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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vollkommen anders aus. Es wurde dunkel und fast augenblicklich so kalt, dass sie selbst in ihrem gefütterten Anzug zu frösteln begann.
    Was es nicht wurde, war still.
    Ganz in Gegenteil hob rings um sie herum ein ganzer Chor der unterschiedlichsten Geräusche an, die immer mehr und lauter wurden und von denen die allermeisten beunruhigend waren ... eigentlich alle, wenn sie es sich genau überlegte. Überall raschelte und huschte es, hörte sie das Trappeln winziger Pfoten und Krallen, das Knacken von Ästen und die Laute von kleinen und größeren Körpern, die durch Unterholz und Geäst brachen odersich über ihrem Kopf in den Baumwipfeln bewegten. Manchmal schrie auch ein größeres Tier – zu ihrer Erleichterung schienen sie allesamt weit entfernt zu sein – und ihre Fantasie musste sich gar nicht mehr besonders ins Zeug legen, um ihr unzählige winzige, gierige Augen vorzugaukeln, die sie aus der Dunkelheit heraus belauerten, und huschende Dinge mit entschieden zu vielen Beinen, die um sie herumschlichen und im gleichen Maße näher kamen, in dem ihre Aufmerksamkeit nachließ.
    Außerdem war sie schrecklich hungrig. Die letzte wirkliche Mahlzeit, die sie zu sich genommen hatte, war das Frühstück in José Peraltas Villa gewesen, und das war mehr als zwei Tage (und eine ganze Welt) her, und ihr Magen knurrte mittlerweile so laut, dass das Geräusch allein wahrscheinlich alle Raubtiere in weitem Umkreis vertrieb, weil sie Angst davor hatten, einen schlafenden Drachen zu wecken. Vielleicht hätte sie doch weiterreiten sollen, auch auf die Gefahr hin, unangenehme Bekanntschaft mit einem tief hängenden Ast zu machen.
    Zwischendurch musste sie wohl doch ein paarmal eingenickt sein, was sie aber nur daran merkte, dass sie mit klopfendem Herzen und zitternd hochschrak und sich wild in alle Richtungen umsah. Einmal war tatsächlich etwas über ihr Gesicht gelaufen – sie dachte vorsichtshalber erst gar nicht darüber nach, wie viele Beine es gehabt hatte – und ein andermal war sie sicher, dass es Gamma Graukeils hasserfüllte Blicke waren, die sie aufgeweckt hatten.
    Die Nacht schien kein Ende zu nehmen, und als es – endlich – doch zu dämmern begann und das erste klare Licht des Morgens durch die Baumwipfel sickerte, schrak sie auf und hörte tatsächlich ein Geräusch, das nicht hierhergehörte.
    Etwas kam näher. Etwas Großes, das nicht mehr sehr weit entfernt war und sich auch keine Mühe gab, leise zu sein, was gewisse Rückschlüsse nicht nur auf seine Größe und Wehrhaftigkeit zuließ, sondern auch auf seine Absichten.
    Schnell, aber vollkommen lautlos stand sie auf und drehte sicheinmal im Kreis. Flammenhuf war schon nach ein paar Minuten verschwunden, nachdem sie ihr Lager hier aufgeschlagen hatten, aber sie war sicher, dass er pünktlich wieder hier sein würde, sobald sie ihn brauchte. Sie sah auch sonst kaum etwas, obwohl es allmählich heller wurde, und sie hörte rein gar nichts, bis auf ein immer noch näher kommendes Splittern und Bersten und das Geräusch schwerer, gleichmäßiger Schritte.
    Pia beendete ihre Drehung, zog den Elfendolch und wandte sich noch einmal zu dem gefesselten Zwerg um. Gamma Graukeil war wach und starrte sie aus angstvoll geweiteten Augen an.
    »Ich bin gleich zurück«, sagte Pia. »Lauf nicht weg.«
    Geduckt, den Dolch in der rechten Hand und die andere auf der Magnum, huschte sie los und schlug dabei nicht genau die Richtung auf die näher kommenden Geräusche ein, sondern hielt sich ein wenig weiter links, um das, was immer sich da auf sie zu bewegte, zu umgehen und ihm nach Möglichkeit in den Rücken zu fallen. Auf dem ersten Stück gab sie sich sogar Mühe, ganz besonders leise zu sein, bevor ihr klar wurde, wie albern sie sich benahm. Was immer da auf sie zu kam, bewegte sich mit der Eleganz und Lautlosigkeit eines wütenden Elefantenbullen und hätte sie vermutlich nicht einmal dann hören können, wenn sie aus Leibeskräften geschrien hätte.
    Was sie um ein Haar auch getan hätte, als sie sah, was sie bisher nur gehört hatte.
    Der Lärm und die Art der Geräusche hatten sie einen Reiter erwarten lassen, ein Pferd, aber die einzige Ähnlichkeit mit einem Pferd bestand (ungefähr) in der Größe und dem Umstand, dass es einen Sattel trug und einen Reiter hatte. Das Geschöpf hatte nicht einmal vier, sondern nur zwei Beine (zumindest berührten nur zwei davon den Boden, die beiden anderen waren zu winzigen Ärmchen mit dafür umso größeren Krallen

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