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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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feiernden Elfen ins Innere des Thronraums. Das Licht schien kälter und unfreundlicher als in meiner Erinnerung. Alles war, wie es früher gewesen war – und doch ganz anders.
    Und auf den Hochthronen – dort, wo einstmals Eirinya und Golpash auf mit Edelsteinen bestückten Stühlen gesessen hatten – hockte nun, mit einem vollen Weinkrug in seiner Rechten, Laetico. Der Erbprinz war der neue Herr über Escur.
    Alles in mir drängte danach, auf ihn loszustürmen, ihn zu umarmen und zu herzen. Doch ich beherrschte mich, denn irgendetwas an dem, was ich sah, erschien mir nicht richtig. Laeticos Lächeln wirkte aufgesetzt, erzwungen. Er gab sich
zu
fröhlich, und sein Gehabe war das eines Clowns. Ich beschloss, vorsichtig zu bleiben und auf die richtige Gelegenheit zu warten, um mit meinem Freund unter vier Augen zu sprechen. Gekonnt drängte ich mich an den Tanzenden vorbei, suchte eine ruhige Ecke und machte es mir bequem. Ich beobachtete Laetico und sah die nur schlecht abgedeckten Ränder seiner Gesichtsmaske. Darunter verbargen sich Ansätze runzeliger und rot geäderter Haut, wie sie Säufer kennzeichnete. Seine Hände zitterten, und seine Stimme klang leicht hysterisch.
    Mit dem Ende der forsch gespielten Opulette erreichte der Trubel im Thronsaal einen Höhepunkt und ließ dann abrupt nach. Mir war, als erfüllte der versammelte Hof – inklusive meines alten Freundes – eine bestimmte Rolle in einem Drama, um bald darauf die Bühne zu räumen. Einzeln oder pärchenweise verschwanden Elfen, Trolle, Zwerge und alle anderen Bewohner des Schlosses in ihren Gemächern. Ich zog mich in einen schmalen Gang zurück, der den menschlichen Dienern vorbehalten war. Sie achteten nicht weiter auf mich. Für sie war ich lediglich ein weiterer Elf, der sich von den nächtlichen Vergnügungsfeierlichkeiten abgesondert hatte.
    Laetico saß noch immer in seinem Hochthron; sein lautes Schnarchen hallte von den Wänden wider. Nur er und einige wenige Alkoholleichen waren im Thronsaal übrig geblieben. Reinigungskolonnen strömten auf leisen Sohlen herbei, von halb mannsgroßen Putzfischern angeführt, und verrichteten gewohnt saubere Arbeit. Mit breiten Schmollmündern sogen sie alle Essensreste in sich auf und grunzten dabei genüsslich. In rasender Schnelle sorgten sie für blitzblanke Tische und Böden. Ihnen folgten drei alte, müde Haushaltsmagier, die mit ihren nur schwach ausgeprägten Fähigkeiten das Geschirr zum Glänzen brachten und zerbrochene Krüge heilten. Glöckleins verbreiteten scharf riechende Desinfektionsdüfte, ein mürrischer Pixie hetzte eine Horde von Versiegelungskobolden durch das Gebäude, und gleich dahinter eilten Zofen herbei, die schon alles für die Frühstückstafel herrichteten.
    Quantipot, der alte Kämmerer des Schlosses, kam herbeigeschlurft. Er hatte sich kaum verändert. Spitzdornen standen vom knorrigen Brustkorb ab, und seine Glieder krachten und knarzten, während sich der Baumtroll über das schlüpfrige Parkett bewegte. Er trat zum Hochthron und schulterte Laetico, scheinbar problemlos. Mein Freund brabbelte leise vor sich hin. Während er vom Kämmerer in Richtung seines königlichen Korallenarmes geschleppt wurde, troff roter Wein aus seinem halb geöffneten Mund.
    Niemand achtete auf mich, als ich den beiden folgte. Zwar standen überall Wachen, doch sie scherten sich keinen Deut um das, was rings um sie vorging. Viele von ihnen schliefen ihm Stehen oder riskierten beim Würfelspiel auf dem marmorierten Boden ihren Sold.
    Ungewisser Zorn packte mich. Was war auf Tiollo geschehen, dass ein derartiger Schlendrian eingekehrt war? Hatte ich Laetico überschätzt? War er nicht in der Lage, das Königreich Escur den Traditionen gemäß zu verwalten?
    An zwei Wachelfinnen vorbei trat Quantipot in den Schlafraum des Königs. Die beiden Frauen rollten angewidert die Augen, als wäre es nicht das erste Mal, dass sie meinen Freund in einem derartigen Zustand zu Gesicht bekamen.
    Ich versteckte mich hinter einer Säule und wartete, bis Quantipot das Zimmer des Königs verließ. Mit starren Blicken ging der Alte an mir vorbei. Er verzog angewidert sein Gesicht und murmelte böse Worte in den Stachelbart.
    Ich musste unbedingt in Laeticos Schlafgemach gelangen! Nur dort konnte ich ungestört mit dem nunmehrigen König des Reichs Escur plaudern.
    Ich überlegte nicht lange; die einfachsten Pläne waren oftmals die besten. Die beiden Wächterinnen waren mir unbekannt. Sie waren blutjung und

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