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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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was sie tat. Ihre Finger schlossen sich ganz von selbst um den Dolchgriff aus schwerem Silber, der sich im ersten Moment ebenso falsch und unangenehm anfühlte, wie es der Ring gerade getan hatte; nur ungleich intensiver. Die Berührung tat ganz eindeutig weh. Dennoch ließ sie die Waffe nicht los, sondern schloss die Hand ganz im Gegenteil nur noch fester um ihren Griff.
    Es war mit diesem Dolch genau wie mit ihrem Wissen um den Sith gerade: Sie wusste einfach, dass der Dolch mit der Diamantklinge ihre einzige, verzweifelte Chance war. Es war nicht irgendein Messer, sondern eine geheiligte Waffe, geschmiedet in den niemals erlöschenden Essen der CaerCadian, nicht so mächtig und verheerend wie Eiranns Fluch, vielleicht nicht einmal annähernd stark genug, um den Sith zu töten oder auch nur ernsthaft zu verletzen … aber möglicherweise reichte ihr Biss doch tief genug, um dem Ungeheuer wehzutun und ihnen die winzige Chance zu verschaffen, die sie brauchten.
    Als sich der Sith zu ihr herabbeugte und seine fürchterlichen Klauen ausstreckte, versuchte sie nicht, ihm auszuweichen, sondern sprang im Gegenteil auf und rammte ihm den Elfendolch bis zum Heft in die Brust.
    Zum allerersten Mal, seit sie den Sith kennengelernt hatte, sah sie so etwas wie ein Gefühl in seinen grundlosen Augen. Überraschung. Überraschung und einen mit Verwirrung gepaartenSchmerz, der nicht körperlicher Natur war. Dieses Wesen war nicht imstande, körperlichen Schmerz zu empfinden. Wenn es jemals gelebt hatte, dann war das so lange her, dass es selbst die Erinnerung daran längst vergessen haben musste.
    Ganz langsam begann der Sith in die Knie zu gehen. Die Klinge des Elfendolchs teilte sein Fleisch dabei so mühelos, als wäre es gar nicht vorhanden, und glitt ohne den geringsten Widerstand wieder aus seinem Körper heraus. Eine Wolke aus fauligem Gestank hüllte Pia ein, als der Sith vor ihr zu Boden sank, und dann hörte sie zum ersten – und letzten – Mal in ihrem Leben die Stimme des Sith, ein mühsames, rasselndes Krächzen, das über den Abgrund der Jahrtausende und einer ganzen Welt hinweg an ihr Ohr drang.
    »Herrin?«, röchelte der Sith.

VI
    W enn es so etwas wie die Steigerung des absoluten Schreckens überhaupt gab, dann war es das, was Pia in diesem Moment empfand. Die böse Verhöhnung von Leben in den Augen des Sith erlosch und machte nichts als vollkommener Schwärze Platz, als würde man einen Blick in ein Universum werfen, das so leer und kalt war, dass nicht einmal mehr Einsamkeit darin existieren konnte, und das groteske Wesen brach weiter zusammen, fiel auf die Knie und schließlich schwer auf den Rücken und regte sich nicht mehr.
    Herrin? Wieso hatte dieses … Ding sie Herrin genannt? Es konnte doch nicht sein, dass …
    Pia gestattete sich nicht, diesen Gedanken auch nur zu Ende zu denken, sondern fuhr mit einer raschen Bewegung zu Jesus herum und trat an sein Bett heran. Ihre Finger berührten den frischen Schnitt in seinem Oberarm und ließen den Blutstrom versiegen. Sie konnte nicht nur spüren, sondern auch in seinen Augen lesen, wie der Schmerz erlosch und einer Mischung aus bodenlosem Erstaunen und sanftem Schrecken Platz machte. Dieses Erschrecken tat weh.
    »Was … hast du gemacht, Pia?«, fragte er. Pia versuchte sich vergebens einzureden, dass das hörbare Stocken in seiner Stimme nur an seiner Schwäche lag.
    »Später!«, sagte sie unwirsch. »Jetzt müssen wir hier weg. Halt still!«
    Wenn ihm dieser Widerspruch in sich auffiel, dann verlor er jedenfalls kein Wort darüber, und im nächsten Augenblick wurden seine Augen groß vor Staunen, als Pia sich konzentrierte und einen weiteren Teil ihrer Kraft in ihn strömen ließ. Es war nicht viel, was sie ihm geben konnte. Sowohl der Ring als auch der Diamantdolch waren Teil der Elfenwelt und ermöglichten ihr den Zugriff auf die Quelle jener unheimlichen Macht, über die sieseit einer Weile gebot, ohne auch nur eine Vorstellung von ihrer wahren Natur zu haben, aber längst nicht in dem Ausmaß, das nötig gewesen wäre, um ihm wirklich zu helfen. Aber es war alles, was sie hatte, und musste reichen.
    Nach einem halben Dutzend schwerer Herzschläge nahm sie die Hand von seinem Arm und trat einen Schritt zurück. »Kannst du aufstehen?«
    Jesus versuchte sich hochzustemmen und schien selbst am meisten erstaunt zu sein, dass es ihm gelang. »Ich … glaube schon.«
    »Dann solltest du das tun«, sagte sie. Jesus richtete sich weiter auf, und die Decke

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