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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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des engstirnigen Königs verlassen hatte. Ich konnte darauf hoffen, dass Golpash seine Ämter niedergelegt hatte und ein anderer an seine Stelle getreten war.
    Sorgsam nahm ich Cucurr in meine Arme. Der Bluthase war älter geworden. Seine Glieder zuckten rheumatisch, das Fell war zerrupft und die Fangzähne stumpf und schwarz. Das Tier, das ich in meiner Jugend mit viel Geduld gebändigt und zu meinem Jagdgefährten gemacht hatte, würde sich in der Anderswelt von den Qualen erholen, die ihm der Aufenthalt bei den Menschen bereitete.
    Ein letztes Mal atmete ich den Duft wilden Weizens ein. Dann murmelte ich die Beschwörungen, die mir den Schritt zurück in die Heimat erleichtern würden, und ging auf die Mitte des halb zerstörten Steinkreises zu. Ich schloss die Augen. Wind packte mich; er zupfte an mir, fordernd, verwirbelte mein Haar und riss mich dann mit sich. Weg von der Erde, zurück in die Heimat.
    Das gehässige Gezwitscher eines Ginstervogels empfing mich. Er hüpfte zwischen den Ästen einer Stummellärche umher, neben der ich gelandet war, und spann sein Netz, mit dem er unbedachte Beute fangen wollte. Ich rappelte mich hoch, noch immer mit Cucurr in den Armen, und fühlte in mich hinein.
    Nichts.
    Ich spürte keinen Drang, zurück zur Erde zu kehren. Das bedeutete, dass der Verbannungszauber, den Golpash ausgesprochen hatte, keine Wirkung mehr besaß. Er war verflogen – oder aufgehoben.
    Der Ginstervogel sprang weiterhin aufgeregt hoch und nieder; voller Zorn spuckte er auf mich herab. Ich wich ihm aus, schickte ihm Kusshände, ich schenkte ihm einen elfischen Willkommensgruß, der sein Leben um viele Jahre verlängern würde. Niemals zuvor hatte ich mich derart über eines dieser unsympathischen Viecher gefreut ...
    Die Heimat! Dieser Hort des Friedens und der Unveränderlichkeit, in dem die Zeit nur wenig Gewalt hatte. Mein Herz schlug so laut, als wollte es vor Freude zerspringen. Ich roch, sah, hörte, was ich so lange vermisst hatte, und diesmal mit jener besonderen ... Qualität meiner durch die Seele verstärkten Emotionen. Es war wunderschön hier, und am liebsten hätte ich laut gejubelt.
    Ich setzte Cucurr auf dem Boden ab und orientierte mich. Ja, dies war dasselbe Tor, durch das ich zur Menschenwelt geschickt worden war. In wenigen Stunden würde ich das Korallenschloss Tiollo erreichen.
    Aber wollte ich das überhaupt?
    Genauso gut hätte ich in das Land meiner Eltern zurückkehren können oder an den Hof König Fanmórs. Doch es drängte mich an jenen Ort, an dem alles begonnen hatte. Selbst nach all den Jahrhunderten auf der Erde hatte ich einen Teil meines Elfseins nicht ablegen können; diese behäbige Routine, mit der wir immer wieder unsere eigenen Spuren zurückverfolgen.
    Ich machte mich auf den Weg.
    Die Tore der Korallenburg standen sperrangelweit offen. Gelächter empfing mich, von irgendwoher tönte fröhliche Musik. Zwei Wächterelfen kontrollierten mich nachlässig, ließen mich aber anstandslos passieren, ohne nach meinem Woher oder Wohin zu fragen.
    Sie hatten mich nicht erkannt. Seltsam. Elfen vergaßen nur dann ein Gesicht, wenn sie es wollten.
    Verführerische Düfte durchzogen das Schloss. Sehnsüchtig streckte ich meine Nase in die Luft und roch: pochiertes Wadschunken-Gelee, getunktes Schlemmkraut – und geräucherte, zart gebratene Waldsau.
    Ich erreichte den Strunk der Hauptkoralle, in die der Thronsaal eingebettet war. Nahe dem Zugang herrschte geselliges Treiben, wie ich es gewohnt war. Elfen, Trolle, Zwerge, Zwergriesen, Riesenzwerge, Hypotrophäer und viele andere Wesen der Anderswelt fanden hier zusammen und feierten eines ihrer ausgelassenen Feste.
    Kerzenleuchter wurden von wenigen Wunderlichtlein umlagert. Die kleinen, elfähnlichen Wesen fühlten sich von der Helligkeit angezogen und sonderten vor Freude aus ihren überdimensionierten Zitzen ein Sekret ab, das in breiten Becken aufgefangen wurde und nach einer Weile zu einer paraffinartigen Substanz verfestigte. Diese hier jedoch taumelten nur unwillig hin und her. Ihr Sekret wirkte eitrig und von minderer Qualität.
    Zwei derbe Wichtel, die eigentlich auf einen Teil des Thronschatzes aufpassen sollten, spielten Schlagschach. Jeder Verteidigungszug wurde von einer klatschenden Ohrfeige des Angreifers begleitet. Spätestens nach dem vierzigsten Zug würde das Spiel in eine zünftige Schlägerei ausarten, die vom diensthabenden Derbtroll geschlichtet werden musste.
    Ich schob mich zwischen ausgelassen

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