Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
mit kleinen, Blutstropfen gleichenden roten Blüten besetzten Hängeranken. Die Zweigfinger einer Dryade schoben sie zur Seite und gewährten Einblick in die Höhlung unter dem moosigen Fels, an dessen Kante die Ranken verwurzelt waren. Dort saß sie, womöglich noch eine Spur bleicher als sonst, gegen den dunklen Fels gelehnt und die Augen geschlossen. Schatten deuteten Falten an, die sonst nicht zu sehen waren. Und doch strahlte ihre ganze Haltung ihre Herrschaft aus, ihre ungebrochene Macht.
Macht, die trotz ihres verschwenderischen Einsatzes und der Widrigkeiten dieser Welt eher noch zu wachsen scheint. Oder gerade deswegen?
Sie hob eine Hand und drehte den Kopf in Ainfars Richtung, um die Dryade anzusprechen. Ihre Lippen bewegten sich, und wieder hörte er den reinen Klang ihrer Stimme, ohne jedoch über dem Rauschen des nahen Brunnens den Wortlaut verstehen zu können.
Ich muss näher heran.
So, wie er war, in der Gestalt eines Elfen, würde er sich allerdings nicht lange verbergen können. Doch ihm standen andere Wege zur Verfügung.
Ainfar konzentrierte sich. Es war lange her, dass er das letzte Mal seine Gestalt gewechselt hatte. Niemand in der Zitadelle sollte diese Fähigkeit kennen, damit auch niemand Verdacht schöpfen konnte, wenn er begann, sie anzuwenden. Und es hatte sogar Zeiten gegeben, da er sie selbst vergessen hatte ...
Er schüttelte die unangenehme Erinnerung –
die Nicht-Erinnerung
– ab und konzentrierte sich erneut ganz auf das, was er tun wollte. In seinem Geist entstand ein Bild von dem, zu dem er zu werden wünschte. Er spürte das Wesen, sein Fell, seine Krallen, jeden seiner Atemzüge und jeden seiner Herzschläge, und glich seine eigenen Takte daran an. Sein Atem wurde schnell und flach, sein Herzschlag beschleunigte sich, und die Härchen auf seiner Haut stellten sich auf.
Überall auf seinem Körper begannen die dunkelbraunen Linien einen die Sinne verwirrenden Tanz, weiteten und wanden sich und veränderten das Gewebe. Immer weitere Härchen sprossen hervor, schlossen sich zu einem dichten silbrigen Fell über dem dunklen Leder zusammen, während der Körper des Elfen sich darunter zusammenkrümmte und schrumpfte. Das durchgehende Braun seiner Augen wurde schwarz, und er kniff die Lider zusammen, um einen Teil der Helligkeit auszuschließen, die plötzlich hineinfiel.
Eine Weile sah er seine Umgebung nur verschwommen, während sie sich reckte und streckte und in scheinbaren Dehnungen und Windungen in die Höhe wuchs. Dann wurde seine Wahrnehmung wieder klarer. Die Instinkte und Sichtweisen des Tieres in ihm gewannen die Oberhand, dessen Gestalt er angenommen hatte, ohne dabei sein eigenes klares Denken zu verdrängen.
Sein Kopf befand sich kaum mehr als eine Handspanne über dem Boden, und er hatte die Sicht auf die umrankte Felsnische verloren. Eine felsige Hügellandschaft voller bizarrer Bäume und Büsche schien nun zwischen ihm und seinem Ziel zu liegen. Ainfar richtete sich auf den Hinterbeinen auf, fuhr sich mit den kleinen schwarzen Händchen, die lediglich weiche Krallen hatten, über seine flache Stupsnase und schnüffelte. Gleichzeitig zuckten die mit flauschigen Büscheln bewachsenen dreieckigen Ohren herum, auf der Jagd nach jedem Laut, der ihm etwas über seine Umgebung verraten konnte.
Da! Ihr Lachen. Und ein süßer und trotzdem leichter Duft zog durch den Garten, ein Duft nach Futter und Wärme und Nähe. Hastig ließ er sich wieder auf die Vorderpfoten nieder und tauchte in den Dschungel aus großen Blättern und dicken Ranken ein, als der sich der Garten ihm nun darbot.
Eigentlich hätte es ihn nur wenige Augenblicke kosten dürfen, über die Felsen zu huschen, die ihn von der Höhlung unter dem Rankenvorhang trennten. Doch für ein Wesen wie das, zu dem er geworden war, erwies sich der Weg schnell als mit versteckten Fallen gespickt.
Links über die Felsen ... nicht den Steinblumen zu nahe kommen
...
Schon neigten sich die hungrigen Kelche zu ihm herunter, zischten Klebfäden an ihm vorbei, die ihn binden und zu den sonnengelb schillernden Blüten ziehen sollten. Speicheltropfen rannen über die Kelchränder und ließen ahnen, was ihn dort erwarten würde. Und gleichzeitig ertönten helle klare Töne wie von Silberglöckchen, beruhigend und voller anziehender Schönheit ...
Ainfar schüttelte den Kopf. Einen Moment hatte es tatsächlich Macht über ihn gewonnen, hatte ihn einen Sprung machen lassen, der ihn zu den Blumen hinführte. Seine Augen
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