Elfenzorn
noch während sie sich erneut herumwarf und auf die Beine zu kommen versuchte, fuhr eine gewaltige Raubvogelklaue nieder und hinterließ ein spinnennetzartiges Muster aus Sprüngen im Stein.
Sie spürte, dass sie nicht schnell genug sein würde. Sie versuchte es trotzdem, warf sich herum und zugleich in die Höhe und sah eine weitere Raubvogelklaue aus dem Augenwinkel auf sich zurasen. Diesmal zielte sie auf ihr Gesicht, und die tödlichen Dolchklauen waren zum Zupacken gespreizt. Sie hatte nicht einmal die Spur einer Chance, ihnen auszuweichen.
Gerade als sie sich gegen den entsetzlichen Schmerz zu wappnen versuchte, mit dem die Klaue ihr das Fleisch vom Gesicht reißen und alles beenden musste, prallte etwas Großes und Dunkles gegen den Riesenvogel. Seine Wucht reichte nicht, um das Untier von den Füßen zu reißen, aber der tödliche Klauenhieb verfehlte sie um Haaresbreite, und Pia stolperte zwei hastige Schritte zur Seite und griff zugleich nach ihrem Gürtel, um den Elfendolch zu ziehen; oder auch die Magnum, ganz egal, was sie zuerst zu fassen bekam.
Es war weder das eine noch das andere, und alles, was ihre Finger ertasteten, war zerrissener bunter Stoff, denn sie trug keinen Gürtel, und der Elfendolch lag direkt neben dem schweren Revolver in einer Nische in der Wand von Alicas Schlafzimmer.
Pia beschloss, später mit dem Schicksal zu hadern, sprang rasch zwei oder drei weitere Schritte zurück, kam erst jetzt dazu, einen panischen Blick in die Runde zu werfen, und stellte fest, dass ihre Lage nicht einmal annähernd so verzweifelt war, wie sie angenommen hatte. Sondern noch sehr viel schlimmer.
Es war Jesus gewesen, der sich gegen den Riesenvogel geworfen und ihr damit vermutlich das Leben gerettet hatte, aber nicht einmal der Aufprall seiner gut zweihundertfünfzig Pfund Gewicht hatte das Ungeheuer zu Boden schleudern können. Das groteske Geschöpf strauchelte zwar und kämpfte mit schon fast komisch anmutenden Bewegungen um sein Gleichgewicht, aber Jesus war meterweit zurückgestolpert und fiel genau in diesem Moment auf den Rücken; schwer und auf eine Art, die ihr klarmachte, dass er so bald nicht wieder aufstehen würde.
Auch von Alica und den beiden Schattenelben hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Alica war während des ganzen Durcheinanders irgendwie zu Boden gegangen und saß mit benommenem Gesichtsausdruck an die Mauerbrüstung gelehnt da, und ihre beiden Bodyguards waren voll und ganz damit beschäftigt, mit ihren Lanzen den zweiten Riesenvogel auf Abstand zu halten, in den sich der Sith offensichtlich verwandelt hatte.
Der fast zeitlose Augenblick, den dieser Gedanke brauchte, um in ihrem Bewusstsein Gestalt anzunehmen, reichte dem Monstervogel, um nicht nur seine Balance wiederzufinden, sondern sich auch mit einem in den Ohren schmerzenden schrillen Kreischen wieder auf sie zu stürzen, und diesmal kam sie in buchstäblich allerletzter Sekunde auf den Gedanken, dass es schließlich noch etwas gab, was sie tun konnte: Mit einem raschen Schritt wich sie nicht nur zur Seite, sondern auch in die Schatten zurück, und das Ungeheuer stolperte mit einem überraschten Pfeifen an ihr vorbei und wurde ein Opfer seines eigenen Schwungs, indem es der Länge nach stürzte und eine gute fünf Meter lange Spur der Verheerung in Alicas Penthousedachgarten pflügte.
Pia gönnte sich selbst den kleinen Luxus, eine halbe Sekunde lang einfach dazustehen und den Anblick zu genießen, sah dann aber auch selbst ein, wie närrisch das war, und fuhr auf dem Absatz herum.
Die Lage hatte sich nicht wirklich verbessert. Jesus lag noch immer auf dem Rücken und versuchte die Benommenheitwegzublinzeln, und die beiden Schattenelben hatten es längst aufgegeben, das zweite Ungeheuer mit ihren Lanzen niederstechen zu wollen; sie hatten ganz im Gegenteil ihre liebe Not, am Leben zu bleiben.
Pia konnte es ihnen nicht einmal verübeln, jetzt, da sie das Monster zum ersten Mal wirklich sah.
Es ähnelte tatsächlich ein bisschen einem Strauß, nur dass es gute zweieinhalb Meter groß sein musste, schätzungsweise vierhundert Pfund wog und nur aus Muskeln, Krallen, einem mörderischen Geierschnabel von der Größe eines Schuhkartons und Gestalt gewordener Hässlichkeit bestand. Die Lanzen der beiden schwarz gepanzerten Krieger stachen immer wieder in seinen Leib, den geschuppten Hals und die absurd muskulösen Oberschenkel und rissen schreckliche Wunden in sein Fleisch, aber das schien die Wut des Ungeheuers nur noch
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