Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
was tut er jetzt hier, vor aller Zeit?
Er baut die Stadt
.
Was?
Ich verstehe es auch nicht. Wir sind nicht ganz bis zum Anfang zurückgegangen, sodass ich nicht herausfinden konnte, wann und durch wen die Stadt gegründet wurde. Aber der Getreue ist jetzt hier und baut sie auf, so, wie ich einst Venedig baute
.
Plötzlich hielt Fabio inne, hob den Arm und wies auf ein Haus fast im Zentrum.
Da, darauf habe ich gewartet. Die ganze Zeit schon wandere ich immer wieder hierher zurück, das dürfte das fünfte Mal sein. Jetzt geschieht es. Schau hin
…
Letitia schloss einen kurzen Moment geblendet die Augen, als aus einem Fenster plötzlich ein gleißendes Licht aufflammte, für einen Herzschlag alles hell erleuchtete und dann langsam erlosch. Jedermann in der Stadt hielt inne und blickte zu diesem Haus. Manche verneigten sich, andere fielen auf die Knie. Irgendwer streute Rosenblätter, und ein ferner Chor erklang.
Was war das?
, fragte Letitia und registrierte überrascht, wie Ehrfurcht sie erfüllte.
Fabio wandte ihr das flimmernde Geistgesicht zu, und glitzernde Kristalle lösten sich aus seinen Augen.
Das bist du
, flüsterte er.
In diesem Moment wurde deine Seele geboren, meine Geliebte. Du warst die Erste von allen, und du bist immer noch da. Deswegen konntest du mir auch meine Seele geben. Und ich, Fiomha, der einfache Elf niederer Herkunft, ganz ohne Privilegien und nicht von edlem Blut, durfte dein Herz erobern, für immer
.
Sie tastete nach seiner Hand.
Das ist … wunderbar. Ich danke dir, dass ich bei meiner Geburt dabei sein durfte. Wer kann das schon von sich sagen? Aber es ist nicht nur das. Dir … verdanke ich alles
.
Du hast mir bereits gedankt. Du hast eine Seele für mich gepflückt und sie mir geschenkt. Du hast mich geliebt, bevor ich wusste, was Liebe überhaupt ist. Und wir haben einander geliebt, bevor wir wussten, dass es verboten ist. Was wäre wohl geschehen, wenn ich damals auch hier gewesen wäre?
Denk nicht darüber nach. Wir sind jetzt hier
.
Einen Moment lang saßen sie schweigend da und blickten auf die Stadt. Schließlich drückte Letitia Fabios Hand.
Wir müssen zurück
.
Müssen wir?
Ja. Unsere Tochter wartet auf uns. Sie gibt sich die Schuld. Und da sind noch eine Menge unerledigte Dinge
.
Ah. Der Preis, nicht wahr?
So sind die Regeln. Das weißt du besser als ich
.
Ich habe die Regeln schon lange hinter mir gelassen
.
Nicht alle
.
Ja. Ja, ich verstehe
.
Sie spürte, wie sein Widerstand wich. Darauf hatte sie vertraut. Obwohl sie zugeben musste, dass die Versuchung sehr groß war.
Es ist schön hier, nicht wahr?
Der schönste Ort der Welt. Hier gibt es nur Frieden. Wie lange er wohl währte?
Vielleicht kehren wir eines Tages wieder zurück und bleiben. Bestehen in einer Erinnerung fort. Wir könnten einfach nur glücklich sein
…
Aber das sind wir doch, meine Liebste … mein Herz. Solange ich in deiner Nähe sein darf
.
Wir gehen jetzt zurück, mein Lieber. Sträub dich nicht mehr. Ich schaffe es nicht allein und ohne dich schon gar nicht. Hilf mir. Schenk mir deine Kraft. Kehren wir zu unserer Tochter zurück; sie ist der Ankerpunkt in der Welt, in die wir gehören. Hier ist unseres Bleibens nicht. Noch nicht
…
Endlich gab er nach. Es war sehr schwer, jemanden zurückzuholen, der sich in der Vergangenheit verloren hatte. Noch dazu, wenn man selbst lieber dort verweilen wollte. Es war einfach zu verlockend …
Nein. Zurück, zurück. Dort war Nadja und wartete, ihre Tochter, die Letitia vor so langer Zeit verlassen hatte. Die ohne sie aufwachsen musste. Letitia wusste nicht, ob sie sich das je verzeihen konnte. Aber ganz sicher würde sie es sich nicht verzeihen können, wenn sie jetzt einfach ging. Und ihr Kind schutzlos und ohne Hilfe zurückließ, während die Welten zum Untergang verurteilt waren.
Das war Letitias fester Bezugspunkt, der sie immer wieder aufrüttelte und sie zwang, sich mit Fabio zusammen auf den Rückweg zu machen. Er hatte so gut wie gar keinen Willen mehr, aber noch Stärke. Das musste für beide reichen.
Nadja keuchte auf, als sie merkte, wie sich bei ihren Eltern etwas veränderte. Die ganze Zeit hatte sie bei ihnen verharrt, die Hände auf sie gelegt, ihnen Wärme und Liebe gegeben. Sie wusste nicht, was sie sonst tun konnte, sie besaß keinen Elfenzauber oder wenigstens Erfahrung im Umgang mit solchen Geschehnissen. Also tat sie das Einzige, was ihr blieb: Sie versuchte, Zuneigung und Stärke zu übertragen, ihnen zu zeigen,
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