Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
Minute, und in ihren Augen spiegelte sich nicht der Raum, sondern die Vergangenheit.
Egal, ob es ihrem Vater recht war oder nicht, jetzt würde Nadja eingreifen. Dieser Schrei hatte es in sich gehabt, da stimmte etwas ganz und gar nicht mehr. Sie rüttelte an Fabios Schulter, und als er nicht zu sich kam, umklammerte sie ihn und riss ihn mit Gewalt aus dem Augenbann. Zusammen stürzten sie polternd zu Boden, und Nadja ächzte auf, als er mit vollem Gewicht auf ihr landete. Mühsam wälzte sie ihn von sich herunter, robbte zur Seite und versuchte, ihn aufzurichten. Sein Blick war völlig starr, die Muskeln verkrampft. Aus seinem halb geöffneten Mund lief Speichel.
»Verdammt!«, stieß Nadja in panischer Angst hervor.
»Papa, komm zu dir, los!« Schließlich ohrfeigte sie ihn sogar. Als ihre Bemühungen keinen Erfolg brachten, wandte sie sich ihrer Mutter zu. Doch auch sie konnte Nadja nicht zu sich bringen.
»O Gott, ich habe alles falsch gemacht«, jammerte sie. Ihr Herz raste, und ihre Gedanken überschlugen sich. Was sollte sie nur tun?
Die Maske. Nachsehen, was sich verändert hatte, den Weg finden, die beiden zurückholen …
Nadja raste die Treppe hinunter und stürmte in die Küche, wo Antonio und Natalia gebannt auf den kleinen Fernseher starrten.
»Die Maske!«, rief die junge Frau. »Ich brauche sie, sofort!«
Die Großeltern sahen sie fast mitleidig an. »Sie ist gut verwahrt«, sagte Natalia. »Du kriegst sie nicht.«
»Das ist kein Scherz!«, schrie Nadja wütend. »Ich brauche die Maske sofort! Es geht hier um Sekunden, um Leben und Tod!«
Antonio hätte beinahe nachgegeben, aber Natalia hielt ihn am Arm fest. »
Unter gar keinen Umständen
, hast du gesagt, Nadja, und daran halte ich mich.«
Die junge Frau schrie noch eine Weile auf sie ein, geriet immer mehr in Rage, aber es hatte keinen Zweck, die Nonna ließ sich nicht erweichen.
»Was glaubst du wohl, wie viel Versprechen wert sind, wenn man sie so einfach bricht?«
»Aber ich verliere meine Eltern, wenn ich nicht …«
»Hör auf, Nadja! Es geht hier um ein magisches Ritual, richtig? Ich halte mich an mein Wort, das ich gegeben habe, und stelle keine Fragen. Aber was hier vor sich geht, ist ziemlich offensichtlich. Ich habe keine Ahnung, was dein Spinner von Vater jetzt wieder angerichtet hat, aber eines weiß ich: Bisher hat er jedes Mal alles zum Guten gewendet. Du solltest ihm vertrauen.«
»Aber … aber wenn ich ihn umgebracht habe, weil alles meine Schuld war?« Nadjas Augen füllten sich mit Tränen.
Natalia erhob sich langsam. »Was ist mit deiner Mutter?«
»Als ob sie katatonisch wäre …«
»Das kenne ich. Das hatte sie schon als Kind.«
Die alte Frau öffnete ein kleines Schränkchen neben dem Gewürzregal, holte eine schmale Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit darin hervor und winkte Nadja. »Zuerst holen wir deine Mutter zurück. Sie wird wissen, wie man deinem Vater helfen kann.«
Nadja blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen, obwohl sie unterwegs mehrmals überlegte, einfach umzudrehen und nach der Elfenmaske zu suchen. Doch als sie einen Blick zurückwarf, sah sie Antonio mit verschränkten Armen im Türrahmen zur Küche stehen, und neben ihm saß Sesta mit aufmerksamem Blick.
»Haltet uns nicht für dumm«, sagte Natalia unterwegs auf der Treppe. »Ich sagte es dir bereits: Wir wissen schon lange, dass unsere Tochter anders ist als andere. Sie wollte nie mit uns darüber reden, erst recht nicht nach der Trennung von Fabio. Und selbst ein Pragmatiker erkennt, dass er ebenfalls nicht normal ist.«
»Mein Vater verehrt euch. Aber wenn ich euch erzähle, worum es geht, erklärt ihr uns trotzdem für verrückt.«
»Verrückt, mein liebes Kind, sind das Salz und die Kreidezeichen und all das andere. Doch auch dafür wird es eine Erklärung geben.« Natalia betrat Fabios Zimmer, wo Nadjas Eltern in unveränderter Haltung dalagen. Ohne Fabio zu beachten, ging Natalia schnurstracks zum Bett, entkorkte das Fläschchen und hielt es kurz, nicht einmal eine Sekunde, unter Letitias Nase, bevor sie es wieder zustöpselte.
Der stechende Geruch reizte Nadjas Nase selbst auf die Entfernung, und sie erkannte, dass es sich um Salmiakgeist, also Ammoniumhydroxid, handeln musste. Hoch ätzend und lebensgefährlich – ihre Großmutter schien auch verrückt zu sein!
Letitia kam augenblicklich zu sich und schoss in die Höhe, ihre Augen wie flackernde Irrlichter. »Mama! Was habe ich geträumt?« Sie wirkte
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