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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Becher aus der Hand und stellte ihn mit spitzen Fingern und fast schon behutsam vor sich auf den Tisch. Aus der gleichen Bewegung heraus und mit immer noch steinerner Miene stand er auf, drehte sich herum und ging.
    Pia sah ihm betroffen hinterher und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Vielleicht sollte sie ihm nacheilen, um sich bei ihm zu entschuldigen; auch wenn sie selbst nicht einmal genau wusste, wofür.
    Bevor sie es tun konnte, erscholl hinter ihr ein leises Lachen,und als sie erschrocken aufblickte, sah sie in Alicas Gesicht hinauf, die in der Tür stand und spöttisch applaudierte.
    »Na, das war jetzt wirklich feinfühlig«, sagte sie. »Falls es hier irgendwann einmal mehr keinen Bedarf an Elfenprinzessinnen und Schwertkämpferinnen geben sollte, brauchst du dir wenigstens keine Sorgen um deine Zukunft zu machen. Du kannst einen ganz neuen Berufszweig einführen. Psychoterroristin. So feinfühlig, wie du bist.«
    »Psychotherapeutin«, verbesserte sie Pia ganz automatisch, bevor ihr in den Sinn kam, dass das vielleicht gar kein Versprecher gewesen war. »Und wo kommst du denn so plötzlich her?« Sie warf einen verwirrten Blick auf die Tür auf der anderen Seite, durch die Alica vorhin verschwunden war.
    Alica machte eine Kopfbewegung hinter sich. »Das hier ist mein Haus, schon vergessen? Früher waren das mal die Privatgemächer des Alkalden. Eine richtige Festung. Und jede anständige Burg, die was auf sich hält, hat auch einen Geheimgang.«
    »Du hast dich reingeschlichen«, sagte Pia. »Um mich zu belauschen?«
    »Warum denn sonst?«, fragte Alica. »So wie sich Jesus aufgeführt hat, wollte ich wissen, was los ist … und es hat sich schließlich ja auch gelohnt.«
    Das spöttische Funkeln blieb in ihren Augen, doch ihre Stimme wurde leicht vorwurfsvoll. »Musstest du so grob mit dem armen Kerl sein?«
    »Das hat er sich selbst zuzuschreiben«, antwortete Pia gereizt. Und außerdem ging sie das verdammt noch mal nichts an. Vor allem, wenn sie bedachte, dass Alica nicht ganz unschuldig an alldem war.
    »Du tust dem armen Kerl wirklich unrecht«, beharrte Alica. »Weißt du, dass wir ihn fast gewaltsam daran hindern mussten, loszustürzen und nach dir zu suchen? Er war mehr tot als lebendig, als wir hier angekommnen sind, und kaum hatte er die Augen aufgeschlagen, da wollte er schon losrennen.«
    »Das ist noch lange kein Grund, mir hier eine kindische Eifersuchtsszene zu machen«, antwortete Pia, zu ihrem eigenen Verdruss jetzt eindeutig im Tonfall einer Verteidigung.
    Ärgerlich stand sie auf, stürmte an Alica vorbei ins Schlafzimmer und sah sich ganz automatisch nach dem Geheimgang um, von dem sie gesprochen hatte. Die Mädchen hatten ihr Bett gerichtet, als sie draußen gewesen war, und ihre Stiefel standen jetzt daneben auf dem Boden und waren auf Hochglanz poliert, aber das war auch die einzige Veränderung: Nirgendwo stand eine Geheimtür offen oder eine Klappe im Boden.
    »Unter dem Bett, Liebes«, sagte Alica, der ihr Blick nicht verborgen geblieben war. »Da ist ein Mosaik, das einen Jaguar zeigt. Wenn du auf seinen Kopf drückst, geht eine Klappe auf.«
    »Unter dem Bett?«
    »Das ist dämlich, ich weiß. Anscheinend lesen sie hier nicht besonders viele Gruselgeschichten. Wozu auch? Schließlich leben sie in einer.« Alica ging an ihr vorbei, setzte sich mit gekreuzten Beinen aufs Bett und machte eine auffordernde Geste in Pias Richtung, sich zu ihr zu gesellen. Pia ignorierte sie.
    »Warum hast du es ihm gesagt?«, fragte sie.
    »Wem? Und was?«
    »Jesus«, antwortete Pia, »und stell dich nicht dumm. Du weißt ganz genau, was ich meine. Warum hast du ihm von Ter Lion erzählt?«
    »Hätte ich das nicht gedurft?«
    »Vielleicht nicht unbedingt sofort«, sagte Pia. »War das deine private Rache, weil ich dir bei Ter Lion zuvorgekommen bin?«
    »Ha, das hat mir gefehlt«, feixte Alica. »Zickenkrieg! Ich wusste doch, dass diesem hübschen Plätzchen etwas Wichtiges abgeht.« Sie klimperte mit den Augen. »Jetzt tust du mir aber unrecht, Liebes.«
    Sie wirkte nicht im Geringsten verletzt, und von schlechtem Gewissen war erst recht keine Spur. »Aber das ist natürlich Euer gutes Recht, Erhabene. Ich bin nur Eure unwürdige Dienerin,die sich schon glücklich schätzt, Euch mit ihrem Schatten an einem heißen Tag Kühlung zu spenden. Doch was Jesus angeht, warst du wirklich ungerecht. Er hat keine Ahnung, wer du wirklich bist. Ich habe es ihm natürlich gesagt, aber es dauert eine

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