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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sind hier nicht mehr im WeißenEber, und das hier ist nicht WeißWald, was bedeutet, dass es hier niemanden gibt, der dir hilft, hast du das begriffen?«
    Gamma Graukeil versuchte eine Hand zwischen ihren Stiefel und sein Gesicht zu schieben, um nach seiner blutenden Nase zu tasten, und rang sich immerhin zu einem schüchternen Nicken durch; und Pia, die mittlerweile wirkliche Mühe hatte, sich weiter auf einem Bein aufrecht zu halten, fuhr hörbar schneller fort: »Du wirst jetzt ganz genau das tun, was ich dir sage, und vor allem den Mund halten, solange ich dir keine direkte Frage stelle, oder ich erinnere mich wieder daran, dass Zwerge eigentlich unter die Erde gehören und ramme dich ungespitzt in den Boden. Kapiert?«
    Der Zwerg nickte schüchtern, und Pia machte einen ungeschickten Hüpfer zur Seite und setzte endlich auch das andere Bein wieder auf den Boden.
    »So«, sagte sie grimmig. »Nachdem das geklärt ist, wirst du mir ein paar Fragen beantworten, Knirps.«
    Der Zwerg nickte noch schüchterner und starrte zwei oder drei Sekunden lang nur wortlos zu ihr hoch und zog dann geräuschvoll Blut und Rotz durch die Nase, während er sich umständlich aufrappelte. Noch bevor er die Bewegung ganz zu Ende bringen konnte, bückte sich Pia rasch und nahm den schweren Grubenhammer an sich, den er auf dem Rücken trug. Und in der gleichen Bewegung und mit der anderen Hand zog sie auch das Schwert aus seinem Gürtel. In ihren Händen sah es eher aus wie ein besseres Messer, aber auch ein Messer war eine tödliche Waffe, und sie traute diesem Zwerg nicht einmal so weit, wie sie ihn werfen konnte.
    Sie betrachtete das Schwert einen Moment lang kritisch, zuckte die Schultern und warf es dann im hohen Bogen ins Gras. Gamma Graukeil sah der entschwindenden Klinge aus aufgerissenen Augen nach und wirkte, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, aber er gab keinen Laut von sich, sondern presste nur beide Hände gegen das Gesicht, ohne den Blutstrom, der aus seiner Nase lief, damit irgendwie aufhalten zu können.
    »Und jetzt raus mit der Sprache«, sagte Pia.
    »Aber ich wollte doch nur –«, begann Gamma Graukeil und brach schon wieder mitten im Satz ab, als Pia auch seinen Grubenhammer wegwarf und er auf Nimmerwiedersehen im Gras verschwand. Aus der gleichen Bewegung heraus ballte sie eine Faust vor seinen Augen, die nicht sehr viel kleiner war als sein Gesicht.
    »Habe ich dir etwa eine Frage gestellt?«
    Gamma Graukeil schüttelte hastig den Kopf, und in seinen Augen erschien ein Ausdruck, bei dem er Pia schon beinahe wieder leidtat.
    Aber eben nur beinahe. Sie hatte den Zwerg zwar nur ein einziges Mal gesehen, aber diese eine Begegnung hatte mehr als ausgereicht, um ihr seinen Charakter klar vor Augen zu führen. Und sie würde sich ganz gewiss nicht von seiner vermeintlich harmlosen Erscheinung täuschen lassen. Für einen Zwerg war Gamma Graukeil ziemlich groß (wenn sie es recht bedachte, war er eigentlich kaum kleiner als die meisten anderen, denen sie in WeißWald begegnet war), aber bei einem Volk, bei dem eigentlich jeder ein Zwerg war, bedeutete das, dass er ihr nicht einmal dann bis an die Brust reichte, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte.
    Aber er war gemein und niederträchtig, und er hatte nicht nur den verschlagenen Blick einer ausgehungerten Hyäne, sondern auch deren Charakter. Sie nahm sich vor, auf der Hut zu bleiben.
    »Diese Stadt da hinten«, begann sie mit einer Kopfbewegung auf die unheimlichen Umrisse, die sich über dem Dschungel erhoben. »Kommst du von da?«
    Graukeil setzte zu einer Antwort an, schielte dann zu ihrer Faust hoch und beließ es bei einem wortlosen und sehr hastigen Nicken.
    »Brav«, sagte Pia. »Und du weißt, wer sie gebaut hat und jetzt dort lebt?« Graukeil nickte noch hastiger.
    »Sind es Menschen?«, fragte Pia. »Ich meine: freundliche Menschen? Solche, zu denen ich gehen kann und keine Angst haben muss, umgebracht oder aufgefressen oder bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden?«
    Der Zwerg nickte, schüttelte gleich darauf den Kopf und nickte dann noch einmal und umso hastiger.
    »Wie jetzt?«, fragte Pia unwillig.
    »Menschen«, nuschelte Graukeil durch seine Hände hindurch. »Freunde. Aber, hör mal, Prinzesschen, du hast da etwas vollkommen falsch –«
    Pia verpasste ihm eine Kopfnuss, und die Augen des Zwerges füllten sich nicht nur endgültig mit Tränen, er hielt auch die Klappe.
    »Dir ist doch hoffentlich klar, dass ich allemal noch die Zeit

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