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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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legte die rechte Hand mit gespreizten Fingern auf die Brust. »Hier.«
    »Aha«, sagte Pia.
    »Und Ihr seid von allen die Erste, die den Elfenzorn führt.«
    Pia sah ihn verständnislos an, und Landras machte eineGeste auf das Schwert an ihrer Seite. »Viele trugen ein Schwert wie dieses, aber Ihr seid die Erste, die Eiranns Zorn wirklich hat.«
    Pia fragte nicht, woher er das wissen wollte. Wer, wenn nicht sie, wusste, dass dieses Schwert nicht nur eine unendlich kostbare Waffe war, sondern etwas Uraltes und ... ja, vielleicht sogar Lebendiges; wenn auch auf eine Art und Weise lebendig, die ihr mit jedem Moment mehr Angst zu machen begann?
    »Und Ihr habt die Prophezeiung erfüllt«, fügte Landras nach einer Pause hinzu.
    Pia legte fragend den Kopf schräg. »Euer Lieblingswort.«
    Landras lächelte zwar, aber seine Augen blieben ernst. »In den alten Schriften steht, dass sich das Schicksal unseres Volkes nach einer Schlacht in den Bergen entscheiden wird, in der unsere Krieger von Eiranns Zorn selbst angeführt werden.«
    »Es gibt hier noch einen Eirann, wenn ich mich nicht täusche«, sagte Pia. »Und er war ziemlich zornig.«
    »Jeder zehnte unserer Krieger trägt diesen stolzen Namen«, erwiderte Landras. »Doch ich rede hiervon.« Er streckte die Hand aus, zögerte spürbar und führte die Bewegung dann zu Ende, indem er die Finger um den Schwertgriff schloss und Eiranns Zorn aus ihrem Gürtel zog. Pia runzelte die Stirn, machte aber keine Anstalten, ihn daran zu hindern, und Landras nahm das Schwert behutsam in beide Hände, wobei er sorgsam darauf achtete, der mörderisch scharfen Schneide nicht zu nahe zu kommen. Seine Augen leuchteten vor Bewunderung. »Eiranns Schwert«, flüsterte er. »Der Elfenzorn ist zurückgekehrt.«
    »Wieso seid Ihr da so sicher?«, fragte Pia. Sie wusste um die wahre Natur dieses Schwertes, aber wieso war er eigentlich so überzeugt davon?
    Statt direkt zu antworten, lächelte Landras nur weiter, legte das Schwert sehr vorsichtig auf ihre Knie und griff dann nach ihrer linken Hand. Pias Stirnrunzeln wurde noch tiefer, aber sie leistete auch jetzt keinen Widerstand. Obwohl Landras gewissalles war, nur nicht ihr Freund, spürte sie doch, dass er ihr nicht schaden wollte. Jedenfalls nicht in diesem Moment.
    »Seid vorsichtig, Prinzessin«, sagte Landras. »Es ist sehr scharf.«
    »Gut, dass Ihr mich gewarnt habt«, erwiderte Pia mit sanftem Spott. Sie wusste besser als er, wie gefährlich diese Klinge war, scharf genug, um nicht nur ein Haar zu spalten, sondern vermutlich auch ein Molekül. Aber sie wusste auch, dass dieses Schwert ihr niemals Schaden zufügen würde. Wenigstens nicht ihrem Körper.
    »Ihr habt mich gefragt, woher ich weiß, dass dies der echte Elfenzorn ist, Prinzessin«, sagte Landras. Seine Hand hielt ihre Linke dicht über der gläsernen Klinge, gerade dass ihre Finger sie noch nicht berührten. »Erlaubt Ihr mir, es Euch zu zeigen?«
    »Indem Ihr mir die Finger abschneidet?«, scherzte sie. Vielleicht war es auch nicht nur ein Scherz. Unbehagen breitete sich in ihr aus, und da war mit einem Mal eine dünne, aber gehässige Stimme tief in ihr, die ihr die Frage stellte, wozu er sie jetzt eigentlich noch brauchte, nun, wo sie ganz offensichtlich getan hatte, was er und all seine spitzohrigen Brüder von ihr erwartet hatten?
    »Lasst es einfach zu, Prinzessin«, antwortete Landras. Und drückte ihre Fingerspitzen auf die Klinge, ganz sacht nur, aber dennoch so, dass die diamantene Schneide ihre Haut ritzte und ein einzelner dunkelroter Blutstropfen über die durchsichtige Klinge lief.
    Und verschwand.
    Pia sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein und wollte die Hand zurückreißen, aber Landras Griff war mit einem Mal so hart wie Stahl, und er drückte ihre Finger nur noch fester auf die Schwertklinge.
    »Lasst es einfach zu, Prinzessin«, sagte er noch einmal.
    Nicht dass sie auch nur wusste, wovon er sprach, oder die rein körperliche Kraft gehabt hätte, sich loszureißen – aber dannwurden ihre Augen groß, und sie stellte jeglichen Widerstand ein, als sie sah, wie die schimmernde rote Träne verschwand, schnell und so spurlos wie ein Wassertropfen, der sich an den heißesten Ort der Wüste verirrt hatte.
    Eiranns Zorn hatte ihr Blut getrunken.
    »Lasst es einfach zu«, sagte Landras zum dritten Mal. Sie wusste immer noch nicht, was, aber irgendetwas geschah, sowohl mit dem Schwert als auch in ihr, etwas Großes und vielleicht unvorstellbar

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