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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nach Stunden. Als sie erwachte, schien jedoch bereits wieder die Sonne durch die Plane des Wagens, und ihre Laune war kein bisschen besser als am vergangenen Abend.
    Es machte nicht besonders viel Spaß, mit schlechter Laune aufzuwachen, das war der erste halbwegs klare Gedanke, der hinter ihrer Stirn Gestalt annahm. Der zweite war, dass es auch nicht besonders erbaulich war, schlecht gelaunt einzuschlafen, als die Erinnerungen an den vergangenen Abend zurückkamen.
    Selbstverständlich hatte sie doch noch einmal versucht, mitIxchel zu reden, aber sie war nicht einmal in ihre Nähe gekommen, und schließlich hatte Jesus sie schon fast mit sanfter Gewalt zum anderen Ende des Lagers bugsiert, wo tatsächlich nicht nur ein, sondern gleich drei große Planwagen und ein halbes Dutzend Reiter auf sie warteten. Sonja und ihre Zwillingsschwester waren klug genug, um ihr in den für sie bestimmten Wagen zu helfen und dann aus ihrem Blickfeld zu verschwinden. Später hatte Jesus noch einmal den Kopf zu ihr hereingesteckt, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, sich aber noch schneller wieder zurückgezogen, als sie mit dem Erstbesten nach ihm geworfen hatte, das ihre Hand zu fassen bekam.
    Aber gut: Gestern war gestern und heute war heute, und sie änderte nichts, wenn sie diesen Wagen zu ihrer persönlichen Schmollecke deklarierte und ihn für den Rest des Weges nicht mehr verließ.
    Die Sonne schien nicht nur durch die Zeltplane, sondern stand auch schon eine halbe Handbreit über den Baumwipfeln, als sie die Plane zurückschlug. Grelle Halbmonde aus Licht explodierten auf dem Fluss und ließen sie blinzeln, und sie senkte rasch den Kopf, damit die beiden Reiter, die dem Wagen in geringem Abstand folgten, die Grimasse nicht sahen, die sie vermutlich zog. Wie alle ihre Begleiter waren es Schattenelben, die trotz der jetzt schon fast unerträglichen Temperaturen nicht nur ihre schwarzen Rüstungen trugen, sondern auch die spitzen eisernen Helme, unter denen es jetzt schon so gemütlich wie in einem Backofen sein musste. Sie fragte sich, ob diese Typen wirklich so hart im Nehmen waren oder einfach nur ebenso stolz wie dumm. Sie fragte sich auch, was Ixchel wohl geantwortet hätte, hätte sie ihr jetzt ihre eigene Frage von gestern gestellt: wie viele ihrer Männer zusätzlich sterben mussten, weil sie dieses halbe Dutzend Krieger zu ihrem Schutz abkommandiert hatte.
    Statt sich auch nur über eine dieser beiden Fragen länger den Kopf zu zerbrechen, schlug sie die Plane vollends zurück, sprang von dem gemächlich dahinrollenden Wagen und nutzte ihreneigenen Schwung, um die wenigen Schritte zum Fluss zu laufen und erst stehen zu bleiben, als ihr das eisige Wasser bis zu den Knien reichte. Hinter ihr wurden Stimmen laut, und sie konnte hören, wie der Wagenzug lärmend zum Stehen kam, aber sie sah nicht einmal zurück, sondern ließ sich in die Hocke sinken, schöpfte mit beiden Händen Wasser und genoss einfach das Gefühl, sich den Schweiß der vergangenen Nacht abzuwaschen und vielleicht auch die klebrigen Spinnweben, die die Albträume hinter ihrer Stirn zurückgelassen hatten.
    Erst das Gefühl, beobachtet zu werden, ließ sie in ihrer Morgentoilette innehalten und aufsehen.
    Sie hatte sich nicht getäuscht. Jesus und Alica standen nebeneinander am Ufer und beobachteten sie ganz ungeniert, und auch die beiden Mädchen wuselten irgendwo im Hintergrund herum. Anscheinend hielten sie sie für nachtragender, als sie war. Oder sie selbst hielt sich für weniger nachtragend, als sie war.
    »Muss ich mir irgendwelche Gedanken machen?«, wandte sie sich an Alica.
    »Gedanken?«
    »Ich verbringe die Nacht mutterseelenallein im Wagen, und das Erste, was ich nach dem Aufwachen sehe, sind meine ärgste Konkurrentin und mein Leibwächter Hand in Hand in meinem Rücken.«
    Die beiden standen nicht Hand in Hand da, sondern fast auf Armeslänge voneinander entfernt. Trotzdem machte Jesus einen fast hastigen Schritt zur Seite, während Alica nur spöttisch die Lippen verzog. »Das mit der ärgsten Konkurrentin siehst du falsch, Süße. Ich bin nicht scharf auf deinen Posten. Ich kann und kriege dasselbe wie du, weißt du, und ich muss mich nicht mit der Last der Krone abschleppen ... oder einer uralten Prophezeiung. Und Ter Lion …« Sie legte den Kopf auf die Seite, um Jesus mit einem langen Blick von Kopf bis Fuß zu mustern. »Nichts für ungut, Langer, aber einmal Elben, immer Elben.«
    »Du musst es ja wissen«, sagte

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