Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfriede im Salon (German Edition)

Elfriede im Salon (German Edition)

Titel: Elfriede im Salon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Milk
Vom Netzwerk:
Geschlechtsakt ein stärkeres Selbstbewusstsein, sodass man in Abänderung dieses berühmten Satzes - zwar nur plakativ - sagen kann “Ich ficke, also bin ich”. Die Allgemeingültigkeit dieses Satzes schien durch die Vorfälle im Salon, durch seine Leere widerlegt. Der Salon war durch den Sex zu einem leeren Universum geworden, indem nur die Bücherwand und die Klaviermusik davon zeugten, dass es in der Welt so etwas wie Geist gegeben haben musste. Das Thema des Abends lag schwer als Hintergrundsrauschen im Salon, dessen Gesetze an den absoluten Nullpunkt geführt hatten. Es gab keine Flexibilität, die es den Philosophen erlaubt hätte, Gesetze umzustoßen. Aus dem Abend eine Vergnügungsveranstaltung zu machen schien ebenso unmöglich, wie neue Themen für den Abend festzulegen. Man hätte über das Wesen der Prostitution diskutieren können, wobei Lulu Auskunft hätte geben können und eine Quelle der Inspiration und Information gewesen wäre. Ebenso schien es unmöglich, gewöhnliche philosophische Themen anzuschneiden, um Lulu nach ihrer Lektion eine Lektion über Philosophie zu geben. Es wäre dennoch sicherlich einfacher gewesen, über den Sinn des Universums zu diskutieren, statt über Sex zu reden. Fand sich nicht die Möglichkeit über allgemeine Themen die Zunge zu lösen, um zum Sexus zu finden? Man darf nicht den Fehler machen, auch erstarrte Philosophen zu unterschätzen. Vielleicht wartete man im leeren Universum auf den philosophischen Urknall, was aber in aller Welt sollte den Urknall auslösen? Von Nichts kommt Nichts ist man versucht zu sagen, aber dieser Satz, der ein gutes Stück gesunden Menschenverstands darstellt, verträgt sich kaum mit Urknallhypothesen. Im Anfang war das Wort und das richtige Wort hätte im Salon den philosophischen Urknall auslösen können. Die Situation war so, wie kein Erzähler sie sich wünschen mag. Nun war Lulu, zwar in Berufskleidung, angezogen, obgleich der Erzähler gewünscht hätte, sie würde in ihrem unverschämt winzigen Höschen am Tisch sitzen, um weiterhin ihre exotischen Brüste betrachten zu können, um auf den kleinen Fetzen, der klar die intimste Stelle markieren und geringfügig bedecken würde. Die Dinge entwickelten sich nicht so, wie man es sich wünscht, ob es nun die Kleiderordnung am Tisch betrifft oder den Fortgang philosophischer Kreativität. Es mag eine Herausforderung sein, eine Niederlage zu beschreiben, aber macht es Spaß die Leere zu beschreiben? Es war durchweg frustrierend, den Niedergang des Geistes zu verfolgen. Wenn doch die Geistlosigkeit in ein primitives, aber dennoch sinnliches Ficken münden würde, ja ohne die arme Elfriede auszuschließen, gäbe es etwas zu betrachten und zu beschreiben, wenn gleich eine hitzige Diskussion, gewürzt mit leidenschaftlichem Sex erbaulicher gewesen wäre. Während der philosophische Salon starb, war es selbst für den Erzähler ein mühseliges Geschäft auf den Urknall zu warten, gleichsam deprimierend und sich an den ansehnlichen Frauengestalten zu erbauen, war ein schwacher Trost, zumal sie sich hatten anziehen müssen. Auf den neuen Urknall zu warten ist ein trauriges Geschäft. Es gibt nicht viel zu sagen und das Warten ist an sich eine heikle Sache, da es vor dem Urknall keine Zeit gibt.
     
    Aber das sterbende Miniuniversum des Salons besaß noch etwas an alter Zeit und die wurde dazu genutzt, auf das Essen zu warten. Als ob das Essen Heil bringen würde. Konnte das Essen der Urknall sein, sodass man sagen könnte: Im Anfang war das Essen. Elfriede gab sich wie immer Mühe bei der Zubereitung. Es gab heute Abend sehr viel Fleisch, für das ein neuseeländisches Lamm hatte dran glauben müssen. An sich war das Essen einfach gehalten, wäre nicht das raffinierte Kartoffelgratin gewesen. Man konnte zwar davon ausgehen, dass die Restzeit dazu genutzt wurde, auf das Essen zu warten, aber wie stand es überhaupt mit dem Appetit im Salon? Dass den Männern eine Kräftigung gut tun würde, war keine Frage, wenn sie denn in gewisser Hinsicht wenigstens wieder aktiv werden wollten. Aber es war nicht ersichtlich, wie es um die allgemeine Fleischeslust der Männer stand. Hatte sich in ihren Köpfen dennoch ein Bewusstsein der Niederlage festgesetzt, würde es mit der Fleischeslust nicht weit her sein. Vielleicht geschah aber doch das Wunder und man konnte sagen: “Im Anfang war das Kartoffelgratin!”                                       

Weitere Kostenlose Bücher