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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zum Erfüllungsgehilfen ihres Erbes, und ich fühlte, dass ich das Richtige tat.
    Cituvia klebte an der schroffen Küste des Mittelmeers wie ein Vogelnest im Geäst eines Baumes. Steil abbrechende Klippen umgaben den Ort; die Boote der ansässigen Fischer, nicht mehr als zwei Dutzend, waren nur über einen schmalen und steil zum Meer hinabführenden Saumweg erreichbar. Sie schipperten in bewegtem Wasser. Dichter Wald umkränzte die offenen Weideflächen für vielleicht hundert Kühe, Ziegen und Schafe rings um die schwache Befestigung des Dorfes. Nur zwei Wege, die den Namen kaum verdienten, führten hinein.
    »Hat die Vorhut nichts Verdächtiges gefunden?«, fragte mich Viriatus und sondierte das Gelände misstrauisch. »Dieses offene Gebiet bereitet mir Sorgen. Falls uns die Römer einkesseln, ist alles verloren.«
    »Sei unbesorgt«, sagte ich. »Unsere Männer haben den Wald abgegrast. Außer Niederwild haben sie nichts Erwähnenswertes aufgescheucht.«
    Ich hatte den Befehl über die vordersten Truppenteile übernommen. Ich war stolz darauf, selbst die geringsten unserer Kämpfer ausreichend motiviert zu haben, sodass sie mit dem notwendigen Ernst an ihre Aufgabe herangingen. Die Frontsoldaten waren diejenigen, die es im Fall einer Auseinandersetzung als Erste erwischte. Viele von ihnen waren Sklaven. Für den Fall eines erfolgreichen Vertragsabschlusses hatte ich ihnen die Freiheit versprochen.
    Auf einem kleinen Hügel nahe dem vordersten Haus Cituvias warteten die Römer. Einer von ihnen trug die Insignien und die Uniform eines
praefecti
. Daneben stand die Sänfte des Praetors. Galba ließ sich von einer Sklavin Luft zufächeln und beschäftigte sich wie immer mit seiner Lieblingsaufgabe, mit dem Essen.
    »Am liebsten würde ich diesen feisten Kerl ...«
    »Ich weiß, was du gerne möchtest«, unterbrach ich Viriatus, »aber du musst deine Nerven im Zaum behalten. Denk an den Frieden und an all die Menschen, denen du das Leben rettest.«
    »Ich denke auch an die hundertfünfzigtausend Sesterzen, die wir nur beschaffen konnten, indem wir im ganzen Land Tributzahlungen einforderten – und selbst das nicht immer mit redlichen Mitteln.«
    »Man wird es dir beizeiten danken. Wenn Frieden herrscht, wenn die Ernte eingebracht werden kann, ohne dass die Stämme die Willkür der Römer fürchten müssen.«
    »Dennoch ist es ein hoher Preis für ein armes Volk. Ich hätte nicht auf dich hören sollen, Elf.« Viriatus’ Hand lag auf dem Knauf seines Kurzschwerts, spielerisch ließ er seine Oberarmmuskeln anschwellen.
    »Die Entscheidung ist unumstößlich«, sagte ich. »Erweise dich als Ehrenmann und halte das Abkommen, Lusitanier. Beweise, dass du mehr wert bist als der Römer.«
    Ich fühlte Angst. Hatte Viriatus mit seinem Misstrauen recht? Seine Instinkte ähnelten denen eines in die Enge getriebenen Tieres.
    Aber nein. Ich ließ mich von der Unruhe des Menschen anstecken. Ringsum wirkte alles friedlich, und der feiste Praetor hätte sein Leben sicherlich nicht leichtfertig einem Risiko ausgesetzt. Seine Anwesenheit war mir Beweis genug, dass alles nach Plan verlief.
    »Willkommen, Lusitanier!«, rief Servius Sulpicius Galba. »Es ist mir eine ganz besondere Freude, dir persönlich zu begegnen. Bislang hatte ich stets nur mit Unterlingen aus deinem Volk zu tun, die nicht lange reden konnten, bevor sie ihre Zunge ... verloren.« Der Praetor kicherte, sein schwabbeliger Körper erbebte.
    Ich hörte Viriatus’ Kiefer aufeinander mahlen. Das Gesicht des Anführers der Celtibarra wurde weiß vor Wut.
    »Mein Herr freut sich ebenfalls, dich zu sehen«, kam ich ihm zuvor, bevor er den Frieden mit einem unbedachten Wort brach. »Umso mehr, da der Anlass beiden Seiten zum Vorteil gereicht.«
    »Wie wahr, wie wahr!« Galba winkte uns näher. Der römische Praefect gab Zeichen, dass wir uns nur zu dritt nähern durften. Er und eine Handvoll Männer, die den kleinen Hügel umstanden, zogen ihre Waffen blank.
    Viriatus nickte Pieva und mir zu. Gemeinsam setzten wir uns von unseren Begleitern ab und ritten auf die Römer zu.
    Schräg hinter dem Hügel stand ein nach zwei Seiten hin offenes Zelt. Mehrere Leibsklaven, die in weißes Tuch gewandet waren, bereiteten soeben Pergamentblätter und Gänsekiele vor. Wir würden unseren Pakt mit Tintenfischtinte und Blut besiegeln.
    »Es scheint alles sicher zu sein«, flüsterte Pieva. Er hatte von uns dreien die besten Augen und Ohren. »Aber wir sollten in unserer Aufmerksamkeit

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