Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
wenn sie eine schöne Frau sehen ...«
Leises Lachen klang auf, vor allem von der weiblichen Zuhörerschaft. Mats grinste und fuhr mit seiner vom Alter kaum gezeichneten, sonoren Stimme fort:
»Jedenfalls hat sie sich von ihm weggedreht, und da hat er sie zum ersten Mal von hinten gesehen – ja, damals ist man beim Liebesspiel noch nicht so vielseitig gewesen, die kannten noch kein Kamasutra! –, und da war sie doch tatsächlich hohl wie eine Backform! Wenn ihr so was von euren Frauen behaupten würdet, würden sie euch die Rüben einhauen, und das mit Recht. Aber bei dieser hier, da war es wahr wie die Tagesnachrichten, denn sie war in Wirklichkeit eine Skogsra. Da war ihr Geheimnis gelüftet, und vom Geruch der Blumen vertrieben hat sie sich dann,
puff
, in Luft aufgelöst.« Der Erzähler unterstrich die Wortmalerei mit einer Geste.
»Jetzt war es also vorbei mit den lustigen Nächten. Aber Großvater war’s grad recht, denn wie es ihm ergangen war, das wissen nur diejenigen, die von ihren Frauen gezwungen werden, jeden Abend Viagra zu nehmen. Aber so was braucht ja keiner von euch, oder?«
Mats zwinkerte, und Gelächter und Beifall brandeten auf. Rian klatschte ebenfalls; sie lächelte dem alten Mann zu, der auf so amüsante Art Geschichten erzählte, die Rian durchaus wahrscheinlich vorkamen, auf die meisten Anwesenden aber wohl wie Erfindungen wirkten. Sie prägte sich die Namen der Wesen ein, die er nannte – die Skogsra aus dem Wald, die Sjöra der Flüsse und natürlich die allgegenwärtigen Trolle, die in diesen Geschichten in allen Größen, Formen und Gesinnungen vorzukommen schienen. Die Wesen des Nordens waren allgemein scheuer als die anderer Regionen, und so hatte Rian kaum einmal jemanden von dort zu Gesicht bekommen, und früher hatte sie auch keine Veranlassung gesehen, sich allzu genau über sie zu informieren. Meist reichte es, dann zu fragen, wenn man das Wissen brauchte – so wie jetzt.
Rian sah sich um, während sie darauf wartete, dass sich der Kreis auflöste, der sich um Mats’ bequemen Sessel am Kamin gebildet hatte. Die Holzverklinkerung der Außenfront des »Röda Thor« war zwar vor Kurzem neu in kräftigem Bordeauxrot mit weiß abgesetzten Fensterrahmen gestrichen worden, und sein Inneres war durchaus an modernere Zeiten angepasst, doch zugleich hatte es sich den Charakter bewahrt, den es vermutlich schon vor hundert Jahren und länger aufgewiesen hatte.
Zwischen dem hellen Holz der Trägerbalken waren Wände und Decke weiß gestrichen, wodurch das gedämpfte Licht der klassischen Kandelaber reflektiert und der Raum angenehm hell wurde. Hier und da, vor allem in der Nähe des Kamins, wies die Decke alte Rußflecken auf, die noch aus Zeiten stammten, als Licht und Wärme mit offenem Feuer erzeugt worden waren. Der Kamin fand heute noch Anwendung, ein fröhliches Feuer flackerte in ihm, geschützt hinter einer gläsernen Klappe.
Neben dem Kaminabzug hatte vor Urzeiten jemand mit roter Farbe in groben Strichen einen markanten Wikinger an die Wand gemalt, der bedrohlich einen großen Hammer schwang. Mats saß genau unter diesem Bild, und sein schmaler, vom Alter gezeichneter Körper mit den lustig blitzenden Augen bildete einen krassen Gegensatz zu dem martialischen Kämpfer über ihm. Er hatte eine fleckige Lederweste über sein kariertes Hemd und die Jeans gezogen, die er schon am Tag getragen hatte. Während seiner Erzählung war seine Hand gelegentlich über die ausgebeulte Westentasche geglitten, und Rian fragte sich, was darin war.
Ihr Blick wanderte weiter. Der Raum war ausgestattet mit einfachen Tischen und Stühlen aus hellem Holz, die an diesem Abend nahezu alle besetzt waren, mit Leuten aus jeder Altersklasse. Auf den Tischen standen auf rot bestickten Mitteldecken kleine Topfblumen, die in der warmen Zimmerluft erstaunlich gut überlebten.
Ein Tresen dominierte eine Seite des Raumes, an dessen Holz man noch die Äste und Verwachsungen des Baumes erkennen konnte, aus dem er gebaut worden war. David saß dort, auf einem Barhocker, und unterhielt sich angeregt mit einer schlanken Frau mit hochgestecktem dunkelblondem Haar. Sie war schön, stellte Rian fest, auf eine Art, die sie ein wenig an andere Elfen erinnerte. Dennoch beachteten die anderen Männer sie kaum, vielleicht aufgrund ihres schlichten, gedeckten Kostüms und der nur dezent aufgetragenen Schminke.
Ob David versuchen wird, sie zu verführen?
, fragte sich Rian, während sie die beiden beobachtete.
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