Elfriede im Salon (German Edition)
ist schon ungeheuerlich, dass du neben uns sitzt und das praktisch nackt.” Die Gedanken im Salon verliefen immer wieder in den gleichen Bahnen. “Wie stellst du dir deine Zukunft im philosophischen Salon vor? Du weckst mit deiner Offenheit, mit deiner Freizügigkeit Wünsche, die nie aus unseren Köpfen verschwinden werden. Und im Übrigen: Sex macht vielleicht mehr Spaß als zu philosophieren und zu diskutieren.”
Dazu hätte Lulu aus besonderer Warte etwas sagen können. Sie blieb aber still und fand den Vorschlag von Elfriede nicht so abwegig. Sollte sich doch Elfriede statt ihrer ficken lassen; wozu war diese denn auch fast nackt? Im Übrigen bedeutete Elfriedes Einsatz für sie leicht verdientes Geld.
Elfriede versuchte nun in die Offensive zu gehen, ohne Furcht, dass sie in ihrer Argumentation zu weit gehen könnte. “Herr Unmuth, sie wollen doch nicht leugnen, dass diese Bedürfnisse schon immer da waren. Wozu nehmen sie sich ein junges Dienstmädchen, das sie regelmäßig mit Komplimenten überschütten, wie gut es aussehe. Stehen sie zu ihren Phantasien!” - “Es gibt eine bedeutende Trennungslinie zwischen Phantasie und Wirklichkeit”, warf Professor Hügel dazwischen. “Sie denken zu radikal, sind zu impulsiv. Sie wollen jeder spontanen Lust, jedem spontanem Impuls sofort nachgeben. Selbstverständlich sind sie ein kleiner Lichtblick im philosophischen Salon. Wir freuen uns, sie zu sehen. Das ist die Wirklichkeit und alles andere Phantasie. Sie denken zu radikal, Elfriede!” - “Ich dachte, Philosophen wären in ihrer Denkensweise radikal. Statt dessen versuchen sie eine Lebenslüge zu leben. Es besteht Lust, die sie gar nicht verleugnen können, sie aber verstecken sich hinter ihrer Lüge. Alles bleibt beim Alten. Sie bereiten sich darauf vor, dass ich sie wieder im kleinen Schwarzen bediene, gucken mir auf den Hintern und können dabei ohne Weiteres ihren Tagesgeschäften nachgehen, nämlich über abstrakte Dinge nachzudenken.” - “Du weißt selbst gut genug, dass deine Launen uns in eine schwierige Lage gebracht haben. Wie soll es weitergehen? Ficken ist aufregender als philosophieren, Elfriede. Zu ficken und zu philosophieren wäre großartig. Es gäbe für Sex zwischen uns keine Zukunft. Du bist ein Kindskopf, Elfriede. Ich muss aber eingestehen, wir sind auch welche. Sonst wärst du heute Abend gar nicht hier.”
Die letzte Bemerkung relativierte die Beleidigung, die Robert Unmuth ausgesprochen hatte. Elfriede war erregt, sie atmete schwer, dabei hob und senkte sich ihre Brust deutlich. Sie konnte jetzt noch nicht aufgeben, sah aber, dass sie die Schlacht nicht gewinnen konnte, es sei denn, Geilheit und Sehnsucht der Philosophen würde ihre fragwürdige Moral überwinden.
“Sie ordern eine Nutte, bezahlen sie und haben Sex mit ihr. Sie finden, dass das in Ordnung ist, sehen dies als Ausnahmezustand an, fürchten nicht, dass sich die Situation wiederholt, fürchten nicht, dass sie sich wünschen, dass sich die Situation wiederholt, weil sie ja bezahlen mussten. Um Himmelswillen, dann bezahlen sie mich halt auch! Nein, ich bin ja keine Nutte, auch nicht für einen Abend. Geld und es gibt kein Problem. Spontane Lust ist für sie aber ein Problem. Sie fürchten sich davor, dass sich eine, diese Situation jetzt und hier nicht wiederholt. Selbstverständlich wiederholt sich eine spontane Situation nicht. Sie sind aber so kindisch, sich zu wünschen, sie müsse sich wiederholen.”
“ Ab heute Abend wünscht sich jeder von uns, ein Verhältnis mit dir zu haben” - “Das haben sie sich schon immer gewünscht” - “Das mag sein, aber niemand hätte ernsthaft geglaubt, so etwas könne eintreten” - “Auch jetzt gibt es keine Veranlassung, so etwas zu glauben. Sie sagen doch, ich sei spontan und impulsiv. Welche Veranlassung gibt das einem Philosophen, auf eine Regelmäßigkeit zu hoffen? Schöne Dinge müssen für sie zur Regelmäßigkeit verkommen.”
Elfriede gab das Diskutieren auf und begann wieder alleine zum Tango zu tanzen. Sollten doch die alten Herrschaften auf ihren Arsch starren, auf ihre Titten, um sich später alleine in ihren Betten, sich erinnernd, einen runterzuholen. Ein bisschen Unmut war in ihr aufgekommen, der die Lust, Lulu zu ersetzen, vertrieben hatte. Selbstverständlich fühlte sie, dass sie ihre alten Herrschaften überforderte. In Bezug auf sie waren die Philosophen nicht in der Lage, den Abend als eine einmalige Ausnahme, als großartiges Geschenk
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