Angst;
menschliche
Angst. Und dennoch fand ich die Kraft, mich gegen Bellona zu wehren. »Ich schwöre dir, Annuna-Frau: Ich werde dich und deinen Komplizen finden. Ich werde Rache üben für all das Leid, das du über die Menschen gebracht hast.«
    Sie reckte den Leib, so weit es ging, in den Himmel, streckte die Arme aus, beugte ihren Kopf nach hinten – und lachte. So laut, so durchdringend, dass es alles andere übertönte. Selbst das Donnern des Gewitters kam gegen den hysterischen Ausbruch nicht an. Bellona wirkte in diesen Momenten auf mich tatsächlich wie eine Göttin, wie ein höheres Geschöpf, dem nichts und niemand beikommen konnte.
    Die Angst drohte mich zu übermannen. Ich musste handeln, bevor es zu spät war, musste meinen wagemutigen – und verrückten – Plan in die Tat umsetzen.
    »Vertraut mir!«, verlangte ich einmal mehr von Viriatus und Pieva. »Ich weiß, was ich tue.«
    Ich riss die beiden Kameraden mit mir zur Klippe am Ende des Dorfes. Und dann zwang ich sie, an meiner Seite den Sprung hinab ins tosende Meer zu wagen, in einen Abgrund von mehr als vierzig Metern Tiefe.
    Beinschienen und Brustpanzer schützten mich ein wenig vor der ungeheuren Wucht des Aufpralls – und zogen mich im nächsten Moment hinab ins Wasser, immer tiefer, immer rascher ... Ich musste die Rüstungsteile loswerden! Schnell riss ich sie mir vom Leib, ließ sie in die Dunkelheit gleiten. Mit ein paar kräftigen Schwimmstößen drängte ich zurück zum Licht. Orientierungslos durchstieß ich die Wasseroberfläche und schnappte gierig nach Luft.
    Ich wusste kaum, wo oben und unten war. Wellen und Strömungen rissen an mir. Wasser schäumte brüllend gegen scharfkantige Felsen, lange Algenarme griffen nach mir und drohten mich zu umwickeln. Aus dem Himmel fuhr ein Blitz herab ins Meer und

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