Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
für einen Moment desorientiert, in ihre Kindheit versetzt, doch sie fand rasch zurück und blickte sich suchend nach Nadja um. »Ist alles in Ordnung, Tochter?«
Nadja schüttelte den Kopf und deutete verzweifelt auf Fabio, der immer noch wie eine verzerrte Skulptur seiner selbst dalag.
Letitia legte eine Hand auf die Schulter ihrer Mutter und schwang die Beine aus dem Bett. »Danke, Mutter. Ich mache das jetzt. Geh bitte wieder nach unten.«
Natalia nickte und ging wortlos, schloss die Tür hinter sich. Letitia kniete bei Fabio nieder und untersuchte ihn. »Was ist geschehen?«
»Er fing auf einmal furchtbar an zu schreien. Ich musste ihn von dir trennen …«
»Verstehe. Du hast uns abrupt getrennt. Sein Geist ist immer noch dort.«
»Tut mir leid …«
»Nein, du hast das Richtige getan. Unsere Verbindung ging schon vorher verloren, und ich habe mich beinahe verirrt. Ihr habt mich gerade rechtzeitig geweckt. Ich kann nur versuchen, ihn zurückzuholen, indem ich denselben Weg gehe. Andernfalls hättest du uns beide verloren, und es hätte keine Rettung mehr gegeben. Je länger es dauert, desto geringer sind die Chancen.«
»Ich wollte die Maske holen«, gestand Nadja beschämt. »Aber sie haben sie mir nicht gegeben.«
»Sehr gut. Auf meine Eltern ist Verlass.« Letitia beugte sich über Fabios bleiches Gesicht. »Wie lange ist er schon so?«
»Ich weiß nicht … höchstens fünf Minuten …«
»Hm. Kritisch.«
»Euer Band wird euch halten …«, flüsterte Nadja. »Ich habe es doch gesehen. Es ist unzerreißbar …«
»Nur aus diesem Grund habe ich den Vorschlag überhaupt gemacht.« Letitia warf einen kurzen, zweideutigen Blick zu Nadja. »Was wir da getan haben, war Wahnsinn.«
»Schön, dass du mich jetzt darüber aufklärst …«
»Vernunft ist ein Fremdwort für Elfen, erst recht für deinen Vater. Und ich musste endlich wissen, wie alt ich bin. Diese Geschichte wird immer größer, und wir müssen herausfinden, worauf wir uns da eingelassen haben.«
Letitia konzentrierte sich voll und ganz auf Fabio, versenkte ihren Blick in seinem, und Nadja sah abermals zarte goldene Fäden zwischen ihren Augen schweben. Die junge Frau rang heftig mit sich, ob sie es nicht noch einmal mit der Maske versuchen sollte, und verfluchte sich selbst, weil nur sie allein sich in diese Lage gebracht hatte. Aber eine Chance musste sie der Mutter geben. Doch wenn auch nur der geringste Verdacht bestand, dass Letitia ebenso wie Fabio verloren ging, würde sie sich durch nichts und niemanden mehr aufhalten lassen.
Letitia wurde blass, und auf ihrer Stirn bildeten sich Schweißperlen, während sie auf der Suche nach Fabios Geist war. Ihre Konzentration blieb ungebrochen.
Es war ein ganz anderer Weg, keine Erinnerungsmagie. Trotzdem reiste Letitia erneut durch ihre Vergangenheit, der leuchtenden Spur von vorher hinterher, immer noch mit dem objektiven Blick von außen. Staunend flog sie die Spirale entlang, setzte allerdings hier und da leuchtende mentale Anker, die ihr helfen sollten, sich auf dem Rückweg daran entlangzuhangeln. Die Reise forderte ihr alle Kräfte ab, daher brauchte sie Unterstützung, um es auch wieder zurück zu schaffen, noch dazu mit Fabio im Schlepptau. Die Spur würde sie dann nämlich nicht mehr sehen können, sie funktionierte nur in einer Richtung und auch nur für kurze Zeit.
Was mochte geschehen sein, dass er so schlagartig verschwunden war und sich verloren hatte? Letitia hatte es überhaupt nicht mitbekommen. Dennoch bereute sie nicht, was sie gemeinsam getan hatten. Sie brauchten Antworten wie die, die sie in ihren Erinnerungen fanden. Wer weiß, wie viel Zeit ihnen noch blieb?
In höchster Eile reiste sie bis an den Punkt des Anfangs, in der Alten Stadt, und da … sah sie ihn.
Er saß auf einem Felsen, den Blick auf die Stadt gerichtet, die zu diesem Zeitpunkt noch jung war und immer noch im Entstehen begriffen.
Behutsam setzte sie sich neben ihn. Es war gerade genug Platz für sie beide.
Ich war sehr in Sorge
.
Es tut mir leid. Aber ich … verlor völlig die Fassung
. Er
ist hier
.
Er?
Den wir als Getreuen kennen. Er ist hier. Er war damals schon hier. Ich glaube, er war es schon immer, seit Anbeginn der Geisterwelt
.
Dann sind wir also auf der richtigen Spur?
Ja. Wir haben den Anfang gefunden. Er wird in unserer Zeit wieder an diesen Ort gehen und den fünften Stab setzen. So wird er Bandorchu befreien. Aus dem Schattenland, von wo es bisher keine Rückkehr gab
.
Aber
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