Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
verantwortlich gemacht, dass Julia gegangen ist, und mir die Trennung nie verziehen. Und genauso lange habt ihr gelogen, richtig?«
Die Schwiegereltern wichen seinem Blick aus.
»Sie wollte es so!«, polterte Antonio schließlich los. »Du durftest unter keinen Umständen erfahren, dass sie bei uns war. Wir mussten es ihr schwören!«
»Und wir
waren
zornig«, fügte Natalia leise hinzu. »Es war die beste Lösung. Du hast unserer Tochter das Herz gebrochen.«
»
Sie
ist gegangen und hat mein Herz nicht minder gebrochen«, konterte Fabio bitter. »Ihr wisst, dass ich die halbe Welt nach ihr abgesucht habe! Und ich hätte nicht aufgehört, aber Nadja brauchte mich, und seither war ich nur für meine Tochter da.«
»Ganz ehrlich, Fabio, wenn es nach uns gegangen wäre, hättest du es nie erfahren«, sagte Natalia. »Das macht alles nur noch schlimmer und reißt Wunden auf, die sich nie vollständig geschlossen haben.«
»Und was ist mit Nadja?«
»Nadja hatte all das
von Anfang an
nicht verdient! Schieb die Verantwortung nicht auf deine Exfrau ab.«
Fabio zog die weißen Brauen zusammen. »Julia ist immer noch meine
Frau
, vor dem Gesetz, vor den Göttern, vor der sizilianischen Tradition und in unseren Seelen.«
Natalia wiegte den Kopf. »Hast du ihr gesagt, dass du Nadja mitbringst?«
»Nein.«
»Dann mach dich auf was gefasst.«
Nadja schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. »Was soll das heißen?«, stieß sie brüchig hervor. War sie etwa nicht willkommen? Wollte ihre Mutter sie nicht sehen?
»Das bedeutet, dass dein Vater ein sehr schwieriger Mensch ist, der anderen nur Unglück bringt und die Dinge unnötig kompliziert macht«, antwortete Natalia. Dann wandte sie sich Fabio zu. »Denkst du, sie kann das verkraften?«
Nadjas Vater rieb sich den Bart. »Ich bin mir nicht mal sicher, ob
ich
es verkraften kann, Natalia. Julia hat den Kontakt aufgenommen, mich angerufen und gesagt, ich müsse sofort kommen. Also bin ich hier. Natürlich hat sie mir verboten, Nadja mitzubringen, um sie zu schützen. Aber ich habe meine Tochter wegen ihrer Mutter stets belogen, genauso wie ihr mich. Aus welchen Gründen auch immer – es ist nicht richtig. Doch jetzt ist Nadja Mitte zwanzig, sie ist erwachsen und kann auf sich selbst aufpassen. Sie hat ein Anrecht auf die Wahrheit und endlich auf ihre Mutter. Egal, was aus mir wird, aber ich werde es nicht zulassen, dass Nadja weiterhin von ihrer Familie getrennt ist. Meine Eltern leben schon lange nicht mehr, sie hat immer nur mich gehabt. Ihr jedoch seid da! Ihr und Julia.«
Antonio schüttelte den Kopf. »Wo soll das alles hinführen …«, sagte er kummervoll.
»Aber er hat recht«, sagte Natalia plötzlich. »Wir sind eine Familie. Wir können es nicht verleugnen, und unser Leid wird dadurch nicht geringer. Schau sie dir endlich an, Antonio! Warst du es nicht, der heute früh noch Gott gebeten hat, dass sie mitkommt?«
Der alte Mann war peinlich berührt und nickte stumm.
Nadja brachte kein Wort mehr hervor. Sonne und Arbeit hatten die Großeltern ausgedörrt, sie waren bodenständige Leute, die das vergleichsweise bequeme Leben in München gegen diese Kargheit getauscht hatten. Doch man spürte in jedem einzelnen Möbelstück, dass sie sich hier zu Hause und wohlfühlten, und so knorrig und ruppig sie sich geben mochten, war ihnen doch deutlich anzusehen, dass beide ein großes, liebevolles Herz besaßen. Sie wussten nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten, waren zwischen Freude, Trauer und Zorn hin und her gerissen.
In einem plötzlichen Impuls beugte Nadja sich vor, streckte die Arme aus und ergriff die Hände ihrer Großeltern. Sie drückte sie, so fest sie konnte, und lächelte sie an. Die beiden Alten richteten dunkle Augen auf sie und lächelten dann zurück.
Fabio saß still da, wie ein Gast aus einer fernen Welt. Für einen Moment sah Nadja Fiomha den Elfen vor sich, der er einst gewesen war; sogar die Schatten machten mit und zauberten Spitzen an seine Ohren. Ob die Großeltern wohl die Wahrheit kannten? Wahrscheinlich nicht. Sonst brachten sie vermutlich noch weniger Verständnis auf …
»Nun sag endlich, ist sie nicht ein prächtiges Mädchen?«, wiederholte Natalia. »So ganz unschuldig ist Fabio nicht daran, das müssen wir ihm zugestehen. Du hast deine Sache gut gemacht, genero.«
»Danke sehr«, sagte Fabio nicht ohne Ironie.
Nadja konnte es kaum noch aushalten. »Wann … kann ich meine Mutter sehen?«
»Ah, dazu müsst
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