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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Lichtstrahlen: Das waren die Feuerwerkskörper, die in Nachbardörfern abgeschossen wurden oder auch von einem Einzelkämpfer aus Corvesco, der den ersten August für sich allein feierte und seine Raketen auf der Wiese vor seinem Haus in die Luft jagte.
    Natalia ließ den Blick über Berge ringsum schweifen, auf denen die Lichter der Dörfer wie hingestreute Diamanten funkelten. In fast allen Siedlungen flackerte ein Feuer. Sie dachte an ihre Mutter, die allein zu Hause über ihren Papieren saß und über irgendeiner irgendwann von irgendwem auf einen Briefumschlag gekritzelten Bemerkung oder Telefonnummer brütete. Es war ihr ein Rätsel, wie man sich so verhalten konnte. Auch sie, Natalia, war am Boden zerstört, aber sie versuchte wenigstens, ein normales Leben zu führen: Sie ging sich das Feuer ansehen, sie unterhielt sich mit Signora Gervasio.
    Also das geht so nicht, dachte Natalia.
    Ich bin doch nur in Corvesco, weil sie es so wollte. Und jetzt hockt sie zu Hause und verfolgt irgendwelche mysteriösen Spuren und verabredet sich mit obskuren Leuten. So geht das nicht. Heute Abend wird sie mir den Gefallen tun und machen, was ich will. Natalia kramte in der Handtasche nach ihrem Telefon und musste feststellen, dass der Akku leer war. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als heimzugehen, um ihn wieder aufzuladen, vor allem aber um ihrer Mutter Beine zu machen. Sie kehrte dem Feuer den Rücken und lief quer über die Wiese. Ringsum explodierten Knallfrösche und Kanonenschläge, und in dem Lärm ging das Zischen der Feuertöpfe völlig unter. Von allen Hügeln rasten pfeifende, fauchende Raketen in den Himmel.
    »Hören Sie, das geht Sie doch alles überhaupt nichts an, Frau Doktor.«
    »Das sehe ich allerdings anders. Was mein Mann mir hier hinterlassen hat …«
    »Mit Ihrem Mann war ich mir längst einig.«
    »Ach ja? Und weshalb liegen mir hier dann völlig widersprüchliche Gesundheitszeugnisse für eine gewisse Viktoria Valinski vor? Da, schauen Sie her – zuerst heißt es, sie sei vollständig gesund, dann ist sie auf einmal arbeitsunfähig, dann wieder ist sie geeignet für Nachtarbeit, ohne dass sie zwischendurch irgendwie ärztlich behandelt worden wäre. Jetzt sagen Sie mir …«
    »Bitte, Frau Doktor! Ich …«
    »Und wieso nennen Sie mich Frau Doktor?«
    Luciano Savi begann sich zu verfärben.
    »Schauen Sie, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.«
    »Mir reicht es, wenn Sie mir erklären, was es damit auf sich hat, mehr verlange ich nicht. Deshalb habe ich Sie um ein Gespräch gebeten. Ich will Ihnen keinen Ärger machen. Aber ich will wissen, was dahintersteckt. Mein Mann hat sich nicht aus Jux und Tollerei diese Mühe gemacht.«
    Zur Nervenberuhigung zog Savi ein Päckchen Camel aus seiner Hosentasche und hielt es ihr mit fragendem Blick hin.
    Sonia drehte sich um und holte einen Kristallaschenbecher, den sie auf den Schreibtisch stellte.
    »Also?«
    »Moment.« Savi schüttelte den Kopf. »Das besprechen wir in aller Ruhe.«
    »Ich bin ruhig. Verstehen Sie, ich hätte dieses Material hier auch zu meinem Anwalt oder zur Polizei bringen können, ich hätte …«
    »Ruhe, sag ich!«
    »In welchem Ton reden Sie denn mit mir! Wenn Sie keine Erklärung für mich haben, dann …«
    »Geben Sie jetzt Ruhe oder nicht? Lassen Sie mich nachdenken!«
    Savi stieß nervös den Rauch aus und starrte sie mit finsterer Miene an. Sie saßen einander am Schreibtisch gegenüber, zwischen ihnen lag Enzos Dokumentation ausgebreitet.
    »Gut.« Sonia stand abrupt auf. »Offensichtlich haben wir einander nichts mehr zu sagen.«
    Savi spannte die Kaumuskeln an. Eine dumpfe Wut hatte ihn ergriffen. Er verstand nicht, weshalb diese Frau aus heiterem Himmel über ihn herfiel, geschweige denn, weshalb der Angriff ihm allein galt. Was hatte er denn mit der ganzen Sache zu tun, er stellte die Tänzerinnen schließlich nur ein und verlangte dafür lediglich, dass sie sich zur Verfügung hielten. Und selbstverständlich suchte er Scherereien mit der Bürokratie tunlichst zu vermeiden. Er war doch niemand, der Frauen misshandelte, im Gegenteil, er ertrug die Situation. Und er blechte.
    »Was haben Sie vor?«, fragte er. »Was fangen Sie an mit dem Zeug hier?«
    »Ich bringe es zu jemandem, der …«
    »Das werden Sie nicht tun!«, knurrte Savi drohend.
    In dem Moment läutete es an der Tür.
    »Das wird meine Tochter sein«, sagte Sonia. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen.«
    Über den Schreibtisch gebeugt, sammelte sie die

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