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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zeichnete ein schaurig-schreckliches Bild meiner Umgebung. Ich bewegte meine Arme mit aller Kraft, um nur ja an der Oberfläche zu bleiben. Ein weiterer Brecher fegte mich gefährlich nahe an die Felsen heran, doch die Strömung zog mich mit dem nächsten Atemzug wieder von ihnen fort.
    Was sollte, was
konnte
ich angesichts dieser Gewalten ausrichten?
    Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Die Panik beiseiteschieben. Musste überleben, trotz aller Schwäche; das war das Ziel.
    Mühsam zwang ich mich zu regelmäßiger Atmung, um meinen Kreislauf zu beruhigen. Ich ließ zu, dass Wellen und Strömung mit mir spielten, und suchte nach Mustern und Richtungen. Nach den Gefahrenpunkten, nach Chancen. Klares, elfisches Denken kehrte zurück. Ich ahnte, wohin mich die Gezeiten trieben, und ich berechnete meine Möglichkeiten, den Kurs ein wenig abzuändern, sodass ich das einzige Ziel erreichen konnte, das mir ein wenig Sicherheit versprach.
    Eines der Fischerboote von Cituvia trieb nicht mehr als einige Dutzend Schritte entfernt. Es hatte sich im Sturm losgerissen und tanzte führerlos auf den Wellenkämmen. Alles in mir schrie danach, augenblicklich darauf zuzuschwimmen. Doch ich wusste, dass mir die Kraft dazu fehlte. Ich musste die Strömungen ausnutzen, musste mich bis zu einem gewissen Punkt vom Boot wegtreiben lassen, um erst dann auf den voraussichtlichen Kurs des Rettung verheißenden Schiffs zuzukraulen.
    Es gab so viele Vielleichts. Doch ich ignorierte sie und überließ mich der Gnade des Schicksals. Ich durfte nicht sterben, nicht jetzt ...
    Trotz meiner inneren Unruhe wartete ich den richtigen Augenblick ab und schwamm dann los, wie von Hummeln gestochen. Das Boot schien parallel zu mir auf die Uferklippen dahinzuschießen, viel zu schnell, um es zu erreichen. War ich auf dem falschen Weg? Ich kämpfte mich durch die Wellenberge, ignorierte das Brennen des Salzes in den vielen kleinen und großen Wunden, die Schmerzen in Brust, Oberschenkeln und Oberarmen. Ich sah nur noch den Kahn, der einfach nicht größer werden wollte, der sich hin und her drehte und zu kentern drohte, bevor ...
    Wie durch ein Wunder erreichte ich ihn. Ich verfehlte das Heckteil und konnte gerade noch das Holz des kleinen Steuerblatts ertasten und mich festhalten, bevor das Boot an mir vorübertrieb. Ich atmete tief durch, stieß mich mit einem kräftigen Schwimmstoß ab und schaffte es, mich über die Reling zu hieven. Wie ein nasser Sack fiel ich ins Boot. Mein Gewicht stabilisierte es ein wenig, ließ es inmitten der kochenden See für einen Augenblick wie einen Hort des Friedens erscheinen.
    Mir war schwindlig. Weiße Pünktchen tänzelten durch eine Schwärze, die mich endgültig zu übermannen drohte. Doch es war noch nicht vorbei, noch lange nicht! Ich durfte nicht nachlassen, musste Kräfte, die ich eigentlich gar nicht mehr hatte, aus meinem Körper hervorkitzeln.
    Eine kurze Bestandsaufnahme: Zwei Ruder lagen im Heck. Zerrissenes Segeltuch flatterte im Sturm. Der Mast war auf halber Höhe geknickt, unbrauchbar.
    Ich tastete nach dem einen Ruder, führte es ins Wasser und drehte das Boot mit kurzen Schlägen so, dass sein Bug weg von der Küste zeigte. Mithilfe des zweiten Riemens begann ich dann, mein Gefährt mit möglichst regelmäßigen Schlägen vom Ufer wegzuführen.
    Eins, zwei. Eins, zwei. Immer wieder. Ohne nachzudenken. Ich durfte den Gefahren keinen Gedanken schenken, musste mich auf die Ruderarbeit konzentrieren. Eins, zwei. Eins, zwei.
    Mir war, als rissen meine Oberarmmuskeln. Mein winziges Gefährt bewegte sich langsam, nur millimeterweise aus dem Gefahrenbereich heraus. Das Tosen der Brandung wollte einfach nicht nachlassen. Es brüllte mir wütend nach – und dennoch erschien es mir ungefährlicher als das Geschrei der Annuna-Götter, die oben auf den Klippen standen und meinen Kampf mit den Meeresgewalten beobachteten.
    Mehrere Pfeile der Römer klatschten ins Wasser, weit entfernt und vollkommen ungefährlich. Windböen trieben die Geschosse mal hier-, mal dorthin, unberechenbar für die Schützen. Ich schob die Gedanken an meine Feinde beiseite und konzentrierte mich wieder aufs Boot. Eins, zwei. Eins, zwei.
    Da! Ein winziger schwarzer Punkt trieb unweit von mir durchs Wasser. Abermals passte ich mich an die Strömung an, ließ mich auf den leblosen Körper zutreiben. Ich drehte das Boot in die passende Richtung und schnappte nach dem Haarschopf; zwar rutschte ich daran ab, bekam aber ein zerfetztes und

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